Ich hasse Fisch

Ich hasse Fisch.

Kindesmissbrauch auf kulinarische Art

Es war in den 60ern. Ich war damals vier Jahre alt und schon ein schönes Resterl (etwas übergewichtig). Aus welchen Grund auch immer, ich wurde für die Kinderland-Verschickung nominiert. Normaler Weise kamen dorthin nur magere, untergewichtige Nachkriegskinder zum Zug.
Vielleicht hatte mein Vater Beziehungen oder er wollte vier Wochen von seiner Krätze (auch Gfrast, unleidlicher Bub) Ruhe haben.

Also wurde ich nach Aflenz, heute Kurort, verschickt. Es begann mit einem Drama. Wir dürften in Aflenz kein Wasser trinken. Warum, hatte man den kleinen Würmen nicht gesagt. Es war auch uninteressant. Kein Wasser. Schluss. Statt dessen wurde Tee gekocht. Nicht in ausreichender Menge, was zur Folge hatte, dass des nächstens doch Wasser getrunken wurde. Manchmal mit unangenehmen Auswirkungen.. Wurden die Kinder erwischt, waren Strafen unvermeidbar. Manche der Kleinen litten unter Durchfall und wurden so überführt. Mehr Tee gab’s trotzdem nicht.

Am schlimmsten war für mich aber die Sardellenbutter. Jeden Tag. Und jeden Tag habe ich mich aufs Klo geschlichen, und ich musste kotzen. Es war ein Martyrium. Als ich nach vier Wochen nach Hause fuhr hatte ich Normalgewicht, was gar nicht so schlecht gewesen ist. Meine Mutter holte mich mit ihrem schönsten Sommerkleid am Südbahnhof ab und wäre fast in Ohnmacht gefallen, so dünn war ich. Und oberdrein dreckig.

Ein Jahr später war meine Mutter in den Wehen. Mein Vater - er war Polizist - hatte sich Urlaub genommen Eines Tages brachte er einen in Plastik verpackten Bückling (Fisch) für das Abendessen mit. Dieser roch (stankt) schon durch das ungeöffnete Sackerl. Erinnerungen an Aflenz wurden wach. “Das ess’ ich nicht”, sagte ich meinem Vater. “Doch”, meinte er und verpasste mir eine Tachtel (Ohrfeige). Ich aß trotzdem nicht. Und auf Grund des Geruchs musste ich mich übergeben. Dann endlich hatte ich von meinem Vater Ruhe.

Einige Zeit verging. Meine Familie - wir waren inzwischen zu viert - machte beim “Nordsee” in der Nähe des “Wimberger” (klassisches Hotel im 15 Bezirk) einen Stopp. Das war nichts ungewöhnliches. Es war günstig und man brauchte nicht kochen. Die “Nordsee” damals ist mit der heutigen “Nordsee” nicht zu vergleichen. Also dort aßen wir wie jedes Mal ein gebackenes Dorschfilet. Dazu hatte ich mich bereiterklärt. Jedoch: An diesem besagten Tag schluckte ich eine Gräte. Mit dem gleichen Ergebnis wie bei der Sardellenbutter und dem Bückling. Was sehr gut war, denn ich bin nicht erstickt.

Seit dem hasse ich Fisch. Auch wenn Gutmeinende mir erklären, wie wichtig die Omega-3-Fettsäuren sind, lehne ich Fisch ab. Ich hole mir Nahrungsergänzungsmittel, wo besagte Fettsäuren drinnen sind. Ich schlucke die dann mit Wasser runter. Ich hasse Fisch (und alles, was damit zu tun hat).

Reinhard Hübl
Freier Journalist

Wann: 14.06.2011 00:00:00 Wo: Reinhard Hübl, Erdbergstraße 154, 1030 Wien auf Karte anzeigen

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