Warum ich nicht mehr wandern will

Diesbezüglich hatte ich keine schöne Kindheit. Im Sommer ging’s ja noch. Wenn es heiß war, fuhren wir mit der offen Straßenbahn ins Polizeistrandbad an die alte Donau. Sehr oft musste ich stattdessen meinem Vater, er war Polizist, frisch Gekochtes im Menage-Reindl in die Kaserne bringen, wo mein Vater stationiert war. Der Tag war dann gelaufen. Aber es war eh Wurst, ob wandern oder mit der Tram in die Roßau zu fahren. Es war beides schlimm. Nur der Badebesuch war lustig gewesen. Und wenn der Vater nicht im Einsatz war oder Bereitschaft hatte, wurde gewandert.

Nachdem wir in Fünfhaus wohnten, bot sich Schönbrunn an. Wenn ich das Wort Schönbrunn auch nur hörte, verfiel ich Lethargie. Denn das bedeutete: Durch das Schloß hindurch, auf staubigen Wegen hatschen. Später dann, als mein kleinerer Bruder auf der Welt war, kam ein wenig Abwechslung in den öden Nachmittag. Ich durfte den Kinderwagen schieben, was zum Geplärre des Zweitgeborenen führte. Er schrie aus Leibeskräften. Es machte mir Spaß, den Wagen mit Schwung durch den Kies zu schleudern. Auf diese Weise war der Ausflug bald zu Ende. Es ging zurück in die Küche/Zimmer-Wohnung. Dort war es verdammt eng. Ich schlief mit meinen Eltern in einem Zimmer. Wie und wo sie meinen Bruder gezeugt haben, blieb mir bis heute verborgen.

Schönbrunn, die Zweite. Wenn die Sabotage mit meinem Bruder nicht klappte, wurde unverdrossen hinauf zur Gloriette gegangen und auf der anderen Seite wieder herunter. Manchmal, einmal im Jahr, stand der Tiergarten auf dem Programm. Damals gab noch keine Marketing-Maßnahmen, wenn ein Tier-Junges zur Welt kam. Also trotteten wir von Käfig zu Käfig. Es war furchtbar fad. Ich schnitt Grimassen vor den Käfigen, die Viecher nahmen keine Notiz von mir. Und wieder war ein Tag vorbei.

Strafverschärfung waren Ausflüge nach Neuwaldegg. Mit dem 43er bis zur Endstation (Für Nichtwiener eine Straßenbahn). Dann „Wanderung“ beim Hansl-Teich vorbei zum Schottenhof. Dort wurde selbst Mitgebrachtes verzehrt. Nur die Getränke kamen vom Gasthaus. Ja, das gab’s damals noch. Heute zahlt man mancherorts 1 Euro für eine Karaffe Leitungswasser.

Schlimm waren auch die Ausflüge nach Kreuzenstein. Die Hatscherei vom Zug zur Burg hatte etwas, was einem die Form der Fortbewegung verleidete. Zu Kreuzenstein habe ich im Internet folgendes gefunden: Die Burg Kreuzenstein ist zweifelsohne eine jener Burgen, die gerne von Familien (!) des nahen Wiens besucht wird. Und da sehr viele Familien mit Kindern kommen, um die vermeintlich alten Gemäuer und die fantastischen Vogelschauen zu bestaunen, stört es auch nicht weiter, dass die Burg, ähnlich wie die Burg Liechtenstein, in ihrer heutigen Gestalt ein Nachbau des 19. Jahrhunderts ist. Bummsti, das ist ein Schock noch im Nachhinein. Fünf Mal musste ich Kreuzstein erleiden.

Fünf Urlaube sind mir noch wandermäßig in grauenvoller Erinnerung geblieben. Aus Geldmangel zogen wir nach Ausschlag-Zöbern. Dort befand sich ein Polizei-Urlaubs-Heim. Alleine der Ausdruck Polizei-Urlaubs-Heim war angetan, dem alles Böse zuzutrauen. Und so war es auch. Das Highlight des Tages, war der Bahnhof, an dem sich zu Mittag zwei Züge kreuzten. Man muss sich das einmal vorstellen, es gab auch einen Fahrdienstleiter, der mit einer Kelle die Züge durchwinkte. Er hatte sonst nichts zu tun, da kaum Leute ein- oder ausstiegen.

Rundherum um das besagt Heim war nix. Kein Ort, keine Häuser – nur Wald und Wiesen. In ca.2 km Entfernung war ein Kaolin-Werk angesiedelt. Dort wurde Porzellan-Erde abgebaut. Natürlich ein hehres Ausflugziel. Sonst streiften wir durch Wald und Hain, von Bremsen und allerlei stechenden Viechern verfolgt. Die Wanderungen wollten kein Ende nehmen. Nach vierzehn Tagen war der Spuk vorbei. Dann wieder Schönbrunn, Neuwaldegg, etc. Sobald es ging, entzog ich mich dem Wander-Rhythmus, trotz heftiger Proteste meiner Altvorderen. Und bis heute hasse ich Wanderungen und alles was damit zusammenhängt.

Reinhard Hübl

Wann: 29.08.2011 ganztags Wo: Reinhard Hübl, Erdbergstraße 154, 1030 Wien auf Karte anzeigen

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