Geschichte des Konzentrationslagers Ebensee
Die dunkelsten Stunden des Salzkammerguts

Französische Überlebende nach der Befreiung (7. Mai 1945) | Foto: NA Washington/Kopien im Archiv der KZ-Gedenkstätte Ebensee
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  • Französische Überlebende nach der Befreiung (7. Mai 1945)
  • Foto: NA Washington/Kopien im Archiv der KZ-Gedenkstätte Ebensee
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EBENSEE, SALZKAMMERGUT. Die Errichtung des Konzentrationslagers Ebensee begann am 18. November 1943 mit der Überstellung von 63 KZ-Häftlingen aus dem Mauthausen-Außenlager Redl-Zipf nach Ebensee. Inmitten des oberösterreichischen Salzkammergutes sollte ein riesiges unterirdisches Rüstungsprojekt verwirklicht werden, das die Verlegung des Raketenforschungszentrums Peenemünde in Norddeutschland in bombensichere Stollenanlagen vorsah. „Aufgrund des akuten Arbeitskräftemangels sollten diese durch den massenhaften Einsatz von KZ-Häftlingen erbaut werden. Das unter dem Decknamen ‚Zement‘ geführte Außenlager Ebensee ist ein Beispiel für die kriegswirtschaftlich bedingte Weiterentwicklung des KZ-Systems durch die SS“, erzählt Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichte Museums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee. Ab dem Sommer 1942 entstand im Deutschen Reich ein großes Netz an Außenlagern, in denen KZ-Insassen als Arbeitskraft eine besondere wirtschaftliche Bedeutung hatten.

Raketenaufrüstung und das „Projekt Zement“

Die V1 und V2-Rakete sollte als „Wunderwaffe“ in der letzten Kriegsphase dienen, um den Krieg doch noch zu gewinnen. Ein Mythos, den die Kriegspropaganda verbreitete. Die NS-Führung wollte mit allen Mitteln die Entwicklung der „Wunderwaffe“ erreichen und verlegte das Rüstungsprojekt in unterirdische Anlagen. Neben der Produktionsstätte in Deutschland sollte getrennt davon eine Forschungsanlage entstehen. „Da keine geeigneten bestehenden Stollen ausfindig gemacht werden konnten, entschied man sich für einen Stollenneubau in Ebensee. Die Rakete hätte in der – Ende 1943 lediglich in Plänen existierenden – unterirdischen Fabrik unter der wissenschaftlichen Leitung von Wernher von Braun entwickelt werden sollen“, erklärt der Leiter der KZ-Gedenkstätte Ebensee.

Das Konzentrationslager

Vor diesem kriegswirtschaftlichen Hintergrund entstand am 18. November 1943 das KZ Ebensee. Zu Beginn waren ca. 500 Lagerinsassen in einem provisorisch eingerichteten Lager in der Weberei von Ebensee untergebracht. Neben den Vorbereitungsarbeiten für den Stollenbau mussten sie täglich den Aufbau des Konzentrationslagers voranbringen, in das die Häftlinge Ende Jänner 1944 verlegt wurden. Das Lager wurde ständig vergrößert und die Zahl der Häftlinge stieg durch Transporte aus dem Hauptlager Mauthausen an. Nach dem vollen Ausbau umfasste das Lager neben 32 Unterkunftsbaracken mehrere Wirtschaftsgebäude, die im Halbkreis um den Appellplatz angelegt wurden, an dem die Inhaftierten mehrmals täglich zum Appell antreten mussten. Anfänglich wurden im Stammlager Mauthausen nur Häftlinge in guter körperlicher Verfassung und in der Regel im Alter von 20-40 Jahren für die Überstellung nach Ebensee ausgesucht. Die Überlebensbedingungen waren abhängig von der Zuteilung in Arbeitskommandos, diverse Baufirmen leiteten die Arbeiten auf der Stollenbaustelle. Die SS „verlieh“ an diese die Häftlinge und erhielt dafür ein Entgelt. Insbesondere Juden und slawische Häftlinge waren in einer besonders schlechten Situation. Die SS–Lagerführung wechselte in Ebensee mehrmals. Insgesamt standen dem Lager vier Lagerkommandanten vor. Auf Georg Bachmeier und Anton Bentele folgte Otto Riemer, der besonders zu erwähnen ist. Im Mai 1944 erschoss er in alkoholisiertem Zustand mindestens acht Häftlinge eines Arbeitskommandos. Als Firmen, die Häftlinge beschäftigt hatten, den Vorfall nach Mauthausen meldeten, wurde Riemer degradiert. Sein Nachfolger, Anton Ganz, blieb bis zur Befreiung des Lagers Kommandant.

Die dramatische Spätphase des Lagers

Im Frühjahr 1944 begann der Bau eines Krematoriums, das am 31. Juli 1944 erstmals in Betrieb genommen wurde. Das ursprünglich für 6.000-7.000 Inhaftierte geplante Lager überfüllte sich ab Jänner 1945 fortlaufend durch Evakuierungstransporte aus Konzentrations- und Vernichtungslagern im Osten. Am 28. Januar 1945 gelangten 1.999 Häftlinge aus Auschwitz nach Ebensee, am 3. März 1945 trafen 2.059 jüdische Häftlinge aus Wolfsberg ein. Die Lagerleitung verweigerte den Juden trotz Schneefalls und Kälte fast zwei Tage lang der Einlass in die schützenden Baracken. Hunderte kamen dabei ums Leben. Der Zustrom evakuierter Häftlinge setzte sich mit der Auflösung der Außenlager Wels, Melk, Amstetten, Leibnitz und St. Valentin fort. Mit 18.500 Häftlingen erreichte das Lager zu diesem Zeitpunkt seinen Höchststand. In der letzten Phase glich Ebensee in weiten Teilen einem Hunger- und Sterbelager. Die Sterberate stieg dramatisch an. Allein im April 1945 kamen rund 4.500 Menschen ums Leben. Die Kapazität des Verbrennungsofens reichte nicht mehr aus, so dass sich Leichenberge zu stapeln begannen und kurz vor der Befreiung des Lagers heimlich zwei Massengräber angelegt wurden, in denen 2.167 Tote begraben wurden. Zwischen 1943 und 1945 wurden insgesamt ca. 27.000 männliche Häftlinge aus mehr als 20 europäischen Ländern nach Ebensee deportiert. Etwa 8.500 Menschen kamen hier infolge des Arbeitseinsatzes, durch Entkräftung und Hunger, aufgrund von Seuchen und Krankheiten oder durch Gräuelakte ums Leben. Rund ein Drittel der Häftlinge war jüdischer Herkunft, außerdem waren auch Zeugen Jehovas, Roma und Homosexuelle unter den Opfern des KZ Ebensee. Die Mehrheit der Insassen bildete jedoch die Gruppe der sogenannten politischen Häftlinge. Die Gründung von Überlebendenverbänden, jährliche Erinnerungsrituale und die mündlichen und schriftlichen Zeugnisse der Häftlinge tragen dazu bei, dass die Geschehnisse im KZ Ebensee niemals vergessen werden.

Zeitgeschichte Museum und KZ-Gedenkstätte Ebensee

Das Zeitgeschichte Museum Ebensee erinnert an die politische Geschichte des Salzkammergutes zwischen 1918 und 1955. Die Geschichte des Lagers Ebensee ist heute nur mehr anhand weniger Spuren gegenwärtig, da die Gemeinde 1949 einen raschen Abriss des KZ-Geländes und eine Überbauung betrieb. Bauliche Reste und Wegweiser führen zur KZ-Gedenkstätte, am südlichen Ende des ehemaligen Lagers, das heute zur Gänze mit einer Wohnsiedlung bedeckt ist, befindet sich der KZ-Friedhof, der seit 1948 einen internationalen Gendenkort darstellt, und jährlich von 10.000 Personen besucht wird. Nähere Informationen zur Gedenkstätte und zum Museum finden Sie unter memorial-ebensee.at.

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