Der Flüchtling - das unbekannte Wesen

Wir wissen nichts von ihrem Leben und Schicksal - aber wir urteilen und verurteilen.
Wir werfen alle in einen Topf und kriminalisieren sie ganz einfach, um uns davor zu schützen, unseren Standpunkt verändern zu müssen, denn das ist unbequem.
Während meines Studiums an der Uni Klagenfurt habe ich in einem Praktikumsemester mit traumatisierten Flüchtlingen aus verschiedenen Herkunftsländern ein Malprojekt durchgeführt, wo ich anhand von anwesenden Dolmetschern auch ihre Lebensschicksale wenigstens zu einem kleinen Teil erfahren konnte - und auch aus ihren Bildern, in denen das Unaussprechliche zu lesen war.
Seither habe ich im alltäglichen Leben sehr viele "Fremde" kennengelernt, lebte und lebe mit ihnen auch in unmittelbarer Nachbarschaft, habe keine Scheu, sie anzusprechen oder zum Essen oder auch zum Kochen einzuladen. Sie sind durchwegs hilfsbereit und die Kinder sind eine Bereicherung in unserer Gasse.
Niemand hat mir jemals etwas gestohlen oder sonst etwas angetan, nein, sie brachten auf irgendeine Weise immer wieder Glück in mein Leben.
Das Kind einer bosnischen Flüchtlingsfamilie kam jahrelang nachmittags zu mir, weil es allein war und die Mutter arbeitete. In der Nachbarschaft war sie als frecher Fratz verschrien, bei mir war sie gottvoll! Wir verbrachten so wunderschöne Stunden miteinander, und sie nannte mich ihre zweite Mama. Eines Tages brachte sie ein winziges Kätzchen und bat mich, es zu doch füttern, damit es nicht verhungert, weil sie dürfte es nicht in die Wohnung bringen, sie hätten ja schon einen Kater. Ich wehrte mich zwei Wochen gegen die Vorstellung, für eine Katze sorgen zu müssen, dann aber wollte ich sie auf keinen Fall mehr hergeben. Sie brachte nach einem Jahr vier Junge zur Welt, und es war für mich eine unglaublich schöne und glückliche Zeit mit den Lebewesen in Haus und Garten.
Eine anfangs verzweifelte Türkin, die ich jahrelang betreute, hat jetzt ein Baby und ich kann genießen, was ich selbst nie hatte: ein Kind in meinen Armen.
Am Christtag 2014 sah ich auf einer Bank einen Mann sitzen, in sich gebeugt, und ich konnte nicht vorübergehen, ohne ihn zu grüßen und ein Gespräch zu beginnen. Es war ein Flüchtling aus Syrien, dessen Frau und Kinder noch in der Türkei auf die Einreise nach Österreich warten mussten. Wir gingen gemeinsam ein Stück Weges, dann lud ich ihn auf Tee und Kuchen ein. Er hatte niemand in Völkermarkt, mit dem er sich hätte anfreunden können, nur einen Freund in Klagenfurt. Natürlich gab ich ihm noch eine Portion vom Mittagessen und Kekse mit.
Am Neujahrstag läutete es an der Haustür, er stand da mit einem halben Lammrücken und sagte: "Ich möchte mit dir teilen".
Wer solches nicht erlebt hat, weil er sich versperrt, weiß nicht, wie glücklich man eigentlich sein kann.
Vor einigen Jahren hatte ich einen großen Topf Kartoffelsuppe gekocht, setzte mich zum Essen in die Gartenlaube und dachte mir als Tischgebet: "Lieber Gott, danke, mir geht es so gut - könnte ich das, was jetzt für mich zu viel ist, doch dorthin bringen, wo Menschen hungern müssen."
Als mein Teller leergegessen war, stand im Carport ein Schwarzer und grüßte höflich. Ich dachte zunächst, ich träume von Afrika ... ging dann aber auf ihn zu, dachte an mein Tischgebet und fragte ihn auf Englisch: "Are you hungry?" Er nickte und ein hoffnungsvoller Glanz trat in seine Augen. Ich bat ihn, in der Gartenlaube Platz zu nehmen und servierte ihm einen Teller Kartoffelsuppe. Er erzählte mir in schlechtem Englisch von seiner Flucht mit einem Boot übers Mittelmeer. Sein Vater war in Nigeria umgebracht worden, und nun hatte er Angst, dass ihm das auch geschieht - und außerdem hatte seine Mutter kein Geld, die Schwester ging noch zur Schule. Er war auf Betteltour, um ihnen das Geld zum Überleben zu schicken.
Sein "Danke Mama" hörte ich noch einige Jahre immer wieder, wenn er zu Besuch kam, aber eines Tages rief er an und sagte, er fliegt nach Nigeria zu seiner Mutter und Schwester. Das war wohl eher eine Abschiebung?????
Er kam nie wieder ...

Es mag natürlich sein, dass so mancher auch schlechte Dinge über Fremde zu erzählen hat -
und ich hätte auch viel schlechte Dinge von Einheimischen zu erzählen, die mir Schlimmes angetan haben, von Kindheit an, ohne dass ich deshalb eine Inländerphobie erlitten habe.

http://tvthek.orf.at/program/Eco/1346/Eco/9721385/Arbeit-fuer-Asylanten/9721388
bis 14. Mai abrufbar

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