Thema Braunbär: Teddy oder Bestie?
Begegnungen Mensch-Bär sind in unserer Region keine Seltenheit mehr.
GAILTAL (jost). Wenige Tage nachdem ein Bär in Labientschach/Nötsch vier Schafe gerissen hatte, referierte kürzlich der Kanaltaler Wildbiologe Paolo Molinari vor zahlreichen Jägern, Landwirten, Touristikern sowie Vertretern aus Politik und Verwaltung im randvoll besetzten Gailtaler Heimatmuseum zum Thema „Braunbär – Chancen und Risiken“.
Sie fühlen sich wohl
Molinari’s Vortrag war eine überaus gelungene und nüchterne Darstellung von Daten und Fakten aus seiner wissenschaftlichen Arbeit der letzten Jahre. Demnach müssen wir erkennen, dass sich Bären bei uns wieder wohlfühlen. Nicht wegen der Schafe und Bienen, sondern weil einfach das Habitat wieder passt, was nicht immer so war.
Dünn besiedelt
Demnach werden im Vergleich zum slowenisch-kroatischen Grenzbereich, wo sich etwa 650 Bären aufhalten, entlang der Karnischen Alpen und Karawanken lediglich sechs bis acht Tiere vermutet. Auch im italienischen Trentino sind geschätzte 50 Braunbären beheimatet.
Molinari, selbst Landwirt und Jäger, appelliert: „Vorrangig muß der Bär in unseren Köpfen wieder Platz finden, das heißt, wir müssen das Zusammenleben neu lernen. Dass ein Zusammenleben zwischen Landwirtschaft und Bär möglich ist, ist in vielen Ländern Europas bewiesen. Natürlich ist es ein Mehraufwand, und es gibt auch Schäden - aber er gehört in unseren Breiten einfach zur Natur! Ein pauschales Nein ist somit keine Option!“
Zahlreiche Schäden
Nicht ganz frei von Emotionen waren die anschliessenden Wortmeldungen aus dem Publikum. Dabei wurde hauptsächlich von Schäden berichtet, die von Bären angerichtet wurden. Und weil das Tier bei uns ja vollkommen geschützt ist, blieb immer die Frage im Raum, ob und wie lange er weiterhin sein Unwesen uneingeschränkt treiben darf?
Wenig Verständnis
Die WOCHE hat daraufhin Rudolf Schnabel in Labientschach besucht, der erst vor wenigen Tagen vier Suffolk-Zuchtschafe, darunter einen 140 Kilo schweren Widder, durch eine Bären-Attacke verloren hat. Schnabel: „Meine eingezäunte Schafweide liegt seit vielen Jahren in Sichtweite meines Anwesens, etwa 50 Meter südlich zweier Nachbarhäuser, am westlichen Ortsende von Labientschach. Sonntag früh hat mich einer der Nachbarn angerufen und über den nächtlichen Riss informiert. Es muß einer der jungen, wilden Bären gewesen sein, der hier gewütet hat. Der Widder war innerhalb seiner Herde sehr dominant und umsichtig und hat sich offensichtlich dem Angreifer gestellt, aber er hatte keine Chance, wie auch die drei Muttertiere. Jedenfalls wäre es meiner Meinung nach zufolge der immer häufiger werdenden Vorkommnisse schon längst an der Zeit, in bestimmten Fällen Abschüsse und/oder Entnahmen zu erlauben.“
Umdenken erforderlich
Paolo Molinari ist sich der thematischen Gratwanderung bewusst, mahnt allerdings ausdrücklich: „Man sollte aus dem Bären natürlich keinen Teddybären machen – aber auch keine Bestie!“
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