"In der Kampfkunst lernt man nie aus"
Zwei junge Linzer eröffnen "Wing Tai"-Schule in der Innenstadt.
Beim Kampfsport gibt es klare Verhältnisse: Die Kämpfer sind gleich schwer, treten freiwillig an und es gibt strenge Regeln. Eine Selbstverteidigungssituation kann man hingegen nie vorhersehen. Der Angriff erfolgt meist von körperlich überlegeneren Personen, die oft auch bewaffnet sind. "Selbstverteidigung ist daher ein wichtiger Bestandteil von Wing Tai", erklärt Andreas Schaufler. Gemeinsam mit Victoria Gfrerer eröffnet der 29-Jährige am 26. Oktober eine "Wing Tai"-Schule in der Prunerstraße 6. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges System, das verschiedene Konzepte und Prinzipien südostasiatischer und europäischer Kampfkünste vereint. "Wing Tai ist die Kunst, sich und andere mit und ohne Waffen beschützen zu können. Unser eigentliches Ziel ist es jedoch, kämpfen zu lernen, um nicht kämpfen zu müssen. Denn je länger man sich mit Kampfkunst beschäftigt, desto gelassener reagiert man bei Konflikten", sagt Schaufler.
Kampfkunst und Selbstverteidigung
Die Kampfkunst ist besonders dynamisch und flexibel und wird gekennzeichnet durch flügelartige Bewegungen sowie Rotationen. Diese dienen dazu, die Kraft optimal zu entfalten. Die beiden Linzer sind die ersten, die die Sparte "Protection Concepts" – gewissermaßen das Survival-Programm der Selbstverteidigung – in Österreich unterrichten. Ihre Ausbildung absolvierten sie in Deutschland bei Heinrich Pfaff, dem Entwickler von Wing Tai. "Das oberste Ziel von ,Protection Concepts' ist nicht, den Gegner zu besiegen oder K.O. zu schlagen, sondern selbst gesund nach Hause zu kommen", sagt Gfrerer. Da man sich Notfallsituationen aufgrund des Überraschungseffekts nicht aussuchen kann, vermittelt Wing Tai das Kämpfen sowohl mit als auch ohne Waffen. "Beinahe jeder alltägliche Gegenstand kann im Ernstfall als Waffe eingesetzt werden, etwa ein Schlüsselbund oder ein Kugelschreiber. Bei Wing Tai lernt man, sich für Gegenstände verschiedener Beschaffenheit eine Bewegungsmotorik anzueignen, um einen Kampf erfolgreich zu führen oder diesen zu vermeiden", so Schaufler. Trainiert wird etwa mit Stöcken in verschiedenen Längen.
Mit Druck umgehen lernen
Die Übungsstunden finden drei Mal pro Woche in Kleingruppen für verschiedene Levels statt. "Wir beginnen mit entspanntem Üben. Anschließend wird der Druck erhöht. Die Teilnehmer steigern so ihre Stresstoleranz", erklärt Gfrerer. Vor allem für Frauen ist es sinnvoll, sich mit dem Thema Selbstverteidigung nicht nur theoretisch und praktisch, sondern auch in Stresssituationen zu befassen. "Besonders wichtig ist dabei, dass regelmäßig geübt wird. Nur durch häufige Wiederholungen und das Üben mit vielen verschiedenen Trainingspartnern gewinnt man die Lockerheit und Routine, die lebensrettend sein kann", sagt Schaufler. Wing Tai verbessert dabei auch das Bewegungsgefühl, stärkt die körperliche Leistungsfähigkeit und hilft im Alltag, mit Druck umzugehen.
Eigenes Programm für Kinder
Besonders viel Wert legen Gfrerer und Schaufler auf das spezielle Kinderprogramm "Kids Concepts". Dabei handelt es sich um ein kindgerechtes Kung Fu-Programm für alle ab sechs Jahren. Anhand der verschiedenen Elemente der fünf typischen Kung Fu-Tiere werden strukturierte Bewegungskonzepte vermittelt. Darüber hinaus sollen die Kinder auch lernen, sich selbst zu behaupten und zu schützen. "Bei Übergriffen sind Kinder körperlich und geistig unterlegen. Hier sollen sie nicht nur lernen, sich richtig zu verhalten, um gar nicht in so eine Situation zu kommen, sondern auch, wie man sich im Notfall daraus befreien kann", sagt Schaufler.
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