"Seifensiederei", einer der letzten noch sichtbaren "Zeitzeugen" in Sollenau, der an eine Handwerkpraxis aus längst vergangenen Zeiten erinnert !

12Bilder

Wenn man entlang der Bundestraße 17 durch Sollenau Richtung Wien fährt, so fällt einem auf der rechten Seite nach der ersten Ampel kurz vor dem Brückenübergang in der Wr. Neustädter Straße 15 ein verwitterter "Zeitzeuge" über eine längst vergangene Handwerkspraxis der Seifensiederei von Franz Schroll, die heute als ein moderner Betrieb nach wie vor Seifen produziert, auf.

Der seit 1890 noch immer im Familienbesitz bestehende Betrieb der ehemaligen Seifensiederei erinnert an ein Handwerk, der Seife aus Fetten, Ölen und Soda herstellt. Die schon seit den Sumerern bekannte Technik war während der Kreuzzüge auch nach Europa eingeführt worden und ersetzte das bis dahin gebräuchliche Waschen mit Holzasche oder deren Lauge. Erste Zünfte sind in Mitteleuropa im 14. Jahrhundert für Augsburg, Wien und Ulm nachgewiesen.

Mit dem Einsetzen der industriellen Herstellung von Seife im 19. Jahrhundert verlor der Handwerksberuf seine Bedeutung und führte nur noch ein Nischendasein.

Im katholischen Glauben gilt der hl. Florian als der Schutzpatron der Seifensieder.

Seit einiger Zeit scheint das Handwerk allerdings wieder einen Aufschwung zu erfahren. Seit der Jahrtausendwende entstanden sowohl in Europa als auch den USA in vielen Städten kleine Seifensiedereien, die nach traditionellen Methoden Seife herstellen, und deren Produkte man auch zunehmend im Versandhandel findet.

Siedeprozess

Der nachstehend angeführte Bericht zielt nicht auf den speziellen Vorgang der Familie Schroll ab, sondern ist der Versuch einer allgemeinen Erklärung dieser handwerksgeschichtlichen Entwicklung. Heute werden zum Unterschied der früheren Verarbeitungstechnik nur mehr pflanzliche Öle bei diesem Prozess verarbeitet !

Zur Herstellung von Seifen werden in der Regel pflanzlicheFette wie Kokosfett, Olivenöl, Palmöl, etc. und früher wurden auch tierische Fette wie Talg, Schmalz oder Fett aus Knochen, die bei der Tierverwertung anfallen verwendet.

Die Fette werden durch Einleiten von Wasserdampf geschmolzen und aufgeheizt und mit festen Natriumhydroxid-Plätzchen oder Kalilauge versetzt (beim exothermen Lösen des Hydroxids in Wasser wird zusätzlich Wärme freigesetzt). Früher verwendete man auch Pottasche oder Soda. Heute werden nur mehr pflanzliche Öle verarbeitet !

Die Verseifung mit Natriumhydroxid oder Natronlauge ergibt feste Seife, die Verseifung mit Kalilauge Schmierseifen. Reine Pflanzenfett-Natronseifen sind brüchig spröde, ein Zusatz von Rindertalg mindert diesen Effekt. Zur Herstellung von Seifen werden üblicherweise Abfallfette verwendet, meist pflanzliche Öle aus Heißpressungen oder aus der Extraktion mit Lösungsmitteln, gebrauchte Frittieröle werden (neben der Aufarbeitung zu Biosprit) nur zu Schmierseifen verarbeitet.

Die Fette werden beim Seifensieden durch Erhitzen mit den obengenannten Alkalihydroxiden in Glycerin und in die Alkalisalze der Fettsäuren (die eigentliche Seife) zerlegt. Die Erhitzung zum Sieden erfolgte früher in offenen gemauerten Kesseln. Beim sogenannten „Seifenkosten“ oder „Seifenessen“ der Seifensieder wurde die Seife nicht gegessen, sondern es war eine Prüfung der Alkalität an der Zunge. War der Alkaligehalt zu hoch (weil zu viel davon zugesetzt war oder das zugesetzte Hydroxid noch nicht restlos reagiert hatte), dann spürte der Seifensieder ein Brennen an der Zungenspitze.

Die beim Sieden erhaltene zähflüssige Emulsion wird Seifenleim genannt und mit Kochsalz versetzt. Dabei trennt sich die Emulsion (Aussalzen) in den aufschwimmenden Seifenkern, der hauptsächlich die Natriumsalze der Fettsäuren enthält und in Unterlauge, die hauptsächlich überschüssige Lauge, Glycerin und das gelöste Kochsalz enthält. Der Seifenkern wird durch Abscheidung von der Unterlauge getrennt und mit reichlich Wasser und etwas Lauge aufgekocht, um die restlichen Verunreinigungen herauszulösen.

Erneute Aussalzung führt dann zu der Kernseife. Das Produkt wird in Blöcken getrocknet. Die Blöcke werden entweder zu Quadern aufgeschnitten oder grob gemahlen, das Mahlgut mit Farbstoffen und Duftstoffen und Füllstoffen angeteigt, auf Walzenstühlen kalandriert (um Luft einzuschließen und schönen Glanz zu erzeugen) und ausgewalzt, die Bänder anschließend in einer Heißpresse stranggepresst bzw. extrudiert und aus dem Strang Formen gestanzt (Stanzwerkzeug am Bildbeispiel) und gleichzeitig zu Toiletteseifenstücken gepresst.

Hans Machowetz

Wo: Seifensiederei, 2601 Sollenau auf Karte anzeigen

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

4:34

Fische sind Glückskinder des Monats
Horoskop – das sagen die Sterne im Mai

Wir sind angekommen, im Wonnemonat Mai. Ob es für die zwölf Sternzeichen wirklich romantisch wird, das wissen Astrologe Wilfried Weilandt und Astroshow-Moderatorin Sandra Schütz. Und diesmal mit dabei: Violinistin Barbara Helfgott. ÖSTERREICH. Auf den Mai freuen dürfen sich alle Fische, die zählen nämlich – mit 100 Prozent in sämtlichen Bereichen – zu den Glückskinder des Monats. Ein wenig mehr Geduld müssen hingegen die Krebse haben. Die sind zwar die Pechvogerl des Monats Mai, haben es im...

Hier findest du die billigsten Tankstellen in Niederösterreich.
4

Benzin- und Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen in Niederösterreich

Hier erfährst du täglich, wo die billigsten Tankstellen in Niederösterreich sind, wie man günstig tankt und auch, wie man am Besten Sprit sparen kann. NÖ. In ganz Österreich ist es am günstigsten Vormittags zu tanken, da die Tankstellen nur einmal täglich, um 12 Uhr, die Spritpreise erhöhen dürfen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit und in unbegrenztem Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen in Niederösterreich täglich mit den aktuell gültigen Preisen. Die...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Niederösterreich auf MeinBezirk.at/Niederösterreich

Neuigkeiten aus Niederösterreich als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Niederösterreich

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Niederösterreich und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.