Wegen Amtsmissbrauch
Bürgermeister nicht rechtskräftig verurteilt

- Bedingte Haft für Bürgermeister. Nicht rechtskräftig.
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Der 59-Jährige ist seit zehn Jahren Bürgermeister in seiner Gemeinde. Zum Vorwurf des Amtsmissbrauchs im Zuge einer Baugenehmigung und eines darauffolgenden Abrissbescheides bekannte er sich am Kremser Landesgericht vor einem Schöffensenat nicht schuldig.
WALDVIERTEL. Die Staatsanwaltschaft warf dem bisher unbescholtenen Ortschef vor, seine Befugnisse in einem Bauverfahren mit dem Vorsatz, einen Bürger der Gemeinde wissentlich zu schädigen, missbraucht zu haben. Er habe dem Bausachverständigen zu einer Bauverhandlung im August 2023 wahrheitswidrig und wider besseres Wissen mitgeteilt, dass für das Vorhaben des Gemeindebürgers eine Einfriedung zu errichten, keine Baubewilligung erteilt wurde.
Keine Kenntnis
In den Berufungsvorentscheidungen im September 2023 soll der Beschuldigte die von ihm im August 2020 erteilte Baubewilligung aufgehoben und einen Baustopp- und Abrissbescheid verfügt haben. Wahrheitswidrig soll er dabei ausgeführt haben, zum Zeitpunkt der Erlassung keine Kenntnis von der 2020 erteilten Baubewilligung gehabt zu haben.
Prominenter Beistand
Die Anwälte des Angeklagten, Heinrich Nagl und Wolfgang Brandstetter, plädierten auf nicht schuldig. Es sei kein objektiver Tatbestand gegeben.

- Anwalt Heinrich Nagl.
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Die Vorgeschichte: Im Juni 2015 hatte der Gemeinderat eine Bauanzeige eingereicht, um auf seinen Parzellen rasch mit dem Bau einer Anlage beginnen zu können. Der Bürgermeister wies die Eingabe zurück. Dies bekämpfte der Gemeinderat erfolglos. Im Juni 2020 reichte der Abgewiesene ein Bauansuchen betreffend Umbau einer Garage in Fremdenzimmer, der Errichtung von drei Pferdeboxen und einer Steinschlichtung mit Geländeanschüttung ein. Im August 2020 wurde dafür eine Baugenehmigung mit dem Hinweis erteilt, dass auf Grund der Niveauveränderung der künftige Geländesprung durch eine Steinschlichtung überwunden wird.

- Komplexe Causa für Schöffensenat.
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Im April 2022 zeigte der Bauherr der Gemeinde den Baubeginn an und begann mit den Bauarbeiten. Im Sommer 2023 war die Geländeverschüttung durchgeführt und eine Mauer teilweise errichtet. Bei einer angeblich auf Grund einer anonymen Anzeige beim Bürgermeister baupolizeilichen Überprüfung im August 2023 gemeinsam mit einem Bausachverständigen wurde festgestellt, dass Schalsteinmauern statt der Steinschlichtung errichtet worden waren und diese bewilligungspflichtig seien.
Abbruchbescheid
Am 30. August 2023 erließ der Angeklagte einen Abbruchbescheid zur, ohne baubehördliche Genehmigung, errichteten Einfriedung und am selben Tag einen Baustoppbescheid.
Der Gemeindebürger brachte über seinen Anwalt Berufungen gegen die Bescheide ein und brachte vor, dass mit Bescheid vom 20. August 2020 vom Bürgermeister eine Bewilligung für die in Rede stehende Steinschlichtung erteilt worden sei. Darüber hinaus habe nie ein Gespräch mit ihm stattgefunden und sein Recht auf Gehör im Verfahren sei verletzt worden.
Aufgehoben
Mit Berufungsvorentscheid vom 26. September 2023 hob der Beschuldigte sowohl den Baustopp- als auch den Abrissbescheid vom August 2023 wieder auf. Im vorliegenden Fall wurde die Errichtung einer Steinschlichtung mit Geländeanschüttung genehmigt. Zwar weicht die errichtete Schalsteinmauer von der bewilligten Steinschlichtung ab, dies wurde aber erst nach Erlass der Abriss- und Baustoppbescheide thematisiert und ändert nichts an der Tatsache, dass der Beschuldigte in den Berufungsvorentscheidungen bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt hatte. Wäre er der Ansicht gewesen, dass lediglich ein Baumangel vorliege, hätte er eine andere Vorgehensweise zur Herstellung des bewilligten Zustandes wählen müssen, so der Anwalt des Gemeindebürgers.
Die auf Grund des komplizierten Sachverhaltes längere Beratung des Schöffensenates führte schließlich zu einem nicht rechtskräftigen Urteil von 12 Monaten bedingter Haft für den Bürgermeister.
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