Premiere "Café zur Barrikade" - Die Sache mit der Revolution

oder

Kann man eine Jause mit Bruno Max genießen?

MÖDLING I Stadttheater
Wenn Bruno Max zu ‚Theater mit Dinner‘ lädt, kann man sich getrost auf ‚was verlassen‘! Nämlich, dass sich Max als Gastgeber nicht lumpen und selbstverständlich Körper und Geist üppig laben läßt.
Wir finden uns im Jahre 1897 im Café Griensteidl wieder, kurz vor dessen endgültiger Schließung. Man ist noch flink und zuvorkommend um uns bemüht, als es plötzlich und neuerlich mit der Zeitreise 50 Jahre zurück in eine Zeit der Aufstände und Revolutionen ging!
Ausgelöst durch die Pariser Februarrevolution des Jahres 1848, begannen auch in Österreich Unruhen und der Ruf nach der Abschaffung des Metternich’schen Polizeisystems und nach einer „Konstitution“, einer Verfassung, wurde laut.
Max‘ Cuisine bourgeoise war allerdings durchaus keine leichte Kost, denn hatte man gerade das köstlich belegte Croissant zu genießen begonnen, blieb einem der nächste Bissen beim „Hungerlied“ von 1844 trocken und widerwärtig im Halse stecken.

Die Wiener Bevölkerung steigt auf die Barrikaden

Die Bevölkerung trat nach langer Zeit der Unterdrückung und Rechtlosigkeit, der Metternich‘schen Diktatur auf die Barrikaden. Die Arbeiterschaft im Schulterschluss mit den Studenten, zu Beginn noch gemeinsam mit dem Bürgertum, verlangten mehr Rechte und tiefgreifende Reformen:
Gerechte Arbeitsbedingungen und Entlohnung, Wahlrecht für alle, Rede- und Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Gewerbefreiheit und vieles mehr, verbunden mit republikanischen Forderungen, die das Ende des Absolutismus einleiten würden.
Einheit auf allen Ebenen war der Wunsch der großen Mehrheit.
Auch die Kunst stand mit dem Volk hinter diesen Forderungen und der Vision einer friedlichen Verbrüderung.

Publikum unter Beschuss

Man vermeinte ähnlich wie den Kanonaden, welche damals 1848 auf die Wiener Zivilbevölkerung abgefeuert wurden, einer Flut historischer Abläufe, originaler Zeitungsmeldungen und Zitate kaiserlicher Dekrete ausgesetzt zu sein.
Wem diesen zu folgen nur schwer möglich war, der wurde in jedem Fall bestens vom großartigen und leistungsstarken Ensemble an sich, den Vorträgen verschiedenen Liedgutes und den gut verteilten Pointen unterhalten!

Starker Charakter 'Johann Pollet'

Besonders stach Michael Reiter in dem als gute Seele dem Publikum nahe stehenden Charakter des k.k. Oberfeuerwerkers Johann Pollet hervor. Vom Sturme der Revolution in jede nur erdenkliche oder auch von ihm selbst nicht vorstellbare Ecke des Schicksals getrieben, steht er mit seinem Menschenverstand und seinem guten Herzen am Rande der Gesellschaft, um schließlich unverstanden und herrenlos umherzuziehen.
„Der Revolution ihr Held? Ihr Wurschtl bin ich!“ verflucht er die Wirren um und in ihm.
Sein tragisches Los wird sich nie ganz klären. Die Quellen und Überlieferungen zu seiner Geschichte unterscheiden sich dermaßen frappant, dass nicht nur sein Glaube an die Menschen und an eherne, wahre Werte ins Dunkel gestoßen zu sein scheinen.

Zynismus und Politik, aber großartiges Theater!

Max, der Dramatiker, ist sich der Macht der Sprache bewusst, und er führt wie immer eine scharfe, wenn auch nicht unbedingt feine Klinge.
Nestroy, von dem wir wissen, dass auch er mit weiteren anderen Künstlern, wie auch Grillparzer, Robert Blum, Carl Postl alias Charles Sealsfield, Ferdinand Raimund und vielen mehr Anhänger der neuen nationalen Gedanken und der Reformen war, führt uns gelegentlich durch die Szenerien, und muss leider vor einem zum Negativ-Klischee des ‚Piefke Touristen‘ und ‚Musikus der schlechten Töne‘ degradierten, der Sache Revolution überambitionierten Richard Wagner von der Bühne flüchten.

Ganz nach guter alter Manier, einst, wie heute gilt: Unterhaltung, ein bisschen Zuckerbrot oder Kuchen.. oberflächliche Zugeständnisse besänftigen die mittelschichtige Biedermeierseele.

Bruno Max hält uns, wie es einem ordentlichen Dramatiker entspricht, den Spiegel vor, mahnt uns nicht direkt, zwingt uns nicht mit aller Gewalt in die Knie, doch würzt unseren Genuss mit einer gehörigen Portion Zynismus, verschafft Gänsehaut und lässt uns vor lauter Verarbeitung der Ereignisse mit Schwindel zurück.
Gut möglich, dass Max ganz bewusst diese Thematik der Revolution gegen ein starres Regiment auffasst, dass die Kluft zwischen den armen und ärmeren Gesellschaftsschichten und den oberen Zehntausend drastisch maximiert und den Mittelstand merklich ausdünnt.
Wir Menschen der Moderne stehen heute wieder am Zenit einer sozial ungerechten Zeit. Diese Problematik ist ausgesprochen aktuell und global drastisch zu beobachten.
Dementsprechend war der Applaus groß, und dennoch spürte man ein wenig verhaltene, betretene Zurückhaltung in der Begeisterung des Publikums, dass anschließend wohl einiges zu resümieren hatte.
Großartiges Theater!

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