Ältestes Schriftdokument der slawischen Welt
Runen-Inschrift nahe der Thaya-Mündung entdeckt

- Die Runen-Inschrift wurde in der Nähe der Thaya-Mündung entdeckt.
- Foto: Jiři Macháček
- hochgeladen von Ulrike Potmesil
HOHENAU/RABENSBURG. Für Laien mag es wie Kindergekrakel aussehen, tatsächlich sind die Schriftzeichen, die Forscher auf einem Rinderknochen im österreichisch-slowakisch-tschechischen Dreiländereck entdeckten, ein spektakulärer Nachweis von uraltem Kulturgut.
Archäologen hatten in der Nähe der Mündung der Thaya in die March, wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, Lány - eine Siedlung mit slawischen Grubenhäusern - ausgegraben und waren auf einen auf 600 n. Chr. datierten Rinderknochen mit gravierter Inschrift gestoßen. Laut dem Runen-Experten Robert Nedoma von der Uni Wien handelt es sich um germanische Runen und damit um die einzige bisher bekannte authentische Runen-Inschrift in der Region, gleichzeitig auch die älteste jemals bei Slawen entdeckte Inschrift. Bisher galt die glagolitische Schrift aus dem neunten Jahrhundert nach Christus als ältestes Schriftsystem der Slawen.
Auf Germanen folgten Slawen
Robert Nedoma führt aus: "Um 600 befinden wir uns in quellenarmen Zeiten. Was wir da über slawische Gruppen wissen, hängt an archäologischen Funden, und die sind nicht immer eindeutig." Der germanische Stamm der Langobarden hat jedenfalls im Laufe des sechsten Jahrhunderts das Weinviertel und einige südlich der Donau liegende Gebiete besiedelt, vor allem das Tullner Feld. In den Jahren vor 568 ist die gesamte langobardische Bevölkerung mit Kind und Kegel nach Südwesten abgewandert und 568 in Oberitalien eingefallen, wo die Lombardei heute noch ihren Namen trägt."
In die von den Langobarden verlassenen Gebiete sind Slawen nachgerückt. Nedoma: "Das Faszinierende am Fund von Lány ist, dass wir da germanisch-slawische Kontakte einwandfrei belegen können. Hat ein zurückgebliebener Langobarde die Slawen Runen gelehrt? Haben die Slawen schon vor 568 Interesse für diese für sie fremde Schrift gehabt, sodass einige wenige von ihnen zumindest leidlich in Runen schreiben konnten? Wir wissen es nicht."
Die genaue Ausdehnung slawische Siedlungen aus dieser Zeit auf heutigem österreichischen Gebiet ist den Wissenschaftlern nicht bekannt - eben weil man im Gegensatz zu den Langobarden keine schriftlichen Quellen über die historischen Geschehnisse hat.
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