Bewerbung als Kulturhauptstadt? Keine Priorität, denn: "Der Titel Kulturhauptstadt ist inflationär geworden"

Ingrid Tröger-Gordon leitet die Abteilung 2 im Magistrat – Kultur, Bildung und Wissen.
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  • Ingrid Tröger-Gordon leitet die Abteilung 2 im Magistrat – Kultur, Bildung und Wissen.
  • hochgeladen von Stefanie Schenker

Sie sind eine von nur zwei Abteilungsleiterinnen im Magistrat Salzburg. Sagt das etwas aus über die Personalpolitik im Magistrat?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Natürlich sagt das etwas darüber aus. Es ist ein Abbild der gesellschaftlichen Strukturen. Wir sind aber immerhin ein Beispiel dafür, dass sich etwas in die richtige Richtung bewegt. Ich leite die Abteilung 2 seit 1993. Damals, vor 22 Jahren, war weit und breit keine Frau in Führungsposition im Magistrat zu sehen. Jetzt haben wir immerhin einige Amtsleiterinnen. Auch in der Politik, im Gemeinderat, waren Frauen damals eher eine Ausnahmeerscheinung.

Warum war ausgerechnet der Kulturbereich einer, in dem früh eine Frau an die Spitze kam?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Generell sind im Kultur- und Wissensbereich mehr Frauen in Führungspositionen. Weil hier Empathie gefragt ist und weil man sich mit Menschen und ihren Ideen stark auseinandersetzen muss. Wir setzen ja oft auf junge Künstlerinnen und Künstler, die erst am Beginn ihrer Laufbahn stehen.

Was braucht es generell, damit mehr Frauen an Spitzenpositionen kommen?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Die Gleichstellung der Frau funktioniert relativ gut, solange sie keine Kinder hat. In dem Moment, in dem die Frage auftaucht, wer für die Versorgung der Kinder zuständig ist, ändert sich das. Denn eine Position wie meine verlangt, dass ich auch abends um 18 Uhr auf eine Sitzung oder Veranstaltungen gehe. Dafür muss man freigespielt sein. Kritisch ist, dass Frauen auch heute noch gezwungen werden, sich zu entscheiden. Führungspositionen und Kinderbetreuung – und die hängt nach wie vor mehr an den Frauen – sind leider oft schwer miteinander vereinbar.

Spielt Gendergerechtigkeit im Kulturbudget eine Rolle?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Das Kulturbudget ist nach diesem Gesichtspunkt nicht analysiert, so ehrlich muss ich sein. Aber ich behaupte, dass wir, was dieses Thema angeht, relativ ausgewogene Verhältnisse haben und dass unser Budget einer solchen Analyse standhalten würde. Das liegt auch daran, dass die Kultureinrichtungen selbst ein hohes Bewusstsein dafür haben. Übrigens: Vor zwei Jahren haben wir in der Stadtbibliothek ein eigenes Bubenförderungsprogramm gestartet, weil es in der Lesefreudigkeit bei den Buben einen starken Nachholbedarf gibt.

2004, als es um die Bewerbung für die europäische Kulturhauptstadt 2009 ging, haben Sie einen negativen Amtsbericht dazu abgegeben – auch weil das Mozartjahr 2006 stattgefunden hat. Wie sieht es für 2024 aus? Ist Salzburg reif für eine Bewerbung?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Ich verhehle nicht, dass ich diesem Titel kritisch gegenüberstehe, weil wir ohnehin laufend sehr viel dafür tun, um eine lebendige und attraktive Kulturstadt zu sein. Wir brauchen dazu keinen Sonderauftrag. Inzwischen ist der Titel 'Kulturhauptstadt' auch etwas inflationär geworden. Er ist eine Möglichkeit für Städte, ihr Profil im Kulturbereich zu stärken – wir tun das aber ohnehin permanent. Ich sehe eine Bewerbung also nicht als prioritär.

Sound of Music kennt man in den USA, Mozart kennt man weltweit: Soll sich Salzburg auch als Stadt der jungen Künstler einen Namen machen?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Das ist tatsächlich ein Thema, um das wir ringen – indem wir versuchen, Salzburg z.B. mit der Salzburg Biennale oder dem Aspekte Festival auch als Stadt für das Zeitgenössische zu positionieren. Ich sehe es als wesentliche Aufgabe, nicht nur auf das kulturelle Erbe zu setzen. Freilich, touristisch gesehen: In Japan werde ich mit zeitgenössischer Kunst aus Salzburg nicht in diesem Ausmaß punkten, im touristisch näheren Umfeld aber doch.

Ist die Integration von Flüchtlingen auch ein kulturelles Thema, wird das kulturelle Leben in der Stadt durch mehr Vielfalt bereichert?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Ja, und ein großes Lob muss ich hier an Kultureinrichtungen wie das Literaturhaus oder das Landestheater und viele Vereine aussprechen, die sich dieses Themas annehmen. Wenn wir Integration wollen, dann ist es auch wichtig, dass wir die Kultur von Zuwanderern, nicht nur von Flüchtlingen, anerkennen. Damit wir sie als Publikum und als Mitwirkende in der Kunst und Kultur gewinnen.

Wie glücklich sind Sie mit der Übersiedlung der Stadtgalerie nach Lehen?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Ich bin glücklich über die Räumlichkeiten in Lehen. Der Standort ist etwas schwierig, da er lange Zeit Baustelle war. Wir versuchen, interessiertes Publikum durch unterschiedlichste Veranstaltungen anzusprechen, und das funktioniert erstaunlich gut. Was uns auch hilft, sind die Bildungseinrichtungen vor Ort. Der Standort braucht aber noch ein bisschen Zeit, er muss atmosphärisch noch wärmer werden.

Auf welche kommende Veranstaltung freuen Sie sich persönlich ganz besonders?
INGRID TRÖGER-GORDON:
Im Rahmen des Projekts 'Wissensstadt' starten wir im April eine neue Gesprächsreihe in der Panoramabar in Lehen. Dabei bringen wir Forschungsschwerpunkte der Universität Salzburg an die Öffentlichkeit, sozusagen ans Licht. Wissenschaftler der Universität Salzburg werden ihre Themen in einer Art offener Vorlesung präsentieren und mit den Besuchern darüber diskutieren.

Mehr https://sbg.lko.at/?id=2500,,,1238&short=Gesch%E4ftseinteilung%3BFachabteilungen%3BForstwirtschaft

Interessiert an mehr Chefinnen-Gesrpächen? Hier geht es zur Interview-Reihe "Chefinnen-Gespräch".

Ingrid Tröger-Gordon leitet die Abteilung 2 im Magistrat – Kultur, Bildung und Wissen.
Ingrid Tröger-Gordon leitet die Abteilung 2 im Magistrat – Kultur, Bildung und Wissen.
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