Test-Chaos in Niederösterreich
Neues Testsystem ist eine "Zumutung"

- Bezirksärztevertreterin Martina Hasenhündl ist von der neuen Teststrategie regelrecht entsetzt.
- Foto: Thomas Huber
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Test-Chaos in Niederösterreich – Bezirksärzte fürchten massive Zunahme an versteckten Erkrankungen.
BEZIRK KORNEUBURG. Nicht nur Korneuburgs Bezirksärztevertreterin Martina Hasenhündl ist der Meinung, das neue Corona-Testsystem "ist eine Zumutung". Man erschwere das Testen, damit es nicht mehr von so vielen Menschen genutzt werde, was wiederum zu einem massiven Anstieg der Ansteckungen und Erkrankungen an und mit Covid19 führen werde.
In letzter Minute
Als die neue Verordnung kam, griff sich auch Stockeraus Stadtarzt Amir Baradar auf den Kopf. Entsetzen, denn es schien so, als hätte man die Hausärzte völlig vergessen. "Laut ursprünglicher Verordnung hätten wir gar nicht mehr testen dürfen, auch nicht jene Patienten, die mit Symptomen zu uns kommen." Dieser "Fehler" wurde in letzter Minute ausgebügelt. Die Hausärzte dürfen noch testen, aber nicht mehr symptomfreie Patienten.
Leid tut es dem Stadtarzt vor allem für jene Stockerauer Firmen, die er und sein Team meist zweimal wöchentlich getestet haben. "Wir haben das für einige große Firmen in Stockerau gemacht. Und seit wir damit begonnen haben, konnte die Bildung größerer Cluster überall vermieden werden. Die Firmentestungen sind jetzt vorbei", bedauert Baradar.
Kosten-Nutzen-Rechnung
Von vielen wird bezweifelt, dass das neue Testsystem praxistauglich ist. Denn ohne die regelmäßigen Testungen, werden die Ansteckungen wieder steigen – versteckt. Das wird zwangsläufig wieder zu mehr Menschen im Krankenstand führen – mehr Ausfälle für Firmen und Unternehmen – und dementsprechend eine Verschärfung der ohnehin in vielen Bereichen schon angespannten Situation.
Ein "Wahnsinn"
Als solchen bezeichnet Bezirksärztevertreterin Martina Hasenhündl, selbst Allgemeinmedizinerin in Stetten, die neue Teststrategie. Und sie ist überzeugt: die Leidtragenden sind die Alten und Kranken. "Wir Hausärzte dürfen nur mehr die Kosten für die Tests symptomatischer Patienten an die ÖGK weiterverrechnen. Wer jedoch zu uns kommt, um etwa für einen Angehörigenbesuch auf Nummer sicher zu gehen, muss diese Leistung aus eigener Tasche berappen." Und das ist mit rund 45 Euro nicht gerade wenig.
Dass man ausgerechnet jetzt, bei derart hohen Infektionszahlen, diese so wichtige Stütze des bisherigen Reglements ersatzlos streicht, nämlich den Test beim Hausarzt für asymptomatische Personen, regt auf. "Seit Beginn der Pandemie haben wir vor allem in ländlichen Regionen das Testen am Laufen gehalten", stellt Hasenhündl trocken fest. Älteren, gesundheitlich oder mobilitätstechnisch eingeschränkten Menschen hätte man es so ermöglicht, regelmäßig ihren Status zu überprüfen, was Ansteckungen eingedämmt hätte. Hasenhündl befürchtet nun eine massive Überlastung der Hotline 1450 und der NÖ Gesundheitsbehörden. "Der Rückgang der Tests wird zwar in der Statistik einen Rückgang der Covid-Infektionen bringen, nicht jedoch in der Realität."
"Schaffen die nicht"
Als absolut "irre" Idee bezeichnet Hasenhündl auch die neue Regelung, die kostenlose Tests – außerhalb des zugewiesenen Gratis-Kontingents – etwa vor Ort in Krankenhäusern erlaubt, auch für Besucher. "Ärzte und Pflegepersonal pfeifen ohnehin schon aus dem letzten Loch und jetzt sollen sie auch noch zusätzlich testen. Das entbehrt jeder Logik, das schaffen die nicht. Wir Hausärzte haben die Infrastruktur und die Ressourcen, alles wäre bereit."
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