Die verlorene Heimat wird wiederentdeckt

- Fritz Bertlwieser am Schwemmkanal in Morau (Gemeinde St. Oswald). Dort ist eine imposante Steilstufe.
- hochgeladen von Karin Bayr
Wie seine Westentasche kennt Fritz Bertlwieser die früheren Orte der Pfarre Deutsch-Reichenau. Eine Spurensuche.
BEZIRK. Das Gedenken an 70 Jahre Kriegsende und die 1946 erfolgte Vertreibung aus dem Böhmerwald nahm der Heimatverein zum Anlass für eine Exkursion. Schauplätze waren die Orte des Geschehens in Tschechien damals. 16 Dörfer der Pfarre Deutsch-Reichenau wurden in den 50er Jahren von tschechischen Sprengkommandos dem Erdboden gleichgemacht.
Natur holt sich alles zurück
70 Jahre später ist kaum mehr etwas zu sehen, das Gebiet verwaldet zusehends. Obstbäume oder Hollerbüsche inmitten von Brennnesseln erinnern daran, dass dort früher Häuser standen und Menschen gelebt haben. Fritz Bertlwieser, Autor zahlreicher Bücher zum Thema Grenzlandpfarre Deutsch-Reichenau, ist von der Geschichte persönlich betroffen. Seine Mutter wurde als Kind aus ihrer Heimat dort vertrieben. Seit vielen Jahren erforscht er das Gebiet. Er hat die ehemaligen Standorte der Häuser genau kartiert. Bertlwieser führte die Teilnehmer der Exkursion von Morau (Gemeinde St. Oswald) – mit Blick auf das ehemalige Asang – über die geschleiften Dörfer Rosenau, Reiterschlag und Berneck nach Reichenau. Auf dem Schuttkegel der gesprengten Reichenauer Kirche erzählte er die Geschichte der Vertreibung und die persönlichen Schicksale, die damit verbunden waren. Anhand von alten Bildern zeigt er bei der Wanderung, wie die Region früher einmal ausgesehen hat.
Bilder erzählen von früher
Ein Bild zeigt die Heimatvertriebenen, wie sie ohnmächtig von österreichischer Seite aus zuschauen müssen, wie ihre Häuser zerstört werden. Gänsehaut-Feeling, Betroffenheit, Unverständnis und Wut machen sich bei den Exkursionsteilnehmern breit. Die Frage nach dem Warum taucht auf. In Gesprächen während der Fahrt wird klar, dass Menschen aus der Geschichte wenig zu lernen scheinen, wie man am Beispiel Syrien sieht. Fritz Bertlwieser leistet mit seinen Führungen einen wichtigen Beitrag dazu, dass Geschichte ein Mahnmal bleibt und die verlorene Böhmerwaldheimat wiederentdeckt wird.
Zur Sache:
Am Sonntag, 28. Juni, wandert Fritz Bertlwieser mit Mitgliedern des Katholischen Bildungswerkes St. Peter zu den verschwundenen Dörfern im Böhmerwald. Treffpunkt ist um 11 Uhr beim Gemeindeamt St. Oswald.
Wegstrecke: 13 Kilometer.
Interessierte sind herzlich eingeladen, mitzuwandern.
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