Volkshochschule: Lesen und Schreiben für den Alltag
In Floridsdorf sollen kostenlose Kurse über sprachliche Hürden helfen. Dabei steht der Einzelne im Fokus.
FLORIDSDORF. Wie vereinbart man einen Arzttermin? Wie füllt man ein wichtiges Formular aus? Für viele Menschen keine einfachen Aufgaben. Rund 17 Prozent der 16- bis 65-Jährigen in Österreich – etwa 970.000 Personen – besitzen nur geringe Lesefähigkeiten. Mögliche Folgen seien Benachteiligungen in Beruf und Alltag, wie es in der 2011 und 2012 durchgeführten PIAAC-Studie heißt. Die Untersuchung der OECD warf einen Blick auf grundlegende Fertigkeiten von Erwachsenen.
In Floridsdorf soll indes ein Kurs Abhilfe schaffen. Der Lehrgang „Basisbildung Deutsch“, organisiert von den Wiener Volkshochschulen, richtet sich an Erwachsene, die sich zwar mündlich verständigen können, denen das Lesen, Schreiben oder Rechnen jedoch schwerfällt. Gefördert von der Stadt Wien, dem Bildungsministerium und der EU, soll er den Teilnehmern nicht nur bessere Chancen am Arbeitsmarkt verschaffen, sondern ihnen auch im Berufsleben weiterhelfen. Die Teilnahme ist kostenlos.
Lernen aus dem Alltag
Lehrbücher gibt es im Kurs keine – „wir erstellen uns das Material selbst“, erklärt Projektleiterin Veronika Lappe. „Authentischer Unterricht“ ist das Stichwort – „wir orientieren uns am Alltagsleben“. Hat ein Teilnehmer etwa Schwierigkeiten mit einem Formular, kann er dieses in den Kurs mitnehmen – „dann gehen wir es Punkt für Punkt durch“, erzählt Programm-Managerin Astrid Klopf-Kellerer. So würde man nicht nur lernen, das Formular zu lesen, sondern zur selben Zeit die Bedeutung der Wörter kennenlernen. Auch die Grammatik soll dabei nicht zu kurz kommen – jedoch stets in Verbindung zum Alltag.
Fokus auf den Einzelnen
Dabei sei eines besonders wichtig, wie Klopf-Kellerer erzählt: Zu wissen, dass man nicht alleine ist. Das Gefühl, nicht gut genug zu sein, nichts lernen zu können – es gehe darum, „diese Zuschreibung wegzukriegen“. „Lernen kann auch anders funktionieren“, wie die Programm-Managerin sagt. „Teilnehmer kommen mit verschiedenen Vorkenntnissen zu uns“, erzählt Lappe. „Wo steht der Einzelne?“, sei dabei das Grundprinzip. Die zweite Frage lautet dann: „Wohin soll es gehen?“
Das können verschiedene Orte sein, wie Lappe erzählt: Eine Führerscheinprüfung etwa – oder ein Pflichtschulabschluss, um sich bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu sichern. Andere wollen lernen, das Mitteilungsheft ihres Kindes zu verstehen. Die Gründe sind vielfältig – die Wege kreuzen sich jedoch.
Förderung durch die EU
Seit 2015 wird das Projekt von der EU gefördert: Mit den Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds wurden unter anderem neue Computer finanziert. Im Kurs kommen diese zum Einsatz, wenn es um die sogenannte digitale Kompetenz geht – in der Praxis bedeutet das: Fragt eine Teilnehmerin, wie sie einen Arzt für ihr Kind finden kann, kommen die Computer ins Spiel. „Was gebe ich in welche Suchmaschine ein?“, erzählt Klopf-Kellerer. „Wie kann ich bei einer Homepage die mir wichtigen Daten herausfiltern?“
Auf diese Weise soll es dann gelingen – das Lesen, das Schreiben, das Rechnen und der Umgang mit Computern sollen leichter fallen, das große Ziel näher rücken. Und das Formular soll schließlich auch kein Problem mehr sein.
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