Das Wiener Filmcasino
Bereits 1911 gab es in der Margaretenstraße 78 ein KINEMATOGRAPHENTHEATER, das bis 1919 Filme zeigte. Später wurde es umbenannt in MARGARETNER BÜRGERKINO und hatte bei manchen den Ruf des Kinos mit dem strengsten Billeteur von Wien, der Jugendlichen, die er beim Versuch, sich in verbotene Filme zu schmuggeln, erwischte, mitunter sogar lebenslanges Lokalverbot erteilte.
1938 wurde das Kino (zusammen mit dem ganzen Gebäude) „arisiert“. Alice und Arnold Kolb, die ehemaligen Besitzer, wurden am 2. Juni 1942 nach Minsk bzw. Maly Trostinec deportiert und dort ermordet.
1946 wäre beinahe das ganze Filmhaus Opfer einer im Sturm einstürzenden Feuermauer geworden, weil das im Krieg beschädigte Nebenhaus nicht ausreichend gesichert war.
Es erfolgte 1954 eine völlige Umgestaltung durch den Architekten Albrecht F. Hrzan, die dem FILMCASINO sein typisches Ambiente verlieh, eine klassische Fünfziger-Jahre-Architektur voll Zeitgeist.
Anfang der 70er mußte die Vorführstätte geschlossen werden und diente danach einem jugoslawischen Kulturverein als Veranstaltungsort.
1989
Beflügelt durch den langjährigen und gegen alle Wahrscheinlichkeit erzielten Erfolgs des „Filmhaus Stöbergasse“ (eigentlich ein Mehrzwecksaal mit kleiner Leinwand und schlechter Verkehrsanbindung) wagt die Volkshochschule Margareten einen mutigen Schritt: sie pachtet ein leerstehendes, heruntergekommenes Kino in der Margaretenstraße, das damals fast 20 Jahre lang nicht mehr bespielt wurde. Und sie entdeckt hinter alten Tito-Bildern ein aus den 50er-Jahren stammendes architektonisches Juwel.
Ein mutiger Schritt auch deshalb, weil zwar die Renovierung zum Teil vom Kulturamt der Stadt Wien finanziell unterstützt wurde, aber an einen Zuschuss seitens der öffentlichen Hand zum normalen Betrieb in dieser Zeit nicht zu denken ist. Das neue Kino muss sich also selbst erhalten.
Am 21. September 1989 ist es soweit: Das FILMCASINO, sanft renoviert von den Architekten Elsa Prochazka und Silvin Seelich, wird mit der Anfangsszene von „2001: Odyssee im Weltraum“ und einem großen Fest für alle Wiener wieder eröffnet. Und dann ein ebenfalls großer Moment für alle Beteiligten: Die Vorstellungen des ersten regulär im neuen Kino startenden Films DIE VIERERBANDE (La Bande des quattre) von Jacques Rivette sind voll. Das wieder eröffnete Filmcasino kann optimistisch in die Zukunft blicken.
Details von 1990 - jetzt kann man hier nachlesen und auch an einem Gewinnspiel teilnehmen:
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