So sollen Nachbarschaftskonflikte im sozialen Wohnbau verhindert werden
Soziologen und ein Besiedlungsmanagement sollen Konflikten im sozialen Wohnbau vorbeugen.
SALZBURG (lg). Zu lautes Musikhören, Kinder, die direkt unter dem eigenen Balkon Fußball spielen oder weggeworfene Zigarettenstummel - die Bandbreite an Konfliktpotenzial ist speziell im sozialen Wohnbau, wo viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben hoch. Das kennt auch die Soziologin Rosemarie Fuchbauer aus ihren Erfahrungen in großen Wohnsiedlungen mit über hundert Wohnungen, wie etwa im Freiraum Maxglan, dem Stadtwerke-Areal, der Strubersiedlung oder dem Wohnhaus am Engelbert-Weiß-Weg beim Salzburger Hauptbahnhof.
Zigarettenstummel als Konfliktpotenzial
"Ein Nachbar hat sich etwa geärgert, dass der Bewohner oberhalb immer Zigarettenstummel in seinen Garten warf. ich habe ihm empfohlen, anstatt unzähliger Beschwerdeschreiben dem Nachbar oberhalb einen Aschenbecher zu schenken. Oft kann Konfliktpotenzial durch ein Gespräch bereits im Keim erstickt werden, denn meist geht es um banale Dinge, die sich aber im Laufe der Zeit extrem hochschaukeln können", erzählt Fuchsbauer.
Soziologen fördern Hausgemeinschaft
Die gemeinnützigen Wohnbauträger setzen daher seit mehr als zehn Jahren auf die Hilfe von Soziologen, damit Konflikte gar nicht erst entstehen. "Wir können heute sagen, dass wir überall dort, wo wir soziokulturelle Projekte umgesetzt haben, weniger Streitereien und Vandalismus haben, weil sich die Menschen mit der Siedlung besser identifizieren. Wesentlich ist, die künftigen Bewohner so früh wie möglich miteinzubeziehen", bekräftigt Christian Wintersteller, Direktor der gswb und Obmann der GBV-Landesgruppe. Für die Soziologin Sarah Untner gilt ein moderiertes Besiedlungsmanagement mit einer Anschubhilfe in der Einwohnphase Erfolgsfaktoren für das Zusammenwachsen von Hausgemeinschaften sind. Auch spezielle Angebot wie Lern-Treffs für Kinder oder ein Gemeinschaftsraum stärken das Miteinander nachhaltig."
Sozialer Mix in Wohnanlagen
Besonderes Augenmerk legen die Soziologen auf einen guten Mix bei der Auswahl der Bewohner. Dabei spielen Indikatoren wie Alter, Anzahl der Kinder in einer Familie aber auch der Migrationshintergrund eine Rolle. "Man muss die entsprechende Infrastruktur was beispielsweise die vorhandenen Kindergartenplätze betrifft genau beachten, sonst sind Konflikte um einen Platz in der Krabbelgruppe oder im Kindergarten vorprogrammiert. Es ist auch nicht ratsam, zu viele Bewohner mit demselben Migrationshintergrund in eine Wohnsiedlung unterzubringen, da es sonst möglicherweise zu einer Ghettobildung kommt. In der Siedlung am Engelbert-Weiß-Weg haben wir jetzt so viele verschiedene Nationen, dass die gemeinsame Sprache nur Deutsch sein kann", fügt Fuchshofer mit einem Schmunzeln hinzu.
Mediatoren-Gespräche und BWS-Stellen
Um potenzielle Stresssituationen bereits beim Einziehen zu vermeiden, wird das Besiedeln von größeren Wohnanlagen bereits im Vorfeld durchgeplant. "Ich erinnere mich noch an das Chaos beim Engelbert-Weiß-Weg am Bahnhof: 104 Wohnungen ohne LKW-Zufahrt. Da war alles mit Möbelautos zugeparkt. Jetzt bekommt jeder Bewohner einen Zeitraum zugewiesen, wo er parken und ausladen kann", schildert Fuchshofer. Auch die Lage von Kinderspielplätzen und "minder erfreute Altanrainer, die die neuen Bewohner als Fressfeinde sehen, die um dieselben Parkplätze und Freiräume konkurrieren", müssen laut den Soziologe mitberücksichtigt werden. Neben den Soziologen hat die Stadt die Bewohner-Service-Stellen (BWS) etabliert. "Unser Service hat sich auf die ganze Stadt ausgedehnt. Zudem bieten wir über das 'Netzwerk Nachbarn' auch Mediatoren-Gespräche an.
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