Kamp-Kraftwerksneubau: NGOs fordern „Flüsse-Gipfel“

2Bilder

ROSENBURG. Fast auf den Tag genau 21 Jahre nach dem Beginn der Besetzung der Hainburger Au verkündete die EVN kürzlich, das alte Kraftwerk Rosenburg im Europaschutzgebiet Kamptal abreißen und durch eine größere Anlage ersetzen zu wollen. Alle großen Naturschutzorganisationen lehnen einen Kraftwerksausbau an diesem Standort ab und haben ausführliche Einwände eingebracht. Die EVN hat ihre Bedenken jedoch ignoriert und will eine bereits im Juni favorisierte Ausbau-Variante unverändert zur Genehmigung durch ihren Mehrheitseigentümer, das Land NÖ, einreichen. „Das Kraftwerk Rosenburg ist ein Affront gegen den Naturschutz und die Bürgerbeteiligung! Energetisch und für den Klimaschutz spielt es keine Rolle, aber es vernichtet kilometerweise Flussnatur“, so die Vertreter von WWF, Naturschutzbund und Riverwatch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien.

Die NGOs fordern nun vom EVN-Eigentümer-Vertreter Landeshauptmann Erwin Pröll und Umweltlandesrat Stephan Pernkopf einen „Flüsse-Gipfel“, um weitere Konflikte zu vermeiden und intelligente Lösungen zu finden. Statt unsinnige Kraftwerke in Schutzgebiete zu bauen, solle das Land lieber auf nachhaltigen Naturtourismus setzen. Die intakte Natur des Kamptals als Erlebnis- und Erholungsraum sei schließlich ein unersetzliches Kapital für die Region, so die Naturschutzorganisationen.

Minimaler Stromgewinn – großer Verlust für den Kamp
Die EVN will das alte Lauf-Kraftwerk am wildromantischen Umlaufberg durch eine größere Anlage ersetzen: Der bestehende Damm soll auf 6,5 Meter erhöht und die natürliche Flusssohle entlang von 1,2 Kilometern um 1,5 Meter vertieft werden. Der Stauraum würde sich dadurch auf insgesamt einen Kilometer verlängern und einen ökologisch wertvollen, äußerst idyllischen Talabschnitt mit Wildnis-Charakter in einen öden See verwandeln.

Der Waldviertler Autor und Fotograf Werner Gamerith war Teil des Bürgerwiderstands, der 1983 ein Großkraftwerk an derselben Stelle verhindern konnte. Für ihn steht die Glaubwürdigkeit der NÖ Landespolitik in Energie- und Umweltfragen nun erneut auf dem Prüfstand. „Für eine lächerlich geringe Energieausbeute soll in Zeiten eines Stromüberangebotes einer der wenigen verbliebenen wertvollen Abschnitte des Flusstales dauerhaft geschädigt werden? Der Kamp ist bereits jetzt durch die bestehende Kraftwerkskette bis in den Unterlauf belastet. Der Hausverstand sagt einem, dass Stauen und Ausbaggern zusätzliche Belastungen bringen. Das macht die gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgeschriebene Sanierung des Kamps unmöglich. Wie soll ein Kraftwerksausbau hier ohne Rechtsbeugung durchsetzbar sein?“, schüttelt Gamerith den Kopf.

Pseudo-Einbindung der NGOs durch die EVN
Obwohl es laut der internationalen Aarhus-Konvention für Österreich verpflichtend ist, anerkannte Umweltorganisationen in wichtigen Umweltfragen einzubinden, wurden die Stellungnahmen der NGOs zum Kraftwerk Rosenburg nicht berücksichtigt. Margit Gross, Geschäftsführerin des Naturschutzbund Niederösterreich, kritisiert: „Angesichts der gravierenden Auswirkungen des Projektes auf Landschafts- und Naturschutz wäre die EVN gut beraten gewesen, die Expertenmeinungen ernst zu nehmen. Was am Kamp passiert ist, war ein Missbrauch der Bereitschaft der NGOs, sich fachlich einzubringen und hat der Idee der Bürgerbeteiligung sehr geschadet.“ Für einen ernst gemeinten Dialog im Zusammenhang mit einer Sanierung – nicht eines Neubaus – des Kraftwerks Rosenburg stehe man jedoch weiterhin zur Verfügung.

Für Ulrich Eichelmann, Geschäftsführer von Riverwatch, ist das EVN Projekt Rosenburg der Versuch, den Ausbau des Kamp und vieler weitere Flüsse Niederösterreichs – getarnt als Sanierung – voranzutreiben. Das Land NÖ wolle die Stromerzeugung bis 2030 um rund 470 GWH ausbauen. Den Großteil davon sollen Kleinwasserkraftwerke erbringen. Wenn all diese Kraftwerke, nach dem Vorbild des Kamp, „erneuert“ werden, dann würde das bedeuten: Hunderte Kilometer mehr gestaute Flüsse, noch mehr massive Eingriffe in geschützte Lebensräume und Verschlechterungen für bedrohte Arten. Außerdem sei der Stromgewinn gar nicht notwendig, denn in NÖ produzieren fünf Großwasserkraftwerke insgesamt 59 Prozent des Stroms, dagegen weitere 567 kleinere Wasserkraftwerke nur vier Prozent. Eichelmann erklärt: „Was die EVN hier plant, ist eine Flusszerstörung im neuen Gewand. Die Entfernung des Stauwehres in Rosenburg ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht die einzig sinnvolle Variante. Niederösterreich braucht nicht mehr Kraftwerke, sondern mehr intakte Flüsse!“

WWF: Keine Kraftwerke in Schutzgebieten
Fast zwei Drittel der heimischen Fließgewässer sind bereits durch Wasserentnahme, Aufstau, Regulierungen oder Begradigungen ökologisch degradiert. Gleichzeitig braucht es unbestritten eine Energiewende. WWF-Flussexperte Christoph Litschauer: „Es ist grundsätzlich sinnvoll, bestehende Kraftwerke zu optimieren. Entscheidend für den Ausbau ist jedoch die Wahl der richtigen Standorte! Rosenburg ist bereits das zweite EVN-Kraftwerksprojekt, das in einem Europaschutzgebiet geplant wird und es widerspricht dem Ökomasterplan des WWF“, so Litschauer. Für ihn geht es um mehr als um ein lokales Wasserkraftwerk: Österreich hat mit rund 75 Prozent bereits einen der höchsten Ausbaugrade der Wasserkraft weltweit.

Klimaschutz nicht gegen Naturschutz ausspielen
Die Naturschutzorganisationen sprechen sich daher für die Varianten „Bestandssanierung“, also Modernisierung des Kraftwerks ohne dauerhafte Eingriffe in den Fluss, oder die Variante „Flusssanierung“, also den Rückbau der Kraftwerksanlage, aus. Klimaschutz erfordere eine umfassende Strategie und dürfe nicht dafür herhalten, für eine magere Stromausbeute letzte Naturräume zu zerstören, zumal in NÖ bereits 572 Wasserkraftwerke stehen. Außerdem müssen gleichzeitig alle Effizienzpotentiale genutzt werden, wenn eine echte Energiewende angestrebt wird.

Die Naturschutzorganisationen richten daher an das Land Niederösterreich als Mehrheitseigentümer der EVN - allen voran Landeshauptmann Erwin Pröll und den zuständigen Landesrat Stephan Pernkopf - den dringenden Aufruf, im Rahmen eines „Flüssegipfels“ eine umfassende und nachhaltige Lösung für Naturschutz und Klimaschutz in Niederösterreich zu erarbeiten.

Weitere Informationen: lebendiger-kamp.at

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

4:34

Fische sind Glückskinder des Monats
Horoskop – das sagen die Sterne im Mai

Wir sind angekommen, im Wonnemonat Mai. Ob es für die zwölf Sternzeichen wirklich romantisch wird, das wissen Astrologe Wilfried Weilandt und Astroshow-Moderatorin Sandra Schütz. Und diesmal mit dabei: Violinistin Barbara Helfgott. ÖSTERREICH. Auf den Mai freuen dürfen sich alle Fische, die zählen nämlich – mit 100 Prozent in sämtlichen Bereichen – zu den Glückskinder des Monats. Ein wenig mehr Geduld müssen hingegen die Krebse haben. Die sind zwar die Pechvogerl des Monats Mai, haben es im...

Hier findest du die billigsten Tankstellen in Niederösterreich.
4

Benzin- und Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen in Niederösterreich

Hier erfährst du täglich, wo die billigsten Tankstellen in Niederösterreich sind, wie man günstig tankt und auch, wie man am Besten Sprit sparen kann. NÖ. In ganz Österreich ist es am günstigsten Vormittags zu tanken, da die Tankstellen nur einmal täglich, um 12 Uhr, die Spritpreise erhöhen dürfen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit und in unbegrenztem Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen in Niederösterreich täglich mit den aktuell gültigen Preisen. Die...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Niederösterreich auf MeinBezirk.at/Niederösterreich

Neuigkeiten aus Niederösterreich als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Niederösterreich

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Niederösterreich und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.