Die letzte Greißlerin am Alsergrund
Seit 2. Jänner 1982 ist für Maria Naas ihr kleines Geschäft in der Rotenlöwengasse 2 ihr Ein und Alles.
ALSERGRUND. Seit mehr als 35 Jahren hat sich Maria Naas der Nahversorgung am Alsergrund verschrieben. Arbeits- und auch zeitintensiv ist dieser Job allemal. Bis zu 15-Stunden-Arbeitstage stehen am Programm.
Nur vergangene Woche konnte sie ausnahmsweise vor 18 Uhr das Geschäft schließen, denn sie bekam eine Ehrung der Wirtschaftskammer für 35 Jahre Durchhaltevermögen. Und auch dafür, dass sie, "solange ich es gesundheitlich packe", wie sie sagt, weitermachen wird. "Schon alleine für meine treuen Kunden, die mir alle ans Herz gewachsen sind, lohnt sich jeder meiner 15-Stunden-Arbeitstage", erklärt die 65-Jährige. Um 5 Uhr ist für sie Tagwache, denn Maria Naas reist täglich aus Kirchberg am Wagram – das ist in der Tullner Gegend – an.
Einkaufen in der Pause
"Die Mittagspause wird für Einkäufe am Markt genutzt und wenn ich abends heimkomme, koche ich natürlich noch ein Abendessen für meinen Mann und mich." Und selbstverständlich wird dann auch noch fürs Geschäft gebacken, beispielsweise ihr berühmter Apfelstrudel. Oder sie legt ihren ebenso beliebten Hausspeck in Kräutersud ein, um ihn am frühen Morgen noch kurz zu köcheln.
Das Rezept dafür bleibt natürlich ihr Betriebsgeheimnis. "Dadurch bekommt der Bauernspeck diese Zartheit, die meine Kunden so lieben", sagt sie. Besonders die Älteren, viele davon aus dem benachbarten Seniorenheim, schätzen den feinen Biss dieser Köstlichkeit.
"Ich habe kaum Fabriksware in meinem Geschäft. Vieles stammt von Hollabrunner Bauern, Wurst und Käse von der Teichalm im Waldviertel und von einem Bauern aus Windischgarsten in Oberösterreich", erklärt sie. Denn für ihre Kunden sei nur das Beste gut genug. Doch ihre Fürsorge für die Kunden geht weit über das vielfältige Angebot hinaus – hier findet sich alles, was es in einer Greißlerei der alten Schule einfach geben muss.
"Ich erinnere mich gut an mein erstes Käswurstsemmerl bei Frau Maria", erzählt Stammkunde Robert K. "Ich habe mir dazu ein Bier gekauft, denn hier gibt es mein Lieblingsbier, das Weitra." Ohne auch nur ein Wort zu sagen, hält Frau Maria, wie sie alle liebevoll nennen, seither immer ein gut gekühltes Weitra für den Herrn bereit.
Doch die Fürsorge geht noch weiter. Frau Maria beobachtet jeden Morgen, ob das Rollo eines alten Herrn, der nebenan wohnt, bis 10 Uhr hochgeht. "Einmal blieb es herunten. Da haben die Alarmglocken bei mir geläutet. Er hatte einen Schlaganfall und konnte im letzten Moment gerettet werden."
Auch die Vierbeiner haben es gut bei der tierlieben Greißlerin. So hat sie vor Kurzem "einfach so, weil ich nicht anders kann", die lebensrettende Operation eines kranken Hundes organisiert und auch gleich das nötige Geld dafür. "Was für eine Freude, wenn die Kundin mit ihm zu mir kommt und es ihm wieder so richtig gut geht!"
Geöffnet ist die Greißlerei in der Rotenlöwengasse 2 von Dienstag bis Samstag, am Montag ist Ruhetag.
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