20 Nonnen verließen ihr Kloster
Nach über 110 Jahren schließt Mission im Wienerwald ihre Pforten und wird säkularen Zwecken zugeführt
Wie dem Bezirksblatt zu Redaktionsschluss bekannt wurde, ist das Schicksal des kleinen Annunziataklosters im Wienerwald besiegelt: Es wird samt Kirche verkauft – die Verträge liegen zur Unterschrift bereit.
EICHGRABEN/ MARIA ANZBACH/FURTH (wp). Der Verkauf des idyllisch gelegenen Annunziataklosters zwischen Maria Anzbach und Eichgraben steht knapp vor dem Abschluss. Innerhalb der nächsten drei Wochen wird dieser wunderbare Ort der Einkehr und der Stille, den seit dem Jahre 1900 Missionsschwestern bewohnten und pflegten, den Besitzer wechseln. Schwester Michaela, die den Verkauf abwickelt, hüllt sich über die zukünftigen Besitzer noch in Schweigen.
>> „Keine russischen Geldmagnaten“
„Es werden jedenfalls keine russischen Geldmagnaten sein, wie man das auf der Gerüchtebörse immer wieder hört“, wehrt Schwester Michaela Erkundigungen am Telefon ab. Vor einiger Zeit wurde sogar der Papst eingeschaltet und von besorgten Bürgern über den bevorstehenden Verkauf informiert, in der Hoffnung, dass er sich für den Erhalt des Klosterstandorts einsetze. „Wir wollten verhindern, dass das Anwesen von einem Investor aufgekauft wird, der dieses Juwel völlig entfremdet“, erzählt Josef Maralik, der sich gemeinsam mit anderen engagierte. Zuletzt waren es die politischen Gemeinden Eichgraben und Maria Anzbach, denen eine Nutzung des Areals für Seniorenprojekte, wie etwa „Betreutes Wohnen“ vorschwebte. „Wir werden sehen, vielleicht wird es etwas in diese Richtung“, gibt Schwester Michaela dann doch einen Hinweis, „wahrscheinlich wird es mehrere Nutzungszwecke für das Kloster geben“. „Ich hoffe nur, dass dieser schöne Klostergarten auch in Zukunft für die Öffentlichkeit zugängig sein wird“, meint eine junge Mutter, die beim Lokalaugenschein durch das Bezirksblatt, ihr Baby im Kinderwagen vorbeischob.
>> Kloster wirtschaftlich nicht haltbar
Es tut mir schon sehr leid, dass wir hier weg müssen“, meint Schwester Aloisia, die die Klosterpforte öffnet, nachdem der Redakteur der Bezirksblätter die laute Hausglocke betätigte. Die 75jährige Nonne wohnt – mit kurzen Unterbrechungen – schon fast 50 Jahre hier. „Aber das Anwesen zu betreuen war nicht mehr möglich, an eine wirtschaftliche Führung nicht mehr zu denken“, fährt die rührige Nonne fort, „die meisten von uns sind um die 80.“ Die älteste Schwester ist 98. Junge Schwestern, die sich dem enthaltsamen Leben im Kloster verschreiben, sind keine in Sicht.
>> Zwei Schwestern halten Stellung
Bis vor vierzehn Tagen lebten hier noch 20 Nonnen und fast jeden Tag wurde noch ein Gottesdienst von einem ebenfalls hier lebenden Priester gehalten. Das ist nun Geschichte. Alle, bis auf Aloisia und eine zweite Schwester aus Polen blieben. Sie halten die Stellung, bis der Verkauf der Immobilie über die Bühne ist. Der Rest der Schwesternschar und der junge koreanische Priester verfügten sich nach Wien.
>> BDA versagte Zustimmung
Kaufinteressenten gab es immer wieder. Auch vor einigen Monaten standen die Verkaufsverhandlungen bereits im Finale. Als bekannt wurde, dass der Käufer mit seinem Projekt die Bestimmungen des Denkmalschutzes verletzen würde, zog das Bundesdenkmalamt (BDA) die Notbremse und verhinderte den Verkauf. „Wichtig ist, dass zukünftige Projekte einen sozialen Aspekt beinhalten“, erklärt Schwester Aloisia, „und, dass das Kirchengebäude nicht zweckentfremdet wird“.
Zeitenwandel
Kommentar
Kirchliche Institutionen sind irdischer Natur und können sich den, hier herrschenden, Regeln nicht (ganz) verschließen. Das müssen nun auch die rührigen Nonnen im Annunziatakloster zur Kenntnis nehmen. Denn um eine Immobilie wie jene zwischen Anzbach und Eichgraben zu erhalten, braucht man viel Geld, oder – noch viel wichtiger – Nachwuchs. Der Orden mit der hiesigen Zweigstelle schrumpfte weltweit von einst 11.000 Schwestern auf nun 7.000. Die 20, die im Wienerwald die Stellung hielten, mussten wegen Überalterung aufgeben. Schade! Denn die bescheidenen und sympathischen „Dienerinnen Gottes“ waren eine wichtige Bereicherung für diese Gegend. Aber es ist so wie in vielen (auch kirchlichen) Angelegenheiten: Gehst du nicht mit der Zeit, dann gehst du mit der Zeit! Eine Institution, die stabil bleiben will, muss sich entsprechend um den Nachwuchs kümmern! Wer das verabsäumt oder bloß darüber jammert, dass der (säkulare) Trend der Zeit dem entgegen steht, erntet die Früchte dieser Haltung. Ob als hauptamtlicher Mitarbeiter „der Kirche“ oder als einfaches Kirchenmitglied. Schön wäre jedenfalls, wenn wenigstens der soziale Aspekt des Klosters im Wienerwald erhalten bliebe!
Werner Pelz
Tel.: 0676 700 11 75
Mail: wpelz@bezirksblaetter.com
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