Die Stunde Null 1945 in Schwaz vor 70 Jahren

Panzer am Schwazer Margreitnerplatz. Diese Aufnahme machte ein gewisser Herr Burgstaller vom 3. Stock des Keilerhauses (neben GH Schaller am Margreitnerplatz) unter Lebensgefahr, da Fotografieren von militärischen Objekten bzw. Aktivitäten streng verboten war. Auf den Panzern speisten die GIs gelbe Fladen Pfannkuchen, Marmelade, Ananas, Kakao.Tage später wurden die ersten Kaugummi unter den Schwazer Kindern verteilt.
Foto: Sammlung Lorenzetti
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  • Panzer am Schwazer Margreitnerplatz. Diese Aufnahme machte ein gewisser Herr Burgstaller vom 3. Stock des Keilerhauses (neben GH Schaller am Margreitnerplatz) unter Lebensgefahr, da Fotografieren von militärischen Objekten bzw. Aktivitäten streng verboten war. Auf den Panzern speisten die GIs gelbe Fladen Pfannkuchen, Marmelade, Ananas, Kakao.Tage später wurden die ersten Kaugummi unter den Schwazer Kindern verteilt.
    Foto: Sammlung Lorenzetti
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Nach Augenzeugen und Aufzeichnungen skizziert von Eusebius Lorenzetti –
1. Bericht

SCHWAZ, BEZIRK (tti). Bange Stunden erlebte die Schwazer Stadt vom 2. bis 4. Mai 1945 bis zum Einzug der ersten US-Verbände. Am Nachmittag des 3. Mai 1945 rückten Panzerspitzen der 103. US-Infanteriedivision von Zirl aus Richtung Innsbruck vor – kampflos übernahmen sie am Abend die Stadt. Noch am späten Vormittag kam der Innsbrucker Radiosender Aldrans durch List in die Hände der österr. Widerstandsbewegung. Um 17 Uhr sendete man den ersten Aufruf: „Die Stunde der Befreiung ist da“ – die Schwazer hörten es im Radio: „Keinen Widerstand den einrückenden Amerikanern, haltet Disziplin und Ordnung.“

DIE ROLLE DER SS

Zu dieser Zeit standen Teile der SS-Kampfgruppe Hengl in Rotholz, Reste der 17. SS-Panzerdivision „Götz von Berlichingen“ hielten Stellungen bei Jenbach und am Achenpaß. Erst am 5. Mai rückte die SS Richtung Norden ab und die Amerikaner erreichten am 7. Mai den Achenpaß. Noch am 4. Mai wurden in Buch-Maurach zwei Jenbacher in einer Schießerei getötet – im Achenwald ist der GH Hagen durch einen Tieffliegerangriff zerstört worden.

DIE ZILLERTAL-SITUATION

Als die Fronten in Oberitalien zusammengebrochen waren, zog ein unaufhörlicher Strom von deutschen Soldaten durch die Gründe heraus weiter durchs Tal. Um den 3./4. Mai herum stießen die Amis im Raum Gerlos vom Pinzgau kommend vor. Ernüchterung in der Zillertaler Bevölkerung! Erste Gruppierungen der Widerstandsbewegung.

ZWISCHENFALL IN SCHWAZ

Die Bezirksstadt am 3. Mai 1945: Am Abend passierte ein Zwischenfall mit Fahnen! Viele hissten Rot-Weiß-Rot nach einem Aufruf der österr. Widerstandspartei, aber in der Innsbrucker- und Franzjosefstrasse gingen SS und Parteifunktionäre in diese Häuser und forderten auf, die Fahnen sofort einzuziehen. Beim Haus Graf Enzenberg und Heiß-Haus wurden sie heruntergerissen. Die vorgesehene Sprengung der Schwazer Steinbrücke durch die SS wurde im letzten Augenblick durch Bgm. Ebenbichler verhindert!

ERSTE US-PANZERSPITZEN

In der Nacht zum 4. Mai gegen drei Uhr früh ratterte eine US-Panzerspitze durch Schwaz und gab etliche Alarmschüsse durch die Innstraße herein ab. Es war kalt, die meisten Soldaten waren eingehüllt bis über die Ohren. Die Schwazer verhielten sich ruhig. Die Panzer zogen dann vom Margreitnerplatz gegen das Dorf. Am Morgen waren Schwazer Häuser Rot-Weiß-Rot und mit weissen Fahnen beflaggt. Ein MG schoss Richtung Kraken, Detonationen waren von Jenbach zu hören. Nachmittags am 4. Mai kamen US-Vorauskommandos. Motorisierte Jagdkommandos gegen 16 Uhr! Artillerie sah man auf dem Weberfeld. In vielen Häusern erfolgten Räumungen und Beschlagnahme. Erster Aufruf der US-Mililtärbehörde: Abgabe von Waffen, Säbeln. Niemand durfte die Stadt verlassen, eine Ausgehzeit von 6 Uhr bis 19 Uhr ist verordnet. Wer sich nicht daran hielt, konnte erschossen werden. Am 5. und 6. Mai 1945: die Amerikaner konzentrieren sich auf die Gilmstraße. Überall Geschütze, Autos, verlegte Militär-Telefonleitungen...

DIE FIECHTER BESATZUNGSZEIT

Mit einem „Cactus-Regiment“ begann die Fiechter Besatzungszeit!
Am 5. Mai 1945 (laut Aufzeichnungen von Hans Stock in seinem Buch „Soldaten in Schwaz“) nahmen die ersten Einheiten der 103. US-Infanterie-Division des 409. Regiments mit der C-Kompanie Quartier in Vomp-Fiecht. Die Vorausabteilung kam mit drei Jeeps, zwei GMC und einem Citroen 12 CV und nahm den Stab und die wenigen noch verbliebenen Mannschaften der deutschen Werhrmacht gefangen. Zwei Kompanien waren im Fiechter Klostergebäude, eine starke Bewachungsabteilung für die dort abgestellten Fahrzeuge im Fiechter Barackenlager einquartiert.

Eine Kompanie des 383. Artillerie-Bataillons der Division war in den ehemaligen Wehrmachtsbaracken Nähe Schwazer Karwendelstraße und in requirierten Schwazer Wohnungen (Offiziere und höhere Chargen) untergebracht. Ihre Geschütze hatten sie vor der Franzskanerkirche, in der Gilmstraße und Karwendelstraße aufgestellt. Auf einer von den Amerikanern über dem Fiechter Klostereingang angebrachten Tafel war auf Englisch zu lesen: „Durch diese Pforte marschieren die besten Soldaten der Welt!“

REGENBOGENDIVISION UND FRANZOSEN

Am 10. Juni 1945 wurden die „Cactus“ von Einheiten der „Regenbogendivision“ (42. US-Inf.Div.) abgelöst. Mit 1. Juli 1945 zogen die Amerikaner ab und die Franzosen in Tirol ein. Die Fiechter Kaserne nahm am 8. Juli 1945 (laut Hans Stock) das 1. Regiment der Tirailleurs Marocains (2. Marokk. Inf.Div) in Besitz. Bis zum Abzug der Franzosen 1953 gab es viele Übergriffe auf die Bevölkerung, sogar mit Toten.

SCHIRACH STELLTE SICH IM "HOTEL POST"

Innherhalb einer Viertelstunde mussten in Schwaz viele Bewohner ihre Häuser räumen. Im Fiechter Kloster-Gasthaus residierten ebenso US-Soldaten. Das Hauptquartier befand sich im ehem. Hotel Post. Dort erschien am 4. Juni 1945 ein prominenter Nazi und ersuchte um seine Verhaftung. Er hatte vorher einige Zeit in Schwaz Unterschlupf gefunden: Reichsjugendführer Baldur von Schirach.

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