Wie Pflege in Zukunft finanziert werden soll
Die Pflegevorsorge steht in Österreich – wie auch in anderen Ländern Europas – vor großen Herausforderungen.
Die Lebenserwartung steigt erfreulicherweise kontinuierlich, damit steigt freilich auch die Zahl potenziell Pflegebedürftiger. Statistiken zeigen, im Jahr 2030 wird es bis zu 800.000 Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher in Österreich geben. Gleichzeitig werden die öffentlichen Budgets knapper und durch geburtenschwache Jahrgänge gibt es immer weniger Menschen, die das System finanzieren können.
"Pflegefinanzierung ist nicht abgesichert"
Soll in Österreich eine verpflichtende Pflege-Vorsorge eingeführt werden? „Die Einführung einer verpflichtenden Pflegeversicherung fordere ich schon seit Jahren in den verschiedensten Gremien", sagt dazu Salzburgs Finanz- und Gesundheitsreferent LH-Stv. Christian Stöckl. "Gerade jetzt im Zuge der Finanzausgleichs-Verhandlungen wird wieder bewusst, dass die Pflegefinanzierung für die Zukunft nicht ausreichend abgesichert ist. Deshalb müssen wir mit einer verpflichtenden Pflegeversicherung Vorsorge treffen, damit auch künftig jeder Mensch die Pflege bekommt, die er braucht.“
Anders Sozial-Landesrat Heinrich Schellhorn (GRÜNE). Er zieht eine für die Pflegefinanzierung zweckgewidmete Erbschafts- und Schenkungssteuer vor. "Mit einer verpflichtenden Pflegeversicherung würden wir wieder den Faktor Arbeit belasten. Wir haben aktuell den Trend, dass immer weniger Seniorenheimbewohner ihr Leben im Seniorenheim selbst finanzieren – weil sie ihr Vermögen rechtzeitig und steuerfrei übertragen haben."
"Private Pflege-Vorsorge ist unerlässlich"
"Was wir brauchen, sind staatliche Anreize, etwa in Form von steuerlichen Begünstigungen, damit sich die private Pflegevorsorge noch stärker verbreitet. Im Moment stehen wir in der Pflege nämlich da, wo wir in der Pensionsvorsorge vor 30 Jahren gestanden sind. Was die Frage der Finanzierung der Pflege betrifft, halten wir, wie auch in der Altersvorsorge, die Kombination von privaten und staatlichen Vorsorgemodellen für sinnvoll", betont Kurt Molterer, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Versicherung.
Ob, und wie eine verpflichtende staatliche Pflegeversicherung sinnvoll umgesetzt werden könne, müses auf politischer Ebene diskutiert werden, so Molterer weiters. "Wir wissen allerdings aus ähnlichen Bereichen, wie der Alterspension oder Berufsunfähigkeitsrente, dass auch im Falle einer staatlichen Grundversorgung eine finanzielle Lücke für den Betroffenen offen bleibt."
"Private Vorsorge staatlich fördern"
"Wir sind überzeugt davon, dass eine private Pflegevorsorge integraler Bestandteil einer umfassenden Vorsorge ist. Denn diese ist das einzige adäquate Instrument, um die Lücke zwischen Pension und Pflegekosten zu schließen", sagt Martin Panosch, Landesdirektor Salzburg der Wiener Städtischen. "Wer privat vorsorgt, dem bleiben entscheidende Freiheiten. Ausreichende, professionelle Pflege – auch in den eigenen vier Wänden – bleibt finanzierbar, laufende Kosten bleiben gedeckt und der private Besitz bestmöglich geschützt." Ein weiterer wichtiger Schritt wäre, die private Pflegevorsorge staatlich zu fördern. Dies wäre im Rahmen der Zukunftsvorsorge denkbar.
Was immer noch unterschätzt werde, ergänzt Martin Panosch, ist, dass Pflegebedürftigkeit keinesfalls eine Frage des Alters ist – das Schicksal könne nach einem Unfall bereits in jüngeren Jahren zuschlagen.
Pflegevorsorge muss sich in Köpfen erst verankern
"Nur zwei Prozent der Österreicherinnen und Österreich haben schon eine private Pflegeversicherung, das zeigt, dass hier noch enormer Aufholbedarf besteht", weiß Uniqa-Vorstand Landesdirektor Peter Humer. "Wir sind aber davon überzeugt, dass die Pflegevorsorge in den nächsten Jahren massiv an Bedeutung gewinnen wird – die Entwicklung sehen wir ähnlich wie in der privaten Pensionsvorsorge, auch hier hat es viele Jahre gedauert, bis sie tatsächlich in den Köpfen der Menschen verankert war.
Zum Abschluss noch ein paar Zahlen:
Von 400.000 Pflegebedürftigen in Österreich werden etwa fünf Prozent in Pflegeheimen betreut. Etwa zehn Prozent der Betroffenen werden von sozialen Diensten betreut. 80 Prozent werden in der Familie von Angehörigen oder anderen privaten Helfern gepflegt.
Die Generation der 100-Jährigen
Laut Statistik Austria werden 2030 gut 30 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre alt sein. Weltweit haben bereits 343.000 Menschen ihren 100. Geburtstag erlebt. Bis 2050 soll sich die Zahl der über Hundertjährigen weltweit verzehnfachen. In Österreich dürfte durchschnittlich jedes zweite Neugeborene seinen 100. Geburtstag erleben.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.