Bischof Manfred Scheuer: "Ein Jahr der Zuversicht"

Bischof Manfred Scheuer steht seit 2003 der Diözese Innsbruck als Bischof vor. | Foto: Diözese Innsbruck
  • Bischof Manfred Scheuer steht seit 2003 der Diözese Innsbruck als Bischof vor.
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Das 50. Diözesanjubiläum wurde vergangenes Jahr unter dem Slogan „Aufbrechen“ gefeiert. Ist der Aufbruch geglückt?
Manfred Scheuer: "Ich habe das Jubiläum und auch die Zeit davor als Aufbruch erlebt. Es war ein Signal, wir gehen in die Zukunft. Es war eine lebendige, bunte Kirche, aber auch eine ehrliche Form der Selbstwahrnehmung. Und es gibt viele Menschen in der Kirche, die sich engagieren und mitarbeiten. Es war ein Jahr der Zuversicht."

3060 Menschen haben in Tirol 2014 trotzdem die Kirche verlassen. Fehlt zusehends das Vertrauen in die Kirche?
Scheuer: "Die Gründe sind vielfältig und auch allgemeiner gesellschaftlicher Natur. Viele Institutionen haben an Tragweite verloren. Aber auch durch innerkirchliche Vorgänge, die belastend und beschämend sind, haben Gläubige der Kirche den Rücken gekehrt."

Immer weniger und alte Pries-ter betreuen immer mehr Pfarren. Wie wird die Seelsorge in zehn Jahren aussehen?
Scheuer: "Wir beschäftigen uns zur Zeit intensiv mit dieser Frage. Auf der einen Seite bin ich dankbar für das Wirken der älteren Priester, bin mir aber bewusst, dass es Probleme beim Nachwuchs in der Kirche gibt und es wird in Zukunft einiges umorganisiert werden müssen. Aber es wird weiterhin Menschen geben, die den Priesterberuf ausüben werden und andere Formen der Seelsorge werden Platz finden."

Kirche in Tirol und Visionen. Wie geht das? Es wurden nur drei Priester geweiht.
Scheuer: "Ich bin mir bewusst, dass es zahlenmäßig nicht viele sind, aber es kommt darauf an, welche Menschen hier den Priesterberuf ausüben und was die Priester im Land bewirken. Darum will ich im Zusammenhang von Priesterweihen nicht von "nur" sprechen. Ein Bischof sagte einmal: 'Ich habe einige Priester zu viel und viele zu wenig.' Eines ist aber klar: Der Priesterberuf ist schwerer geworden und es gilt, junge Menschen zu überzeugen und dafür zu begeistern. Das geht aber nicht nach einem mathematischen Jahresplan."

Tirol ist ja kirchlich geteilt. Macht diese Teilung Sinn?
Scheuer: "Die Diözesangrenze im Unterland hat eine historische Genese. Wobei die Grenzziehung manchmal doch eigen ist. Aber ich merke auch, dass die Unterländer Gemeinden ihre Zugehörigkeit zu Salzburg durchaus nicht abschaffen wollen. Die sind auch ein wenig stolz, einen Erzbischof zu haben."
Papst Franziskus ist seit knapp zweieinhalb Jahren im Amt. Was hat sich geändert, ist die Kirche am richtigen Weg?
Scheuer: "Ich bin sehr dankbar für die Person und für die Botschaft von Papst Franziskus. Es ist eine andere Sprache, die geerdet und kreativ ist und dadurch auch von vielen verstanden wird. Er bringt eine Aufmerksamkeit für Details und konkrete Menschen, dadurch auch eine größere Perspektive. Und auch seine nicht ganz diplomatischen Reden machen ihn faszinierend. Er hat das Amt angreifbarer gemacht, dadurch aber auch verletzlicher. Es ist der richtige Weg."

Flüchtlinge, Kriege, "Das Boot-ist-voll"-Rufe, Zelte und Notquartiere. Wie geht es Ihnen dabei?
Scheuer: "Die Situation in den Ländern zu befrieden, woraus die Menschen flüchten, wird wohl ungemein schwierig. Es kann keine dauerhafte Lösung sein, dass Menschen flüchten müssen. Diese Generation fehlt in den betroffenen Ländern. Daher muss direkt dort geholfen werden, was Kirche und Caritas gemeinsam tun. Die Situation ist dramatisch. In Tirol sehe ich ein gutes Engagement bei der Politik und vielen Institutionen. Empörung über irgendjemanden bringt keinem Flüchtling eine Unterkunft. Teilweise sind wir überfordert, auch in der Kirche. Aber solche Ereignisse sind nicht planbar. Schritt für Schritt zeichnen sich Lösungen ab, auch in den Pfarrgemeinden. Es braucht hier eine Allianz der sozialen Kräfte."

Es brauchen immer mehr Menschen Hilfe, auch in Tirol. Eine Herausforderung für die Kirche?
Scheuer: "Es geht nicht darum, Tirol schlecht zu reden, aber Kinderarmut oder die gestiegenen Zusprüche in den Sozialmärkten nehme ich wahr. Daher geht es für alle darum, Menschen in dieser Armut wahrzunehmen und ihnen zu helfen."

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