Sind Schmetterlinge intelligenter als die Wissenschaft vermutet?

Schlauer C-Falter (Polygonia c-album) auf seinem Stützpunkt, dem Brückengeländer einer Metallbrücke, die über das Mitterwasser führt, welche sich im Naturschutzgebiet Traun-Donau-Auen befindet.
  • Schlauer C-Falter (Polygonia c-album) auf seinem Stützpunkt, dem Brückengeländer einer Metallbrücke, die über das Mitterwasser führt, welche sich im Naturschutzgebiet Traun-Donau-Auen befindet.
  • hochgeladen von Franz Huebauer

Diesen Artikel widme ich meiner Mutter, die eine Perle von Mensch ist und deshalb in meinem Herzen stark verankert sei!

Beurteilen Sie selbst, ob dieses bei Schmetterlingen (Lepidoptera) zutrifft.
Dazu werde ich ein paar Punkte aus meinen häufigen, teils sehr intensiven Beobachtungen aufzeigen, die doch etwas mehr an Intelligenz bei den Faltern vermuten lässt, welche man diesen Tieren überhaupt nicht zugetraut hätte.

Nachfolgend werden auch Verhaltensweisen angeführt, die, meines Wissens, noch nicht veröffentlicht wurden.

1. Intelligente Kommunikation
Am Anfang meiner Forschungstätigkeit war es mein angestrebtes Ziel, nicht nur schriftliche Aufzeichnungen durchzuführen, sondern auch ansprechende Fotos von den Schmetterlingen zu erhalten, was damals mit dem Handy – meiner simplen Erstausrüstung - schier unmöglich erschien, da man doch sehr nahe an die Schmetterlinge heran musste, um für spätere Publikationen, gute Makroaufnahmen zu bekommen.

Kam man, mit dem Handy, den Schmetterlingen zu nahe, flüchteten diese meist sofort und man hatte häufig das Nachsehen. Auch das langsame Annähern brachte nicht den gewünschten Erfolg, da man, um formatfüllende Makros zu bekommen, bis auf 10 cm heran musste, was nahezu unmöglich erschien.

Hummelbeobachtungen lösten schließlich das Problem. Konkret war es die Steinhummel (Bombus lapidarius), welche mich zu weiteren Forschungen animierte.
Näherte man sich der Hummel auf die beschriebene Distanz, hob diese ein Bein an und streckte es in Richtung Beobachter hin aus, was mir sofort zu verstehen gab, das sich, in diesem Augenblick, die Hummel gestört fühlen würde.

Nun dachte ich mir, ob nicht auch Schmetterlinge solche optischen Störsignale - wie ich diese später nannte - abgeben würden.
Meine Studien ergaben, das genau dieses der Fall war und Lepidoptera ein verblüffend ähnliches Verhalten an den Tag legte, welches mir vorerst komplexer erschien, da die Vermittlung mittels verschiedener Gesten erfolgte, womit die Falter letztendlich dasselbe zum Ausdruck brachten, was aber artspezifisch unterschiedlich ausfallen kann.

Wurden nun deren optischen Signale beachtet, welche die Falter durch wippende oder vibrierende Flügelbewegungen, aufstampfen der Beine, oder abwechselnden Auf- und Abwärtsbewegungen ihrer Fühler zum Ausdruck brachten, gelangen mir schließlich Annäherungen bis in Fühlernähe, womit auch der Erhalt von Fotos wesentlich vereinfacht wurde.

2. Komplexes Denken
Im Naturschutzgebiet Traun-Donau-Auen befindet das Mitterwasser - ein naturbelassenes Altwasser - welches sich in der Nähe des Linzer Weikerlsees befindet.

Dort konnte ich mehrmals ein doch sehr ungewöhnliches Verhalten eines C-Falters beobachten, welches komplexes Denken vermuten lässt.
An sonnigen Spätsommertagen saß, auf oder neben einer Metallbrücke, ein C-Falter auf seinem Stützpunkt, welcher ein abgeflachter Stein oder das Geländer der Brücke (Foto) selbst darstellte. Auf diesen bevorzugten Stellen saß dieser Falter häufig und sonnte sich dort, wobei er die Flügel ganz geöffnet hielt.
Wurde es ihm einmal zu heiß, suchte dieser im Wasser die ersehnte Abkühlung.
Zuvor aber kreiste der C-Falter mehrmals, in großen spiralförmigen Kreisen, oberhalb des Wassers und ich fragte mich, warum er dieses tat.
Nach mehreren derartigen Beobachtungen war mir klar, dass dieser Falter die großen Fische im Wasser genau beobachtete – es waren fünf bis sieben große Döbel bis etwa 50 cm Länge – ob sie denn gerade in diesen Gewässerabschnitt patrollierten. Waren sie nicht zu sehen, flog das intelligente Kerlchen ins Wasser und tauchte darin kurz ein, um dann abgekühlt seine Stützpunkte, die der C-Falter mitunter manchmal wechselte, anzusteuern.

3. Keine unsinnigen Flüge
Aus meinen vielen Beobachtungen ging hervor, das kein Flug der Schmetterlinge umsonst war. Alle Flüge hatten eine sinnvolle Bewandtnis, ob dieses nun die Futtersuche an sich betraf, oder das Auffinden geeigneter Pflanzen für die Eiablage. Auch die wichtige Partnersuche war hierbei sein Ziel.

4. Kluges Balzverhalten
Mein Hauptinteresse gilt dem Balzverhalten von Schmetterlingen, welches gleichfalls Intelligenz bei Lepidoptera bestätigt.
Der Vorgang einer Balz kann in ähnlicher oder gravierend unterschiedlicher Weise ablaufen. Wenn dabei Abläufe noch komplexer ausfallen, siehe Rapsweißling (Pieris napi), wo mit dem Tarsen - Letzter Beinabschnitt eines Gliederfüßers - geschmacklich die Paarungsbereitschaft des Weibchens überprüft wird, nachdem das Weibchen dem Männchen, mittels aufgestellten Abdomen - Hinterleib von Gliederfüßern - dessen Paarungsunwilligkeit signalisierte, lässt auf mehr schließen.

5. Instinktauslösende Schutzsuche bei Schlechtwetter
Da Lepidoptera schon im Vorhinein Wetterveränderungen spüren, profitierte auch ich bereits von deren Wetterfühligkeit und suchte, wie diese vorher bereits tun, Schutz vor einem herannahenden Regen.
Der Flug der Falter wird durch herabfallende Regentropfen beeinträchtigt, was ein Instinktverhalten auslöst, um vorzeitig etwa im hohen Gras oder anderen trockenen Orten, wie Baumhöhlen, sowie unter Blättern von Bäumen und Sträuchern Schutz zu suchen.

6. Verhaltensänderung bei extremer Hitze
Wird es den Schmetterlingen heiß, suchen diese kühlere Orte auf. Sie verstecken sich dann entweder im hohen Gras, fliegen in Sträucher, oder halten sich im Auwald auf, was ich gleichfalls im Linzer Naturschutzgebiet Traun-Donau-Auen feststellen konnte.

Speziell im dichten Auwald waren dann Falter zu sehen, die sich dort im Normalfall nicht aufhalten würden. Das Gleiche gilt aber auch für typische Wiesenarten (Halbtrockenwiese), welche man plötzlich in Sträuchern fand, die von ihrer angestammten Wiese bereits weiter entfernt waren.

Da alle von mir aufgezählten Punkte ein gewisses Maß an Intelligenz von Lepidoptera aufzeigen, wenn auch manchmal instinktiver Natur, verdeutlichen sie doch ein komplexeres Denkvermögen, welche diese wunderschönen Geschöpfe aufweisen.

7. Schlafplatzwahl mit Bedacht
Deren Schlafplätze, die sich oft außerhalb ihrer tatsächlichen Reviere befinden, werden bevorzugt so gewählt, das stets die Tarnung selbst im Vordergrund stand, damit die Falter für ihre Fressfeinde schier unsichtbar waren. Dabei suchen die Schmetterlinge sich zumeist die Pflanzen aus, welche der Farbe ihrer Flügelunterseite entspricht oder sehr ähnlich erscheint. Außerdem wird auch noch der Standort für den Zugang der Abend- und Morgensonne bei der Auswahl berücksichtigt.

8. Farbenpracht nicht für Partnerwahl entscheidend
Aus meiner bisherigen Feldforschung geht hervor, das nicht die Farbenpracht für die Partnerwahl entscheidend war, sondern Dominanz und Stärke.
Lehnten Weibchen den Partner ab, konnte auch der Einsatz von Duftschuppen der Männchen - falls vorhanden - nichts an der Entscheidung der Weibchen ändern.
Der Einsatz von Duftschuppen - die nur auf kurze Distanzen wirken - könnte bereits im Vorfeld eine Ablehnung, von Seiten des Weibchens her, auslösen, welche die Männchen umgangssprachlich dann eben nicht riechen können.

9. Einfallsreiche Platzfindung für Diapause
Neben den bereits bekannten Plätzen, wo Falter ihre Diapause = stoffwechselreduzierter Winter- sowie Sommerschlaf verbringen, suchen sich die Schmetterlinge Plätze aus die doch sehr ungewöhnlich erscheinen, wie nicht mehr benötigte Abluftstutzen von Gas-Außenwandkonvektoren, wo diese durch breitere Schlitze der Abdeckhaube in das Innere gelangen können. Sogar unter Containern einer Baustelle, die über die Wintermonate standen, war es mir bereits möglich welche zu entdecken.

10. Überwinternde Wanderfalter
Bei einigen Wanderfaltern, wie zum Beispiel den Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) und Admiralen (Vanessa atalanta), überwintern bereits einige Individuen dieser Arten hier und ziehen nicht mehr, wie gewohnt, in den wärmeren Süden.
Die milderen Winter, die wir der Klimaveränderung verdanken, blieben auch diesen Faltern keineswegs verborgen.
Sie müssen also somit diese Veränderungen spüren beziehungsweise erkennen!

11. Wetterumschwünge lösten vorzeitige Schutzsuche aus
Bei meiner Feldforschung entging mir die Wetterfühligkeit von Schmetterlinge nicht, da diese, noch bevor der Regen einsetzte, im hohen Gras oder andernorts Schutz suchten.

Ihr Linzer Schmetterlingsflüsterer
Franz Huebauer

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