"Ich wünsche mir mehr verrückte alte Weiber"

BEZIRKSBLÄTTER: Ist Aberland eine Art Fortsetzung von Herzmilch? (In der Figur der jungen Franziska)
GERTRAUD KLEMM: Nein. Aberland ist ganz anders strukturiert. „Herzmilch“ ist eine Art Leidensgeschichte über Fremdbestimmung; „Aberland“ ist ein Kammerspiel in den Köpfen dieser beiden Frauen mit all ihren Beschränkungen – vor allem den selbstgemachten.

Wie haben Sie die Innenwelt der 58jährigen Elisabeth recherchiert? Sie ist ja doch 15 Jahre älter als Sie...

Dieses Altern beginnt ja schon Ende 30. Ich kann mir gut vorstellen, wie es weitergeht. Geholfen hat auch die allgegenwärtigen Dramatisierung des alternen Frauenkörpers. Hilfe, ich werd grau! Hilfe, ich kriege Falten! Hilfe, ich komme in den Wechsel! Es war ganz heilsam, das durchzuspielen.

Sie werden fast als neue literarische Ikone des Feminismus gehandelt, wie mir scheint. Aberland ist aber ein Abgesang auf die Emanzipation, oder?
Ich sehe keinen Abgesang. Ich sehe Franziska ausbrechen; Elisabeth muss steckenbleiben. In Herzmilch habe ich beschrieben, wie man ins Frausein hineinwächst. In Aberland wollte ich zeigen, wie fest das Frausein mit dem Kinderhaben verwachsen ist. Diesen Schranken entstehen ja teilweise im eigenen Kopf - und nicht in der Gebärmutter. Yoga und Spaß im richtigen Job sind sicher gute Wege. Aber seinen eigenen Kopf haben und Konventionen, Sicherheitsdenken, Bequemlichkeit ausmisten - ich denke, das ist die wahre Befreiung.

Am 19. Februar liest Gertraud Klemm im Haus der Kunst aus "Aberland". Beginn: 19.30 Uhr.

Wollen Sie eine feministische Ikone sein?
Dazu fehlt mir doch der Heiligenschein. Ich predige ja nicht, ich schreibe Romane, die niemand zu lesen gezwungen wird. Schön wäre, wenn alle, die über meine Interviews und Bücher reden, diese auch tatsächlich lesen würden. Leider ist das nicht so.

Wie wäre Ihr Idealbild eines feministischen Alterns? Ist das überhaupt möglich in der bürgerlichen Welt, sprich in Kaiserbad?
Natürlich. Es reicht ein würdiges Altern, das man nicht kompensieren muss. Der Wert eines Menschen sollte mit einem bestimmten Alter nicht ablaufen. Er sollte mitwachsen. Unser Wertesystem – Schönheit, Kindersegen, Geldverdienen – alles hat ein Ablaufdatum. Reife ist vor allem bei Frauen übel konnotiert. Die Alten verschwinden von den Schalthebeln unserer Gesellschaft und aus den Medien – vor allem die Frauen. Ein paar mächtige, alte Männer sind unsere wenigen Rolemodels. Ich wünsche mir mehr verrückte alte Weiber, die machen, was sie wollen. Wenn man sich über körperliche Oberflächlichkeiten definiert, wird’s ja schon ab 40 schwierig.

Für einen Abschnitt aus Aberland haben Sie den Publikumspreis und viele Lacher beim Bachmannwettbewerb 2014 bekommen. War es auch ein Vergnügen den Text zu schreiben? Kann es ein Vergnügen sein, eine Suada der lebensenttäuschungen zu schreiben?
Es macht Spaß, wenn mir eine gute Metapher oder Szene einfällt – auch bei den traurigen Textstellen. Beim Lachen sollte ein bisschen Empörung mitschwingen, und es darf auch mal im Hals stecken bleiben.

Ein Blick in die Zukunft: Bleiben Sie literarisch in Kaiserbad und bei frustrierten Frauen?
Nein, ich hab vorerst genug. Als nächstes geht’s wohl zu zwei Männern ins Kamptal: einer wird Wein machen, einer Brot. Es wird um Reife gehen. Momentan sieht es zumindest so aus.

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