"In Situ"-Projekt soll wiederbelebt werden
Das vielbeachtete Projekt machte im Kulturhaupstadtjahr 2009 die nationalsozialistische Vergangenheit in Linz sichtbar.
Viele Linzer wissen ganz gut über einige Aspekte der nationalsozialistischen Vergangenheit der Stadt Bescheid. Im kollektiven Gedächtnis präsent sind in erster Linie architektonische Manifeste des NS-Regimes, die bis heute das Stadtbild prägen, etwa die Voest, die Brückenkopfgebäude oder die sogenannten Hitlerbauten. Die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik, die vor Ort geschah, hat jedoch kaum Eingang ins kollektive Gedächtnis der Stadt gefunden. Das wollte das Projekt "In Situ" im Kulturhauptstadtjahr 2009 mit Markierungen im öffentlichen Raum ändern.
Topografie des Terrors
An insgesamt 65 ausgewählten Orten wurden in Form von Schablonensprayungen, sogenannten Stencils, Bezüge zur NS-Zeit hergestellt. Das Projekt machte sichtbar, was einst hier direkt vor Ort geschehen ist. Dabei ging es nicht nur um Orte wie das Gestapo-Hauptgebäude in der Langgasse, das Polizeigefängnis in der Mozartstraße und die Synagoge in der Bethlehemstraße. Auch bislang in diesem Zusammenhang kaum beachtete, scheinbar alltägliche Gebäude und Plätze werden in ihrer historischen Bedeutung als Vollzugsorte der Verfolgungsmaßnahmen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sichtbar gemacht. Allein ein kurzer Weg durch die Innenstadt führt angesichts der Häufigkeit der markierten Orte die dichte Verwobenheit von politischer Machtausübung, staatlichem und individuellem Terror, aber auch von Handlungsspielräumen vor Augen.
Neue Form der Zeitgeschichte-Vermittlung
Nach dem Kulturhauptstadtjahr verschwanden die Zeichen in der Stadt jedoch rasch wieder. Nun soll das künstlerisch-wissenschaftliche Vermittlungsprojekt auf Wunsch der Linzer Grünen wiederbelebt werden. Im kommenden Gemeinderat wird ein Antrag für ein Nachfolgeprojekt eingebracht. Die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus ist auch im Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz festgeschrieben. "Im Sinne der Erinnerungskultur und dem Aspekt der Sichtbarmachung von Kunst und Geschichte im öffentlichen Raum wäre es konsequent, den beschrittenen Weg fortzuführen und das Konzept dieses Projekts weiterzuentwickeln. Dabei empfiehlt es sich, den qualitativen Charakter des Projekts beizubehalten, der sich dem ,Prinzip der leisen Wirksamkeit’ verpflichtet und somit eine ,Eventisierung’ der NS-Zeit verhindert, zugleich aber die vielschichtigen Dimensionen der NS-Vernichtungspolitik in die Alltagswahrnehmung der Menschen einschreibt", sagt Gemeinderat Helge Langer.
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