RETZ IM HUSSITENSTURM
Gemetzel im Weinfass überlebt
Der Katharinentag 1425 brachte der Weinstadt Zerstörung und Tausenden Retzern Gefan-genschaft oder Tod.
RETZ (jm). Die Hussiten, eine religiös-politische Bewegung in Böhmen, benannt nach dem Prager Reformer Jan Hus, kämpften seit 1419 gegen die Obrigkeit in Böhmen und im nördlichen Niederösterreich. Auslöser für die kriegerischen Auseinandersetzungen war die Verbrennung von Jan Hus 1415 beim Konstanzer Konzil auf dem Scheiterhaufen. König Sigismund hatte dem Theologen und Reformer freies Geleit zum und vom Konzil zugesichert, dann aber sein Wort gebrochen.
Hussitenheer 1425 vor Retz
Im November 1425 erreichte ein etwa 100.000 Mann starkes Hussitenheer die Weinstadt, die aber aufgrund der Stadtmauer für die Feinde uneinnehmbar war. Durch einen Verräter wurde jedoch den Hussiten zugetragen, dass die Stadt und somit auch die Stadtmauer auf Meeressand gebaut war. Nun begannen sie einen Tunnel unter der Stadtmauer zu graben, um so in die Stadt zu gelangen. Graf Heinrich von Maydburg-Hardegg beobachtete die Grabungsarbeiten des feindlichen Heeres von seiner Burg aus, dem heutigen Althof. Er wusste, dass er und die gesamte Bevölkerung den Feinden in die Hände fallen würde und fasste aus dieser Notsituation einen kühnen Plan.
Grafensohn überlebte im Weinfass
Um den Fortbestand seiner Dynastie zu sichern, ließ er seinen neunjährigen Sohn Michael in ein Weinfass einschließen. Ein treuer Diener verkleidete sich als hussitischer Soldat, brachte das Fass aus der Stadt, indem er vorgab, die Soldaten mit Wein zu versorgen. So überlebte der Grafensohn den Hussitensturm im Weinfass. Die feindlichen Soldaten untergruben die Stadtbefestigung, gelangten so in einen Keller und drangen in die Stadt ein. In einem blutigen Kampf wurden tausende Retzer und die Verteidiger der Stadt getötet oder gefangen genommen, darunter auch Graf Maydburg und die Besatzung der Burg. Der Graf wurde mit seiner Familie in Prag hingerichtet, Retz wurde schonungslos geplündert und alle Gebäude in Brand gesteckt.
Durch Weinprivileg zu Wohlstand
Der junge Grafensohn wurde vom gräflichen Diener sicher nach Wien gebracht und am Hof des Großfürsten Albrecht aufgenommen. Michael übergab als letzter Burggraf Retz, damals eine zerstörte Stadt, an Kaiser Friedrich III. Der verlieh 1458 den Retzer Bürgern das Privileg, Weinhandel zu betreiben, damit sie zu Wohlstand gelangen und die Stadt wieder aufbauen konnten. Der eigentliche Reichtum der Stadt wurde erst 30 Jahre später durch ein weiteres Privileg, das der ungarische König Matthias Corvinus der Weinstadt gewährte, begründet. Die Bauern durften nun ihren Wein ausschließlich an Retzer Bürger verkaufen. Diese konnten ihn in ihren großen Kellern lagern und damit Handel betreiben. Es sollen etwa zehn Millionen Liter Wein in drei Keller-Stockwerken gelagert worden sein.
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