Parkpickerl in Wien, ein Geniestreich?
Das Parkpickerl ist im Vormarsch und könnte zu Maria Vassilakous größtem Sieg werden. Eine Analyse.
WIEN. Es gleicht einem Geniestreich. Drei Jahre nach der groß angelegten (und viel belächelten) Volksbefragung im Jahr 2013 scheint Grünen-Chefin Maria Vassilakou ihre Gegner auf die Plätze zu verweisen und schlussendlich das zu bekommen, was sie von Anfang an wollte: ein ganzheitliches Parkraumkonzept für ganz Wien.
Doch von vorne: Nach der Volksbefragung wurde den Bezirken die Kompetenz für die Parkraumbewirtschaftung überlassen. Ganze 62,52 Prozent der Bevölkerung hatten sich für diese Lösung ausgesprochen. Nur 37,48 stimmten für Vassilakous Vorstoß für ein wienweites Konzept.
Jetzt, drei Jahre später, könnte man meinen, man befände sich in einem Dominospiel: Ein Bezirk nach dem anderen fällt in der Parkpickerlfrage um. Nachdem dieser Tage in Währing das Parkpickerl eingeführt wurde, zieht auch Favoriten nach. Döbling hat einen Termin für die Anrainerbefragung fixiert – auch hier stehen die Zeichen auf Parkpickerl. Genau wie in Hietzing, wo Anfang 2017 die Anrainer befragt werden.
Nicht nur, dass Wien jetzt nach und nach – ganz nach Vassilakous Wunsch – das Parkpickerl einführt, sie kann sich sogar dem Ärger der Gegner entziehen. Schließlich liegt die Kompetenz nicht mehr bei ihr, sondern bei den Bezirken.
Gegenstimmen werden leiser
Nun wird der Ruf nach einem ganzheitlichen Konzept immer lauter. Nach der Eingewöhnungsphase herrscht schließlich in den meisten Parkpickerl-Bezirken Zustimmung unter den Bewohnern.
Zwei Probleme würden sich mit einer wienweiten Lösung zudem beseitigen lassen. Zum einen gibt es Bezirke, die großteils nicht unter zu wenigen Parkplätzen leiden. In Floridsdorf, Donaustadt oder Liesing ist die Lage nur rund um U-Bahnstationen prekär. Dort wünscht man sich dementsprechend kein Bezirkspickerl, sondern Anrainerparkzonen. Das sei laut der Stadt Wien allerdings rechtlich nicht möglich. Bestimmte Anrainerparkplätze dürfe man nur realisieren, wenn man zuvor das Pickerl eingeführt habe.
Der Autofahrerclub ÖAMTC hat diesbezüglich ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof angestrengt. Bis Ende des Jahres soll ein Urteil vorliegen. Sollte das negativ ausfallen, könnte man in einem wienweiten Konzept besser auf Bedürfnisse der Flächenbezirke Rücksicht nehmen.
Das zweite Problem: Zwar seien Anrainer zufrieden, bei den Unternehmern sieht es anders aus. „Die derzeitige Lösung ist zu konfus“, sagt Alexander Biach, Direktor-Stellvertreter der Wirtschaftskammer Wien. „Es gibt unterschiedliche Uhrzeiten, unterschiedliche Regionen. Die Unternehmer können sich nicht orientieren und die Konsumenten kennen sich oft nicht aus.“
Zonensystem für die Stadt
Eine eigene Zone in der Innenstadt, eine weitere Zone bis zum Gürtel und eine Zone beim äußeren Gürtel wären stattdessen denkbar. Dass diese wienweite Lösung in Zukunft kommen werde, davon ist Biach überzeugt. Denn „irgendwann wird die Stadtregierung einsehen müssen, dass die Unternehmer lebensnotwendig für die Stadt sind“.
Unterm Strich bedeutet das: Wer jetzt ein (sinnvolles) ganzheitliches Konzept durchsetzt, holt die Flächenbezirke ab, kann sich als Retter der Unternehmen positionieren und Grätzelprobleme lösen. In anderen Worten: Jemand, der vor drei Jahren eine Volksbefragung angeregt hat, bei der zumindest in der Pickerlfrage eine Niederlage klar war, kann jetzt zum großen Sieger werden. Wenn das Kalkül war, kann man sich nur verbeugen.
Weitere Artikel zum Parkpickel finden Sie auf www.meinbezirk.at/parkpickerl
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