100 Jahre danach ist die Erinnerung lebendig
Vor 100 Jahren erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg – das Leben in Korneuburg änderte sich.
Es war die Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Frau in Sarajewo, die, ein Monat später, die offizielle Kriegserklärung zur Folge hatte. Die Korneuburger konnten sich dann am 1. August 1914 selbst davon überzeugen, als der "Korneuburger Bezirksbote" das sogenannte "Manifest des Kaisers" veröffentlichte. Ab diesem Zeitpunkt sollte in Korneuburg nichts mehr so sein, wie vorher. Nicht nur die Zeitungen berichteten damals wöchentlich von verletzten und gefallenen Soldaten, auch das gesellschaftliche Leben erfuhrt einen drastischen Wandel.
Vereinsleben erstarb
Über 500 amtlich registrierte Vereine gab es Anfang 1914 in Korneuburg. 80 Prozent davon beendeten mit dem Kriegsausbruch ihre Tätigkeit. Vereinsvermögen wurden meist an den Kriegsunterstützungsfonds übergeben.
So spendete etwa der Radfahrerclub "Ausdauer" sein einziges Sportfahrrad, für dessen Anschaffung die Mitglieder rund vier Jahre einzahlten. Und auch der Ruderclub "Alemannia" übergab zwei Boote der k.u.k Marine.
Militär prägte Korneuburg
Bereits vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war das Militär ein bestimmender gesellschaftlicher Faktor in der Stadt. Korneuburg war Garnisonsstadt und beherbergte neben verschiedenen Regimentern auch das Eisenbahn- und Telegraphenregiment. Die Soldaten absolvierten in Korneuburg nicht nur ihren Dienst, mit der Zeit verliebten sie sich auch, in die Stadt und ihre Bewohnerinnen. Die k.u.k Armee stand Korneuburg bei Katastrophen, wie etwa Hochwasser, bei und war ebenso für den Bau der Lokalbahn nach Ernstbrunn verantwortlich.
Mit der Mobilmachung im August 1914 hörte das Eisenbahnregiment auf zu existieren. Die Aufgaben gingen auf das Eisenbahn-Ersatzbataillon über. Die Soldaten kamen an allen Fronten zum Einsatz. Viele von ihnen haben Korneuburg nie wieder gesehen.
Brot und Mehl werden knapp
Doch nicht nur das Leben der Soldaten und deren Familien änderte sich schlagartig. Auch die zivile Bevölkerung bekam die Kriegsauswirkungen zu spüren. Brot und Mehl konnte nur noch mit amtlichen Ausweiskarten gekauft werden und wurden rationiert. Malz oder Zichorienwurzeln ersetzen den Kaffee und Öl wurde aus allen vorhandenen Kernen gepresst.
Sogar seinen Bürgermeister verlor Korneuburg, denn Anton Schleidt wurde Ende 1914 einberufen.
Werftarbeiter streiken
Massive Auswirkungen hatte auch das Wehr- und Kriegsdienstleistungsgesetz, vor allem auf die Korneuburger Werft. Es schränkte die, ohnehin schon dürftigen Rechte der Arbeiter ein, ein Streikverbot trat in Kraft. Ein militärischer Betriebsleiter wurde bestellt und bereitete den Korneuburger Betrieb auf die kommende Rüstung vor. Die Werft, damals im Besitz der DDSG, kam unter staatliche Aufsicht, die gebauten Schiffe wurden direkt an die Heeresverwaltung geliefert.
Viele Korneuburger Werft-Arbeiter wurden eingezogen, die verbleibende Mannschaft stand unter großem Leistungsdruck, was sich, trotz Verbot, in Streiks äußerte.
Wer jedoch in der Werft arbeitete, hatte Vorteile, denn die DDSG richtete eine eigene Lebensmittel-Versorgungsschiene ein und griff den Eingezogenen und deren Familien finanziell unter die Arme.
In der Zeit des Ersten Weltkrieges wurden in der Werft Korneuburg 61 Warenboote gebaut, darunter die ersten großen Tankkrähne. Zudem wurden 273 Dampfschiffe und 88 Warenboote repariert.
Von Euphorie zur Ernüchterung
Die Informationen sowie die Fotos zu diesem Artikel stammen vom Museumsverein Korneuburg. Wer sich noch umfangreicher über die Auswirkungen des Kriegsbeginns in Korneuburg informieren will, der sollte sich die Ausstellung "Von Euphorie zur Ernüchterung", die noch bis Jahresende im Museum zu sehen ist, nicht entgehen lassen. Dort werden, jeden Dienstag – 18 bis 21 Uhr und jeden Sonntag – 9 bis 12 Uhr, auch persönliche Schicksale und zahlreiche Fotos, Informationen und Ausstellungsstücke geboten.
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