Besenbinder war auch Lebensretter
ATZESBERG (gawe) – „Erdäpfelsortieren, Schneeschaufeln und Besenbinden“ hat früher zu unserer Winterarbeit gehört“ erzählt Josef Hehenberger aus seiner Zeit als Großknecht. In der Pension sitzt er wieder gerne in der Werkstätte und erzeugt umweltfreundliche Besen. Das Grundmaterial stammt komplett aus der eigenen Gemeinde: besondere rote oder grüne Weiden (wachsen neben Tümpeln) und junge Birken. „Weidenruten spalten und im feuchten Zustand durch Schaben mit einem Messer geschmeidig machen – Birkenreisig bündeln und drei Bündel mit einer Weidenrute zu einer Einheit zusammen schnüren – Kopf und Ende zu einer schönen Form schneiden – am Dachboden zur Trocknung einige Monate mit Pfosten beschweren – Besenstil hineinschlagen – dann als Zierde oder zum Kehren verwenden“ beschreibt der 74jährige die Entstehung des Arbeitsgerätes. Das Kehrgerät ist voll recyclebar: Wird es stumpf, nimmst du es zum Schneekehrern – anschließend gibt es Wärme im Ofen.
„Mir taugt es, in der geheizten Werkstätte zu sitzen und das Arbeitstempo selbst zu bestimmen“ ist der pensionierte Postler über Besuch froh. Nachfolger für sein aussterbendes Gewerbe hat sich dabei allerdings noch keiner gefunden – zu mühsam ist die Produktion von sieben handgefertigten Besen pro Tag für viele Jüngere. 25 Jahre lang hat er als Briefträger im Einklang mit der Natur gelebt: „Im Winter habe ich die Post mit Schiern ausgeführt.“ Neuerungen brachten neben den Autos für die Briefträger auch Aufregung: „Wir haben auf der Post in Sarleinsbach eine Alarmanlage gekommen. Zwei Leute haben den Schlüssel für die Kasse gehabt. Einmal haben wir einen Fehlalarm ausgelöst. Die Sirene ist losgegangen. Kurz darauf ist der Nachbar mit einem großen Hammer hereingestürzt und wollte den Einbrecher erschlagen.“ Eine dramatische Lebensrettung vor 20 Jahren wird ihm immer in Erinnerung bleiben: „Ich habe die Post in ein Haus zugestellt. Da habe ich undeutliche Laute gehört. Im Haus habe ich eine schreckliche Entdeckung gemacht. Eine Pensionistin lag blutüberströmt bei der Haustür. Das Blut ist aus einer Kopfwunde regelrecht herausgespritzt“ schildert „Öner“, wie sich ein kürzlich absolvierter Erste Hilfe Kurs bewährt hat: „Ich habe ihr einen Druckverband angelegt“. Im Krankenhaus stellten die Ärzte fest: Eine Viertel Stunde später und die Frau wäre verblutet. „In den entscheidenden Minuten bis zum Eintreffen des Arztes war ich gar nicht nervös, erst danach, als alles vorbei war, wurde mir schwummerig“ erinnert er sich.
Fotos: gawe
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