Neues Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz

Soziallandesrätin Christine Baur und Silvia Rass-Schell, Vorständin der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe, präsentieren das neue Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz. | Foto: Land Tirol/Iris Reichkendler
  • Soziallandesrätin Christine Baur und Silvia Rass-Schell, Vorständin der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe, präsentieren das neue Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz.
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TIROL. Am 20. Dezember tritt das neue Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz (TKJHG) in Kraft und löst damit das Tiroler Jugendwohlfahrtsgesetz 2002 ab.

"Sicherung des Kindeswohls in erster Linie Aufgabe der Familie"

„Mit dem neuen Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz haben wir ein modernes Gesetz, das – wie auch das Vorgängergesetz – das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt“, erläutert Soziallandesrätin Christine Baur. Das Wohl des Kindes habe bei allen Maßnahmen von öffentlichen und privaten Einrichtungen stets Vorrang. Dies entspricht auch dem 2011 beschlossenen Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder.
Die Sicherung des Kindeswohls sei in erster Linie Aufgabe der Familie, aber vor allem auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, so Baur.

Verdacht einer Gefährdung des Kindes wird geprüft

Liegt der Verdacht einer Gefährdung des Kindes oder Jugendlichen vor, so ist dieser Verdacht von den Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe zu prüfen. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe sind in einem sehr verantwortungsvollen und schwierigen Aufgabenfeld tätig. Doch auch die größte Sorgfalt und das beste Gesetz können den Kinderschutz nicht zu 100 Prozent garantieren“, stellt LRin Baur klar.
Damit der Schutz von Kindern und Jugendlichen bestmöglich gesichert ist, sind im neuen Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz das bereits angewandte Vieraugen-Prinzip oder die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, aber auch ihrer Eltern in der Hilfeplanung gesetzlich verankert.

Betroffene in die Hilfeplanung miteinbeziehen

Wenn Kinder und Jugendliche in die Hilfeplanung miteinbezogen werden, dann sind die behördlichen Unterstützungsleistungen näher am Kind dran: „Entscheidungen werden nicht über den Kopf von Minderjährigen und deren Eltern getroffen. Schon beim Erstgespräch mit der Kinder- und Jugendhilfe sitzen die Betroffenen am Tisch. Gemeinsam wird versucht, eine Vorgangsweise zu vereinbaren, die für alle Beteiligten annehmbar ist“, präzisiert Baur.
Wer Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe erhält oder erhalten hat, hat außerdem künftig das Recht auf Akteneinsicht. „Datenschutz wird in der Kinder- und Jugendhilfe nach wie vor großgeschrieben. Gleichzeitig wird aber großer Wert auf Transparenz gelegt“, erklärt Baur. Verlängert wurde deshalb auch die Dauer der Aktenaufbewahrung.

Vieraugenprinzip

Erfährt die Kinder- und Jugendhilfe von einer möglichen Kindeswohlgefährdung, wird in einem ersten Schritt die Gefährdung abgeklärt. „Wenn wir die Gefahrensituation einschätzen, dann tun wir dies nach dem Vieraugenprinzip. Das heißt, dass nicht eine Fachkraft allein die Gefahr beurteilt, sondern die Situation von mindestens zwei Kolleginnen und Kollegen bewertet wird“, erläutert Silvia Rass-Schell, Vorständin der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe. Dieses Vieraugenprinzip ist nunmehr gesetzlich verankert.
Das Gesetz beinhaltet auch mehr Befugnisse für die Kinder- und Jugendanwaltschaft. Beispielsweise kann diese auch ohne Einwilligung des Trägers direkt mit den Kindern und Jugendlichen in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe Kontakt aufnehmen.

Weiterführende Planung

Für LRin Christine Baur ist das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz ein Auftrag, ständig weiterzuarbeiten: „Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe steigen stetig. Darauf nehmen wir in der Ressourcenplanung laufend Rücksicht.“ Das betrifft auch den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder und Jugendliche in Wohngemeinschaften.
Können familiäre Probleme durch Unterstützung der Erziehung nicht bewältigt werden, werden Minderjährige in einer familienähnlichen Einrichtung, in einer Pflegefamilie, in einer sozialpädagogischen Einrichtung oder im Rahmen des betreuten Wohnens untergebracht.

In Krisensituationen ist es schwer einen adäquaten Platz für Kinder zu finden

„Allein im letzten Jahr wurden tirolweit 27 neue Plätze inklusive einer Mutter-Kind-Einrichtung geschaffen“, berichtet Baur. Weitere neun Plätze entstehen im nächsten Jahr. Speziell in Krisensituationen ist es eine große Herausforderung, einen adäquaten Platz für das Kind oder den Jugendlichen zu finden. Hier leisten im Raum Innsbruck die Einrichtungen CHill out und KIZ wertvolle Arbeit. Denn waren 2003 am Stichtag 31.12. noch 417 Kinder und Jugendliche in der so genannten Vollen Erziehung, so mussten 2012 am Stichtag 31.12. schon 506 Minderjährige außerhalb ihrer Familie untergebracht werden. 2012 waren insgesamt 759 Minderjährige in der Vollen Erziehung.

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