Burnout: Wenn die Maschine Mensch streikt
Stillstand: Wenn der Druck zu groß wird, Angestellte überfordert sind, unter Angstzuständen und Schlafmangel leiden und keine Leistung mehr bringen, folgt meist die unliebsame Diagnose – Burnout-Syndrom.
BEZIRK. "Burnout äußert sich in körperlicher, geistiger und emotionaler Erschöpfung in Folge einer mangelnden Lebensbewältigung", weiß Physiotherapeutin Barbara Gehart. Tagtäglich arbeitet die Burnout-Expertin mit Betroffenen.
Ausgebrannt und erschöpft
Hauptproblem seien die steigenden Anforderungen: "Es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Ressourcen – das Pensum an Fähigkeiten, die Belastungen zu bewältigen, reichen nicht aus", so Gehart.
"Früher war alles besser?"
"Nein, so kann man das auch nicht sagen, aber es gab das benötigte Gleichgewicht", lacht die Physiotherapeutin. "Heute steigt das Arbeitspensum, die eigene Arbeit erscheint immer geringer. Die Menschen fühlen sich wirkungslos. Früher waren die Berufsbilder viel kompakter, heute sind sie umfangreicher und nicht mehr klar abgrenzbar. Alte Berufe sterben aus, neue Berufe entstehen – da muss der Mensch ständig mitwachsen", so Gehart. Der technische Fortschritt, ständige Erreichbarkeit sowie die stetige Zunahme an Geschwindigkeit würden ihr Übriges dazu beitragen.
Es ist gut so, wie ich bin
"Heute spielen in unserer Gesellschaft Werte wie Leistung, Macht und Geld eine große Rolle. Sie haben Bodenständigkeit, Glaube und Individualität verdrängt. Normal ist nicht mehr gut genug. Die Menschen haben zwar ein spitzen Leistungsprofil, die ethische Erziehung fehlt allerdings. Ein kollektives Miteinander wird nicht mehr gefördert. Was verlangt wird, ist eine Präsenz auf allen Ebenen – das Individuum wird völlig vergessen", erklärt Gehart.
Vielfältige Krankheit
Betroffene sollten in erster Linie ehrlich zu sich selbst sein und die aktuelle Situation reflektieren: Wie geht es mir? Bin ich mit meinem Leben zufrieden und kann ich es auch bewältigen?
"Ideal wäre es natürlich, gleich in eine Beratung zu gehen. Dafür bieten sich Ärzte, Lebensberater oder Psychologen an. Trotz den Fortschritten in der Medizin zum Thema Burnout-Syndrom in den letzten Jahren und trotz aller Bemühungen, ist es trotzdem keine wissenschaftlich anerkannte Krankheit und die Zahl der Betroffenen steigt nach wie vor", berichtet Gehart.
Grenzen setzen
Das Arbeitspensum steigt, gleichzeitig werden aber Handlungsfreiräume entzogen. "Gerade dieses Gefühl, handeln zu dürfen, braucht der Mensch aber. Genau so verhält es sich mit Grenzen: Der Mensch braucht Grenzen, wenn er nie lernt, sie zu setzen, läuft alles ins uferlose. Irgendwann setzt der Körper dann die Grenze und brennt dadurch völlig aus. Daher ist es wichtig, dass Eltern ihren Kindern Grenzen setzen, denn der Mensch sehnt sich nach klaren Strukturen", betont die Expertin.
Soziale Unterstützung
Burnout-Betroffenen rät Gehart, Probleme offen anzusprechen. "Wichtig ist ein soziales Umfeld, in dem man darüber sprechen kann. Das können Familie, Freunde oder Gleichgesinnte sein", so die Physiotherapeutin. Entspannungstechniken, autogenes Training, Bewegungen und Atemtechniken und beruhigende Tees helfen, das Ungleichgewicht im Körper wieder herzustellen. "Geben Sie sich bewusst und konsequent einen Tritt in den Hintern. Das trainiert die Widerstandsfähigkeit und verschafft Ihnen die so dringend nötigen Erfolgserlebnisse", rät Expertin Barbara Gehart.
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