Die Tanzsportakademie - eine Story mit Irene Hanke
Durchs Internet geistern immer wieder eine Reihe, eher fragwürdige, Challenges. Bei der „ Artistic Challenge“ jedoch, sind wir hängen geblieben.
Einer international, wie national übergreifenden Erinnerungsreihe, das Tanzen und den Tanzsport betreffend.
Viele haben ihre Tanzlaufbahn amüsant und pointiert zum Besten gegeben. Eine wahre Freude, für alle - auch die stillen - Mitleser. Endlich sieht man auch Funktionäre, Trainer, Profis, Wertungsrichter als Amateurtänzer, die sich genau so raufarbeiten mussten, wie jeder andere auch, der vor hat, ganz nach oben zu wollen.
TANZSPORT SEITENBLICKE:
Irene Hanke, im Tanzsport bist du zu einer Institution geworden. Viele der Gegenwarts-Tänzer ahnen nur, dass du eine Karriere als aktive Tänzerin hinter dir hast. Du bist in erster Linie als Profitänzerin, Trainerin und Wertungsrichterin bekannt. Erzähl uns von deinem Tanzleben.
IRENE HANKE:
Ohne auch nur eine Trainerstunde gehabt zu haben, trat ich 1977 mit meinem ersten Tanzpartner zur Österreichischen Meisterschaft Latein an. Sicher zu sein, dieses Turnier zu gewinnen, wurden wir Letzte.
Mit dem zweiten Partner war ich dann erfolgreicher, dank eingehenden Trainings mit dem Ehepaar Trinkl, haben wir in Standard D und C alles gewonnen. Sogar zu einem Fernsehauftritt in der Show: „Einer wird gewinnen“ mit der Fernsehlegende Hans-Joachim Kulenkampff, haben wir es gebracht.
Mit Helmut Hanke, meinem dritter Partner, habe ich begonnen, in der Latein D zu tanzen. Mit Unterstützung unseres grandiosen Trainers Hans Schücker, haben wir alle Unterklassenturniere gewonnen.
Bei der Staatsmeisterschaft Standard 1983, starteten wir sofort in der S-Klasse und waren überzeugt davon, die absoluten Stars auf der Fläche zu sein.
Nach der ersten Runde teilte ich meinem Trainer, Kurt Mayer, glücklich mit, dass alles gar nicht so anstrengend gewesen sei, worauf dieser meinte: „Das hätte man auch gesehen“.
Wir haben Platz 35 von 35 erreicht...
Ab dann ging’s bergauf. Wir haben uns ein eisernes Trainingsprogramm auferlegt.
Es gab viele Bewertungsturniere - S-Klasse ohne Nationalmannschaft - die sich damals kein Tanzpaar entgehen ließ und so war gewährleistet, Turniere in Österreich tanzen zu können, was für uns alle bereichernd war. Wir waren so stolz auf unsere vielen Pokale!
Obwohl Latein „nur“ unsere 2. Disziplin war, erreichten wir das Finale bei der Staatsmeisterschaft Lateinamerikanische Tänze S-Klasse (Nationalmannschaft).
Kombiturniere waren eine konditionelle Herausforderung. Wir schafften zwar nie den Meister, dafür aber 3x in Folge den Titel des Vizemeisters.
Jedes Wochenende fanden Turniere im In- und Ausland statt. Trainingsaufenthalte in England, haben wir genossen wie Urlaube.
Zielstrebig haben wir verfolgt was nötig war, um ganz rauf zu kommen. Unser Fokus lang am „Tanzsport“.
Bei den ersten Weltranglistenturnieren, die damals erst ins Leben gerufen wurden, hat man uns dann auch mit Platz 7 in Standard, belohnt.
Wir waren 3x Gewinner der Wiener Walzer Konkurrenz, blicken auf Staatsmeistertitel in Standard, als auch auf viele Showauftritte, national und international, zurück. Wir liebten unser Tanzleben!
Parallel dazu haben jedoch, mühsame, tanzpolitische Verstrickungen ihren Lauf genommen. Wir hatten nicht vor, uns mit all dem weiter zu belasten und sind 1992, kurzerhand ins Profilager übergewechselt.
Dort konnten wir gleich perfekt einsteigen.
French Open in Paris - 3. Platz, Malaysian Open in Kuala Lumpur - 2. Platz.
Das Telefon stand nicht mehr still.
Wir haben die TANZSPORTAKADEMIE ins Leben gerufen.
Viele Paare wollten mit uns arbeiten. Wir fuhren kreuz und quer durch Österreich und auch nach Frankreich, um zu unterrichten.
1995 haben wir unsere aktive Karriere beendet und uns darauf konzentriert, unser Wissen weiter zu geben.
2010 packte uns noch einmal das Tanzfieber. Wir starteten in der Professional Division Master Class.
Es war unbeschreiblich!
Das Gefühl, wieder auf der Fläche zu stehen und sich zu präsentieren hat mich in den 7. Himmel gehoben. Wir haben einige Turniere in Italien und Spanien getanzt, ich habe unsere Erfolge unendlich genossen.
TANZSPORT SEITENBLICKE:
...beeindruckend, vor allem, wie du dein erstes Turnier beschreibst. Heute hat man das Gefühl, dass kaum mehr ein ungeübtes, untrainiertes Paar auf’s Turnierparkett gelangt.
IRENE HANKE:
Heute würde ein Trainer niemals ein schlecht trainiertes Paar auf die Turnierfläche lassen. Der Leistungsdruck ist groß und es ist unerlässlich, diesem auch zu entsprechen.
Da wo ich angefangen habe, gab es nach den Grundkursen in der Tanzschule eine Gruppe für Gesellschaftstanz und eine für Turniertanz. Ich war in der Gruppe Gesellschaftstanz. Dort habe ich mein Figurenpotential gelernt, fand mich toll und hab von da weg mein erstes Turnier gestartet...und den letzten Platz belegt – kein einziger Fersenschritt war das Geringste was man mir damals hat vorwerfen können.
Mir ist relativ schnell klar geworden, dass ich ohne Ausdauertraining, Technik und Biss, nicht weiter kommen werde.
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Man sieht auf alten Fotos immer so herrlich kurios-tüllbehaftete, aufgebauschte Tanzkleider, die ausgesehen haben wie Lampenschirme. Wir haben uns erzählen lassen, dass man die kaum wo unterbrachte und die einzige Möglichkeit sie aufzubewahren, ein großes Zimmer war, in die man sie reingestellt hat. Sie sollen steif und auch nicht wirklich tanzbar gewesen sein.
IRENE HANKE:
Ja stimmt, ich war aber erst nach dieser Ära am Turnierparkett.
Mein erstes Tanzkleid hat Traude Graf genäht. Es war auch „IHR“ erstes Tanzkleid. Ich habe ihr einfach erklärt, dass ich so was brauche und keine Ruhe gegeben bis sie zugesagt hat. Also haben wir recherchiert wie so ein Kleid auszusehen hatte.
Mein Kleid war dann schließlich aus Samt, schwarz-grün. Zubehör gab es nicht. In der City fand man, versteckt, einige Geschäfte mit Funkelzeug...die Perlkönigin – da gab es dann so was wie Accessoires, zum Aufnähen...eine Geduldsprobe.
Traude Graf ist heute aus der Turniertanzbekleidungsszene nicht mehr weg zu denken.
TANZSPORT SEITENBLICKE:
Du hattest drei Tanzpartner. Heute ist es enorm schwer, nach einer Trennung, wieder einen adäquaten Partner zu finden, speziell in den höheren Klassen. War es damals einfacher?
IRENE HANKE:
Nein. Auch damals musste man suchen und konnte von Glück sagen, wenn wer da war, bei dem man dachte, „ ja, das fühlt sich gut an, es passt.“ Nach einiger Zeit Pause bin ich mit Helmut zusammen getroffen.
TANZSPORT SEITENBLICKE:
Eine bewegte und erfolgreiche Tanzkarriere liegt hinter dir, demnach hast du auch einiges erlebt.
Die Aktivensprecher haben aktuell, für 2017 (!), größere Tanzflächen bei Staatsmeisterschaften durchgesetzt - ein Teilerfolg.
IRENE HANKE:
...ich kann mich da an eine Staatsmeisterschaft erinnern, wo das Tanzparkett flächenmäßig kleiner war, als die Grundfläche der Garderobe. Der Einwand von uns Tänzern, dass hier nicht getanzt werden kann, wurde lakonisch niedergeschmettert. Die Endrunde der S-Klasse war das reinste Gemetzel.
Also haben wir die Tänzergewerkschaft ins Leben gerufen – so schnell wie sie gegründet wurde, war sie auch schon wieder weg...!
Aber unser Auflehnen hatte Erfolg, es wurde tatsächlich, kurz darauf, ein Antrag auf Mindestflächengröße, auf die Anzahl der startenden Tanzpaare abgestimmt, eingebracht.
Dieser Antrag wurde dann auch angenommen.
TANZSPORT SEITENBLICKE:
Politik im Tanzsport?
IRENE HANKE:
Verachte ich heute wie damals.
TANZSPORT SEITENBLICKE:
Es war unglaublich amüsant mit dir hier zu sitzen und dieses Interview auszuarbeiten. Danke, dass du dir für uns Zeit genommen hast.
Weitere Info’s die Tanzsportakademie betreffend, findet ihr hier: http://tanzsportakademie.at
Fotos © Tanzsportakademie Irene und Helmut Hanke
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