Regelsbrunn ist Nadelöhr im Alpen-Karpaten-Korridor

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HAINBURG AN DER DONAU (bm). Der Nationalpark Donau-Auen lud vergangene Woche zum Nationalpark-Forum 2014. Der hochkarätig besetzte Abend mit Vorträgen und anschließender Podiumsdiskussion widmete sich ganz dem Thema "Wird die Natur in der Nationalpark-Region immer weniger?"

Grüner Puffer oder "Central Park"

Carl Manzano, Direktor des Nationalpark Donau-Auen eröffnete die Vortragsreihe und warf gleich zu Beginn eine Frage auf: "Ist der Nationalpark ein grüner Puffer zwischen Wien und Bratislava oder ein 'Central Park' zwischen zwei europäischen Hauptstädten?" Der Nationalpark ist gesetzlich verpflichtet einmal jährlich ein Forum abzuhalten, das in erster Linie der Bürgerinformation dient. Nicht nur der Nationalpark selbst, sondern auch die Natur ringsum genießt besonderen Schutz, zumal sich Wildtiere nicht an Grenzen halten. "Wir besitzen hochwertige und schützenswerte Naturschätze rund um die Donau-Auen. Auf unserer Seite die March-Auen und die Hainburger Berge mit ihren Trockenrasen-Projekten, und auf slowakischer Seite die Augebiete rund um Theben und die Burg Devin."

Die am stärksten wachsende Region Österreichs

All diese Gebiete erfahren seit dem Fall des "Eisernen Vorhangs" vor 25 Jahren einen massiven Bevölkerungszuwachs, wie Michaela Hnidek aus der Leaderregion Marchfeld und Bernhard Fischer aus der Leaderregion Römerland-Carnuntum berichten. "Seit 2007 sind 23 Marchfeld-Gemeinden mit rund 60.000 Bewohnern in der Leaderregion zusammengefasst. In den letzten zehn Jahren verzeichnete die Region einen Zuwachs von 15 Prozent. Vorsichtigen Prognosen zufolge rechnen wir bis zum Jahr 2030 mit einem weiteren Bevölkerungszuwachs von bis zu 75.000 Einwohnern", so Hnidek über die Marchfeld-Region.
Bernhard Fischer kann ähnliches über den Bezirk Bruck an der Leitha berichten: "Die Leaderregion Römerland-Carnuntum fasst 26 Gemeinden mit 74.250 Einwohnern auf 577Quadratkilometern zusammen. Trotzdem es eine negative Geburtenbilanz gibt, ist die Wanderungsbilanz erfreulich. Im Bereich Haslau an der Donau siedeln sich viele Familien an, die Wien den Rücken gekehrt haben, Hainburg bis Wolfsthal ist interessant für Slowakische Bürger, die ihrer Heimat dennoch nahe bleiben wollen. Wir verzeichnen bis zu 33 Prozent Wachstum in den Gemeinden!"

Naturschutz in den Tourismus implantieren

Fischer sieht in einem Sieben-Jahres-Entwicklungsplan die Implantierung des Naturschutzes in den Tourismus vor: "Durch sanften Tourismus machen wir auf die Schönheiten und Besonderheiten unserer Natur aufmerksam und stärken so das Bewusstsein für den Naturschutz. Dazu gehören neben dem Nationalpark Donau-Auen auch der 'Natura 2000 Lehrpfad' in Mannswörth, der 'Bienenfresser-Themenweg' in Haslau-Maria Ellend sowie der Erlebnisweg 'Mannersdorfer Wüste'. Mit 380 Kilometern Radwegen und 280 Kilometern Wanderwegen haben wir ein gut ausgebautes Natz an Wegen die auf die Schönheiten der Natur aufmerksam machen."

Trends in der Regionalentwicklung

Gregori Stanzer vom Österreichischen Institut für Raumplanung wirft einen Blick aus der Vogelperspektive auf die Region und gleichzeitig einen Blick in die Zukunftsperspektiven: "Die Distanz zwischen Wien und Bratislava, zwei europäische Hauptstädte beträgt mit dem Auto knapp sechzig Minuten. Mit dem 'Twin City Liner' der die beiden Städte am Wasserweg auf der Donau verbindet beträgt die Fahrtzeit ebenfalls knapp sechzig Minuten. Zwischen den beiden Städten befindet sich ein grünes Band, das es zu erhalten gilt."

Staubtrocken bis ganz nass

Landschaftsplaner und Architekt Thomas Zuna-Kratky weiß von den verborgenen Reichtümern der beiden Regionen Marchfeld und Carnuntum: "Wir haben hier Lebensräume von trocken bis ganz nass. Die Artenvielfalt ist gigantisch. Auch außerhalb der Donau-Auen sind zahlreiche seltene Vogelarten beheimatet oder zumindest teilweise Gäste über ein paar Monate im Jahr. Die Storchenpopulation in Marchegg ist weit über die Grenzen des Marchfelds hinweg bekannt. Der Rotmilan, der seltenste Vogel Österreichs hat die Region zum Winterquartier auserkoren, ganze 140 Exemplare hat man gezählt."
Aber nicht nur Vögel, auch Amphibien und Insekten sind in der Region einztigartig, wie Zuna-Kratky zu berichten weiß: "Im östlichen Weinviertel und dessen Überschwemmungsgebieten ist die Rotbauchunke beheimatet, in den Trockenlandschaften wiederum Österreichs größtes Insekt, die 'Große Sägeschrecke'."
Durch den rasanten Bevölkerungszuwachs stehen die beiden Regionen vor mehreren Herausforderungen. Einerseits muss die Infrastruktur ausgeweitet werden, andererseits aber muss auf die Artenvielfalt Rücksicht genommen werden. Durch gut durchdachte Projekte lassen sich diese Vorgaben aber gut miteinander vereinbaren: "Durch traditionelle Grünlandbewirtschaftung mit Mahd und Beweidung ist die Artenvielfalt gesichert, der großzügige Gewässerrückbau wirkt sich ebenfalls positiv aus. Nicht zuletzt befinden wir uns mitten im Alpen-Karpaten-Korridor", so Thomas Zuna-Kratky.

Alpen-Karpaten-Korridor

Franz Deininger, Landwirt und Landschaftsökologe in Regelsbrunn, erklärt anhand von Grafiken die Bedeutung des "Alpen-Karpaten-Korridors", der bei Regelsbrunn in ein Nadelöhr mündet. "Wildtiere brauchen Korridore um von A nach B zu gelangen. Dass Wildtiere wandern, sei es aus Gründen der Futter- oder Partnersuche, saisonal bedingt oder um zu anderen Artgenossen zu gelangen steht außer Frage. Unsere Aufgabe ist es, den Tieren diese Möglichkeiten nicht zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sie das gefahrlos bewältigen können."
Um den Genpool der Wildtiere und somit ihr Überleben und die Art zu sichern ist es von größter Bedeutung, die einzelnen Habitate, die bereits starkt fragmentiert wurden miteinander zu vernetzen. "Denn nur Tiere im besten und fortpflanzungsfähigen Alter, die ihre Gene weitergeben wollen, nutzen einen Wildtierkorridor", berichtet Deininger und richtet gleichzeitig einen Appell an die Zuhörer: "Das vorhandene ehemalige Niemandsland, das einst den Eisernen Vorhang darstellte, gilt es besonders zu schützen, denn genau dort verläuft der Alpen-Karpaten-Korridor. Wir haben größte Verantwortung den nachfolgenden Generationen gegenüber!"
Der Artenreichtum in der Region ist unvergleichlich, Deininger zählt unter anderem den Uhu auf, der sich in Hundsheim angesiedelt hat, Luchs, Braunbär, Wolf, Elch, Goldschakal, die Wildkatze im Thayatal, sowie unzählige Vogelarten, darunter die Großtrappe, der größte flugfähige Vogel. "Tiere ziehen bei Nacht, leise bis lautlos. Sie haben keine Stimme, keine Lobby, das müssen wir Menschen für sie übernehmen", schließt Deininger.

Konfrontation als Aufgabe

Hainburgs Umweltstadträtin Elisabeth Staffenberger sieht sich als streitbare Kämpferin für die Natur und macht sich die Konfrontation zur Aufgabe. "Am Beispiel Bürgerinitiative Pfaffenberg habe ich erste Erfahrungen in diesem Amt gesammelt. Es stimmt, die Umweltqualität erleidet Einschränkungen, aber die Stadtgemeinde Hainburg an der Donau arbeitet daran!"
Für Staffenberger genießt nachhaltiger Umweltschutz und Bewusstseinsbildung schon bei den Kleinsten oberste Priorität, sie erzählt stolz: "Mit der Neuen Mittelschule haben wir die Aktion 'Schule trifft Nationalpark' gestartet. Das ist bereits das zweite Jahr indem diese Aktion läuft, 75 Kinder sind am Schlossberg und Braunsberg mit Fachleuten unterwegs und rechen und schneiden was das Zeug hält. Wichtig ist vor allem, dass nicht heimische Pflanzen, die unsere verdrängen, so gut es geht in Schach zu halten. Ich bin stolz auf die Hainburger Kinder!"

Windräder sind der Fledermäuse Tod

Franz Deininger berichtet allerdings auch von einem Problem: dem "Fledermaus-Tod Windrad". "Fledermäuse sehen Windräder nicht als Gefahr sondern als Riesenbaum, der dann zum Jagdgebiet erkoren wird. Es sind allerdings nicht die Rotorblätter, die den sicheren Tod für die nächtlichen Jäger bedeuten, sondern der Unterdruck, der hinter dem Windrad erzeugt wird. "Gerät die Fledermaus in den Sog hinter einem Windrad ist sie unweigerlich verloren. Durch den dort herrschenden Unterdruck platzt die Lunge und das Tier stürzt tot zu Boden!" Deininger sieht die Technologie der Windräder noch nicht abgeschlossen: "Das ist eine junge Technologie die sich kontinuierlich weiter entwickelt, aber das braucht seine Zeit."

Schmerzen beim Heidentor und Korruptions-Staatsanwalt

Carl Manzano, Nationalpark Direktor meldet sich zur anschließenden Podiumsdiskussion nocheinmal zu Wort und zeigt ein massives Problem auf: "Wir haben zu wenig Konsequenz und Härte bei den Abständen der Windräder zum Nationalpark aufgebracht. Wir sind zu spät dran, das noch zu ändern. Als die Römer das Gebiet besiedelten hatten sie gute Gründe das zu tun. Der pannonische Lebensraum mit seiner Kirschblüte im Frühling musste schon im Altertum gefallen haben!" Und dennoch verspürt Manzano "Schmerzen, wenn ich beim Heidentor stehe und die Windräder sehe! Abschließend nur ein Satz: Jede Gemeinde hat über die Flächenwidmung die Entscheidung ob sie einem Windrad zustimmt, oder nicht!"
Der Einwurf vom ebenfalls anwesenden Paul Pagacs, Gemeinderat der "Liste Hainburg" ließ den Abend eher düster ausklingen: "Wie die Korruptions-Staatsanwaltschaft in Wien jetzt festgestellt hat, gibt es die meisten Anzeigen nicht in der hohen Politik oder der Bankgeschäfte, sondern bei den Flächenwidmungen!"

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