St. Georgen an der Gusen: Petition sagt "Nein" zu geplanter Wohnsiedlung nahe Nazi-Stollen
Petition, weil Gemeinde auf Gründen nahe des Eingangs zu ehemaligem NS-Stollen Wohnhäuser bauen will.
ST. GEORGEN AN DER GUSEN (mikö). "Keine Wohnungen an den Pforten zur Hölle" lautet der Titel einer Online-Petition (Link zur Petition). In nur wenigen Tagen wurden bis Dienstag-Mittag mehr als 500 Unterschriften gesammelt. Hintergrund: Die Gemeinde hat Gründe nahe dem ehemaligen Nazi-Stollen "Bergkristall" in Bauland, also Wohngebiet, umgewidmet. Darauf sollen 136 Wohnungen entstehen. Ab dem Frühjahr 2015 werden die ersten 47 Wohnungen vom Wohnbauträger errichtet. Werner Dedl, Martha Gammer und Bernhard Mühleder verfassten die Petition.
"Historisches Areal nicht einfach verbauen"
"Man soll das historische Areal nicht einfach verbauen", sagt Bernhard Mühleder. "Es tut St. Georgen im Ansehen nicht gut, wenn hier eine Wohnsiedlung entsteht", so Dedl. Martha Gammer, Vorsitzende des Gedenkdienstkomitees Gusen, spricht von "vielen neuen Fakten, die aufgetaucht sind". Vor allem aufgrund der Recherchen von Filmemacher Andreas Sulzer. Zurzeit beschäftigt sich eine Expertenkomission mit ungeklärten Fragen rund um den KZ-Komplex Gusen.
"Viele neue Fakten" - Stollen unter geplanten Wohnbauten?
Gammer bezieht sich im Hinblick auf das Wohnprojekt auf zwei Fälle: "1968 gab es eine Begehung mit dem damaligen Bürgermeister. Es wurden Räume tief unter der Erde begangen, die wir nicht kennen und von denen die Eingänge unbekannt sind." Darüber sollen die Wohnbauten kommen. Dazu sollen 1983 bei Wasserbohrungen neben den geplanten Bauten riesige Eisenplatten in einer Tiefe von 19,5 Metern gefunden worden sein. Gammer fordert eine genaue Untersuchung des Bodens.
Bürgermeister Wahl widerspricht
Bürgermeister Erich Wahl (SP) widerspricht: "Das mit den großen Metallplatten stimmt nicht. Auch dass es 1968 eine Begehung gab, ist frei erfunden. Dort, wo jetzt der erste Teil des Baus errichtet wird und ein rechtskräftiger Baubescheid erteilt wurde, hat es zu keiner Zeit Stollen gegeben. Für die anderen Teile muss man sich das anschauen." Wahl betont, dass bei den Planungen auf "Bergkristall" Rücksicht genommen wurde. "Es handelt sich um eine relativ niedrige Bebauungsdichte. Die Gebäude werden in Richtung 'Bergkristall' niedriger." Wahl verweist auf eine 2,5 Hektar große Fläche vor dem Stollen-Eingang, den die Gemeinde ankaufte.
Verweis auf Gedenkstätte
Wahl: "Wir wollen dort eine vernünftige Gedenkstätte, wo nachhaltig antifaschistische Arbeit möglich ist". Vizebürgermeister Franz Haslinger (VP) sagt: "Ich wünsche mir einen respektvollen Umgang mit der Geschichte. Es gibt einen rechtskräftigen Bescheid für die ersten Wohnungen, der muss eingehalten werden. Den Rest muss man sich unter Einbindung der Bevölkerung anschauen. Ohne den Kompromiss mit dem Grundeigentümer hätten wir nicht den Raum für die geplante Gedenkstätte."
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