Freispruch für sämtliche Ärzte
Neu durchgeführtes Verfahren im Hollabrunner Chirurgenprozess
(mr). Wie bereits berichtet wurde in der Nacht vom 11. auf 12. Mai 2010 eine 85-jährige Patientin nach einem häuslichen Sturz in das LK Hollabrunn eingeliefert. Diagnose: eine simple Prellung im Hüft- und Fußbereich. Die erstbehandelnde Turnusärztin (sie hatte ihre praktische Ausbildung erst wenige Wochen zuvor begonnen) entschloss sich für eine stationäre Schmerztherapie. Den (bezahlten) Schlummer des nachtdiensthabenden Oberarztes unterbrach sie nicht.
Der Turnusärztin gegenüber gab die Patientin an, ihr sei u. a. ein Medikament namens Ebetrexat mit einer Tagesdosis von 20 mg verordnet worden. Tatsächlich hatte sie dieses Medikament Monate davor mit einer Wochendosis von 20 mg erhalten, wegen starker Nebenwirkungen war es im September 2009 abgesetzt worden. Obwohl keiner der behandelnden Chirurgen das Präparat, seine Wirkungsweise und die Dosierungsvorschriften kannte, erhielt die Frau vom 14. Mai bis 22. Mai die von ihr angegebene Dosis. Am 2. Juni war sie tot, die Todesursache: ein Herz-Kreislaufversagen, hervorgerufen durch eine Überdosierung des Medikamentes.
Erster Rechtsgang
Im ersten Strafverfahren (gegen sieben behandelnde Ärzte des Landesklinikums Hollabrunn) wurden im März 2011 der Primarius und der im Nachtdienst schlummernde Oberarzt wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen zu Geldstrafen verurteilt, die anderen angeklagten Ärzte hingegen freigesprochen.
Die von den Verurteilten erhobene Berufung hatte Erfolg, das Oberlandesgericht Wien hob die Entscheidung auf und trug dem Landesgericht Korneuburg eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Zweiter Rechtsgang
Im neu durchgeführten Verfahren sprach nunmehr eine andere Richterin auch die verurteilten Ärzte frei. Wesentliche Begründung: Sie hätten auf die Richtigkeit der Dosierungsangaben der 85(!)-Jährigen vertrauen dürfen. Das Urteil ist rechtskräftig.
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