Antworten auf
Häufige Fragen zur Erwachsenenvertretung

Zum Stichtag 01.01.2022 gab es in Österreich insgesamt 36.505 gerichtliche Erwachsenenvertretungen. Das ist ein Rückgang um rd. 31 Prozent seit die gerichtliche Erwachsenenvertretung an die Stelle der stark kritisierten Sachwalterschaft trat.  | Foto: VertretungsNetz
  • Zum Stichtag 01.01.2022 gab es in Österreich insgesamt 36.505 gerichtliche Erwachsenenvertretungen. Das ist ein Rückgang um rd. 31 Prozent seit die gerichtliche Erwachsenenvertretung an die Stelle der stark kritisierten Sachwalterschaft trat.
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Immer wieder melden sich Ratsuchende bei VertretungsNetz, die nicht verstehen, warum sie nicht die Erwachsenenvertretung für ihre:n Angehörige:n übernehmen dürfen. Wie kommt es, dass sich das Gericht manchmal für jemanden außerhalb der Familie entscheidet?
Karina Lokosek vom VertretungsNetz hat einige der häufigsten Fragen beantwortet.

Im Erwachsenenschutzgesetz ist klar geregelt, dass primär die Person bestellt werden soll, die sich der oder die Betroffene wünscht bzw. die in einer Vorsorgevollmacht, einer Vereinbarung über eine gewählte Erwachsenenvertretung oder in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung genannt wird. Wenn es da niemanden gibt, dann kommen nahestehende Personen bzw. Familienangehörige in Frage, wenn sie geeignet sind und in der Lage, die jeweiligen Angelegenheiten zu regeln.

Wenn Angehörige nicht bestellt werden, kann das mehrere Gründe haben, z.B. wenn der:die Betroffene sich nicht damit einverstanden zeigt. Manchmal wollen Angehörige dieVertretung aufgrund der komplizierten Lebenssituation gar nicht übernehmen, etwa wenn der Umgang mit dem schwer demenzerkrankten Betroffenen schwierig ist. Oder es sind zwar mehrere Angehörige vorhanden, sie streiten sich aber, wer die Vertretung übernehmen soll. Es kommt leider auch vor, dass es Hinweise darauf gibt, dass Angehörige eher an ihren eigenen Vorteil als an das Wohl der zu vertretenden Person denken. Eltern von jungen Menschen haben manchmal Schwierigkeiten, die Selbstständigkeit ihrer Kinder zuzulassen. Generell kann man sagen: Wenn familiäre Konflikte vorhanden sind, bestellt das Gericht eher eine familienfremde Vertretung: etwa einen Erwachsenenschutzverein wie VertretungsNetz oder eine:n Vertreter:in der Rechtsberufe.

Was kann ich als Angehörige:r tun, wenn der:die Erwachsenenvertreter:in nicht zum Wohl der vertretenen Person arbeitet, z.B. wenn nie erreichbar ist?

Im Erwachsenenschutzgesetz neu vorgesehen ist ein Rekursrecht gegen die Person des bestellten Vertreters. Auch bei einer aufrechten Erwachsenenvertretung kann man jederzeit bei Gericht eine Änderung anregen. Erwachsenenvertreter:innen sind verpflichtet, persönlichen Kontakt zur vertretenen Person aufzunehmen, und zwar mindestens einmal im Monat. Wenn das nicht geschieht und/oder die:der Erwachsenenvertreter:in nie erreichbar ist, kann man das dem Gericht melden. Dort sollten Anregungen und Eingaben überprüft werden.

Was, wenn das Gericht nicht auf meine Beschwerden reagiert?

Das Gericht ist zwar zur Überwachung des gesetzlichen Vertreters verpflichtet und muss möglichen Gefährdungen der Betroffenen nachzugehen, es muss jedoch nicht jede Beschwerde von Angehörigen aufgreifen. Es muss aber tätig werden, wenn der:die Betroffene selbst beantragt, dass jemand anderer die Erwachsenenvertretung übernehmen soll. Bei diesem Antrag kann natürlich ein:e Angehörige:r helfen. Darüber hinaus kann man sich an die Ombudsstellen der Justiz wenden.

Die Erwachsenenvertreterin verweigert uns Angehörigen sämtliche Auskünfte aus Datenschutzgründen. Darf sie das?

Wer eine Erwachsenenvertretung übernimmt, hat eine Verschwiegenheitspflicht. Angehörige haben aber ein Recht darauf, zu erfahren, wo die vertretene Person wohnt und wie es ihr geht, in welchem körperlichen und psychischen Zustand sie sich befindet. Außerdem müssen Erwachsenenvertreter:innen offenlegen, für welchen Wirkungskreis sie bestellt sind, also um welche Angelegenheiten sie sich kümmern.

Ich wohne mit meinem Vater im selben Haushalt. Muss ich heikle Post wie etwa Mahnungen an seine Erwachsenenvertreterin weiterleiten?

Grundsätzlich hat man trotz Erwachsenenvertretung ein Recht darauf, die eigene Post zu erhalten. Briefe dürfen nicht einfach geöffnet oder automatisch an die Erwachsenenvertretung weitergeleitet werden. Es gibt aber auch keine Verpflichtung für Angehörige, Post weiterzuleiten. Die Erwachsenenvertreterin muss ja ohnehin den (persönlichen) Kontakt zur vertretenen Person halten und von sich aus darauf achten, dass mögliche Zahlungsverpflichtungen erfüllt werden.

Der Erwachsenenvertreter meiner Tante teilt ihr mit, sie kann kein eigenes Konto haben, weil sie eine Erwachsenenvertretung hat. Stimmt das?

Nein. Das Gesetz sagt ganz klar: Die:der Erwachsenenvertreter:in muss dafür Sorge tragen, dass der vertretenen Person im Alltag ausreichend Geld zur Verfügung steht. Grundsätzlich soll ein nicht überziehbares Alltagskonto bei einer Bank eingerichtet werden, damit die vertretene Person mit einer Bankomatkarte selbstständig ihr Geld abheben kann und nicht auf Barauszahlungen angewiesen ist – im Sinne von mehr Selbstbestimmung und weniger Abhängigkeit. Zudem ist die:der Erwachsenenvertreter:in immer auch verpflichtet, der vertretenen Person so weit wie möglich zu helfen, dass sie ihre Angelegenheiten selbst besorgen kann. Dazu gehört es eben auch, dass sie genügend Geld zur Verfügung hat, über das sie selbst entscheiden und damit ihre Bedürfnisse befriedigen kann.

Die Hausbank meiner Tante sagt aber, aufgrund der bestehenden Erwachsenenvertretung ist kein Konto (mehr) möglich. Ist das rechtens?

Der österreichische Bankensektor hat sich in einem Konsenspapier mit dem Justizministerium dazu verpflichtet, Menschen mit Erwachsenenvertretung nicht vom Zahlungsverkehr auszuschließen. Die allermeisten Banken halten sich auch daran. Unrühmliche Ausnahmen gibt es leider, einige Banken kündigen sogar Kontoverträge bestehender Kund:innen, sobald eine Erwachsenenvertretung bestellt wird. Solche diskriminierenden Praktiken sind eindeutig gesetzwidrig und verstoßen auch gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Hier muss klar Stellung bezogen werden, man kann nicht einfach gültige Gesetze ignorieren.

Ein generelles Problem für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen bei Bankgeschäften ist, dass es immer weniger Filialen und Ansprechpartner:innen gibt, z.B. wenn man mit Automaten nicht zurechtkommt. Eine persönliche Hilfestellung und Zusatzleistungen wie z.B. Geldbehebungen am Schalter kosten leider meist extra.

Der Erwachsenenvertreter bezahlt viel zu wenig Geld aus. Sein Argument: Er müsse für die Zukunft ansparen.

Die Einkommensverwaltung ist abhängig von der Lebenssituation, in der sich die vertretene Person befindet. Für junge Menschen macht es eventuell Sinn, Rücklagen aufzubauen, etwa für Ausbildungskosten oder für eine Kaution, wenn der Umzug in eine eigene Wohnung das Ziel ist. Grundsätzlich hat die:der Erwachsenenvertreter:in eine „Wunsch-Ermittlungs-Pflicht“. Die vertretene Person muss entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben will, auch langfristig und Erwachsenenvertreter:innen müssen sich darum bemühen, dass diese Wünsche erfüllt werden können. Auf jeden Fall muss genügend Geld am Konto für die Bewältigung des Alltags sein.

Bei älteren Personen wird ein Ansparen im Regelfall nicht angebracht sein. Das Gesetz ist auch hier klar: Die:der Erwachsenenvertreter:in muss sich darum bemühen, dass das Einkommen und Vermögen der vertretenen Person selbst zugutekommt.

Darf der Erwachsenenvertreter die Wohnung meines Vaters verkaufen, auch wenn der dagegen ist?

Leider wissen wir von Fällen, in denen Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt für einige Zeit ins Pflegeheim müssen und in der Zwischenzeit wird die Wohnung verkauft. Die vertretene Person, die sich vielleicht doch gut erholt hat, wird vor vollendete Tatsachen gestellt und kann nicht mehr zurück nach Hause. Das ist eindeutig gegen das Gesetz und eine grobe Verfehlung. Wenn die vertretene Person aufgrund ihres Gesundheitszustands momentan keinen Willen bilden kann, kann man davon auszugehen, dass sie ihre Wohnung, in der sie bisher gelebt hat, behalten will. Das Erwachsenenschutzgesetz sieht außerdem vor, dass eine gerichtliche Genehmigung einzuholen ist, wenn der Wohnort dauerhaft verändert werden soll, und zwar grundsätzlich im Vorfeld. Stimmt die vertretene Person einem Umzug in ein Pflegeheim nicht zu, führt ein Erwachsenenschutzverein wie VertretungsNetz ein Wohnort-Clearing durch, um zu prüfen, warum die vertretene Person die Wohnortänderung ablehnt und ob es Alternativen gibt. Schließlich kann man einen Wohnungsverkauf nur sehr schwer rückgängig machen. Und der Anspruch auf eine Entschädigung nützt wenig, wenn das Zuhause weg ist.

Verdient ein Erwachsenenvertreter von vermögenden Klient:innen mehr?

Erwachsenenvertreter:innen erhalten pro Jahr fünf Prozent der Nettoeinkünfte der zu vertretenden Person als Entschädigung. Übersteigt das Vermögen 15.000 Euro, so erhöht sich dieser Betrag um zwei Prozent dieses Vermögens abzüglich 15.000 Euro. Eine Deckelung bei einem sehr hohen Vermögen schreibt das österreichische Recht nicht vor. VertretungsNetz tritt dafür ein, eine Verhältnismäßigkeit zwischen tatsächlichem Aufwand der Vertretung und der Entschädigungshöhe herzustellen, um Missbrauch besser vorzubeugen. Die Relationen müssen stimmen.

Schützt das Erwachsenenschutzgesetz vertretene Menschen besser vor Missbrauch als das Sachwalterrecht?

Grundsätzlich ja, denn jede gerichtliche Erwachsenenvertretung wird nun nach drei Jahren neu überprüft, ob sie noch notwendig ist. Die Erwachsenenschutzvereine führen im Vorfeld jedes Verfahrens ein Clearing durch, in dem die Lebensumstände der betroffenen Person erhoben werden. Es wird genau hingeschaut: Gibt es Unterstützung im persönlichen Umfeld oder Alternativen, kommt vielleicht eine Vertretungsvariante mit mehr Selbstbestimmung in Frage?

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