Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration
Vor einem Jahr begann der Höhepunkt der Flüchtlingswelle. Ein Lokalaugenschein 12 Monate danach.
BAD ERLACH. 13 Tage lang ist Lokman Ibrahim vom syrischen Aleppo nach Österreich gegangen. In der Alpenrepublik angekommen, landete er erst einmal im Flüchtlingslager Traiskirchen. Warum er von zu Hause weg gegangen ist? „Es gibt dort nichts mehr: keine Arbeit, keine Schule für die Kinder. Der Krieg hat alles zerstört.“ Die Familie - Gattin Sharihan (30) und die drei Kinder Denizia (11), Niwalta (10) und der 2,5-jährige Alexander - kam ein halbes Jahr später nach. Die fünf Syrer hatten Glück. Sie wurden in der Thermengemeinde gut aufgenommen und in einer Wohnung untergebracht.
Bürgermeister Hans Rädler konnte in seiner Gemeinde mittlerweile 16 Flüchtlingen Platz bieten. Im Gemeindeamt wurde bereits eine Klasse für Deutschkurse eingerichtet. Dort unterrichten Freiwillige die Neuankömmlinge - vom 16-jährigen syrischen Mädchen mit Englischkenntnissen bis hin zum 65-jährigen afghanischen Analphabeten. „Wir haben sehr viel Spaß,“ sagt Orsolya Wrede, die gemeinsam mit drei anderen Frauen die Deutschkurse hält.
Voll des Lobes für die drei Flüchlingskinder, die im vergangenen Jahr bereits die Volksschule in Bad Erlach besuchten, ist auch die VS-Direktorin Roswitha Fischl: "Unglaublich, was die Kinder in nur einem Jahr gelernt haben. Deniza und Niwalte haben sich voll eingelebt und sprechen nicht nur unsere Sprache - sie sind von hiesigen Kindern mit niederösterreichischem Dialekt sprachlich kaum mehr zu unterscheiden. Schließlich muss man bedenken, dass die Kinder ja neben unserer Sprache auch das gesamte Alphabet lernen mussten.
Großes Lob gilt auch dem jungen Afghanen Reza, der in der ersten Klasse startete und so von Anfang an alles mitlernen konnte. Auch er beherrschte innerhalb kurzer Zeit Deutsch. „Erstaunt bin ich auch über die Fröhlichkeit der Kinder, bei all dem was sie mitgemacht haben und vor allem auch die Fortschritte, die sie in so kurzer Zeit machen. Ich hätte nie geglaubt, dass das so schnell geht." Das Fazit der Direktorin ist eindeutig: „Solche Menschen sind immer gerne willkommen.“
Aber so unbeschwert wie in diesen Tagen war es für die Kinder nicht immer. Die 11-jährige Denizia erzählt, wie ein Mann in ihrer Heimat in die Schule kam und den Kindern einen Ball gab, in dem eine Bombe versteckt war. Da bleibt es nicht weiter verwunderlich, dass Familienvater Lokman sagt: “Nach Syrien zurück, nie und nimmer. Wir wollen nicht mehr zurück. Wir wollen hier bleiben.“ Und die beiden Mädchen sind auch schon voller Tatendrang, haben viel vor für ihre Zukunft: „Wir gehen gerne in die Schule!" Niwalta will Ärztin werden, Denizia Architektin!
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