Döbling
Bezirksparlament beschließt Fahrradstraße in der Hutweidengasse
Am Donnerstag, 15. Dezember, gab es die letzte Sitzung des Döblinger Bezirksparlaments. Seit Ende November gab es die Debatte, ob der Baustopp des Radwegs Krottenbachstraße in der Flotowgasse und Radfahren gegen die Einbahn wirklich zielführend und vor allem für Radelnde sicher wären. Nun beschlossen SPÖ, Grüne und Neos eine Fahrradstraße in der Hutweidengasse im Bezirksparlament. Wir haben die Debatte für dich zusammengefasst.
WIEN/DÖBLING. Auch die letzte Sitzung des Bezirksparlaments im Jahr 2022 war im großen und ganzen recht ruhig und debattenfrei. Einzig bei einem Thema gab es zahlreiche Wortmeldungen. Der Grund: Der Radweg Krottenbachstraße und alle Alternativen und Aspekte, die damit in Verbindung stehen. Bezirkschef Daniel Resch (ÖVP) verkündete Ende November neue Pläne, auf die er sich mit Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) geeinigt haben soll. Demnach wird der nächste Abschnitt der Radverbindung auf der vielbefahrenen Krottenbachstraße nicht als baulich getrennter Zweirichtungsradweg weitergeführt, sondern als Radeln gegen die Einbahn in die parallel verlaufende Hutweidengasse verlegt.
Dieser Vorschlag schmeckt Bezirks-SPÖ, Grüne und Neos ganz und gar nicht. Es sei "nicht sicher", alleine schon wegen der Schrägparkplätze in der Hutweidengasse. Gemeinsam stellten die Fraktionen einen Antrag, die Hutweidengasse zur Fahrradstraße umzuformen – sofern der baulich getrennte Zweirichtungsradweg in der Krottenbachstraße eben nicht kommen sollte.
"Wir stehen weiterhin hinter dem gültigen mehrheitlich gefassten Beschluss der Döblinger Bezirksvertretung von Dezember 2020 über einen baulich getrennten Zweirichtungsradweg auf der gesamten Krottenbachstraße", formulierten die Parteien in dem Antrag. Es sind jene drei Parteien, welche im Dezember 2020 sich für den Radweg aussprachen.
"Sollte die Radroute zwischen Flotowgasse und Börnergasse auf die Hutweidengasse ausweichen, fordern wir eine sichere, bevorrangte Fahrradstraße in der Hutweidengasse. Der Sinn des baulich getrennten Radwegs auf der Krottenbachstraße dient der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmende und insbesondere der Radfahrenden. Das aktuell ins Auge gefasste Vorhaben, die Radroute zwischen Flotowgasse und Börnergasse mittels Einbahnöffnung durch die Hutweidengasse zu führen, ist für Radfahrende, insbesondere für Kinder und Jugendliche, nicht sicher (z.B. Radfahren hinter Schrägparkplätzen) und zudem ein Umweg", heißt es im Antrag von SPÖ, Grüne und Neos weiter.
Wir haben die wichtigsten Standpunkte in der Debatte für dich hier zusammengefasst:
"Der große Brocken"
Die Fahrradstraße in der Hutweidengasse ist zwar die schlechtere Route, aber die einzig sichere und akzeptable Lösung so das Parteientrio in Rot, Grün und Pink. "Wir fangen mit dem großen Brocken dieser Sitzung an", beginnt Evelyn Shi, Chefin der Neos, den Antrag dem Parlament vorzutragen. Sie beginnt die Debatte: "Da möchte ich auch bemängeln, dass die ganze Kommunikation und Einbindung einfach gefehlt hat - auch von Seiten der Stadt Wien. Ich war gestern in der Bezirksvorstehung und da hat mir der Herr Bezirksvorsteher zum ersten Mal Pläne gezeigt. Und das war zu der Hutweidengasse."
Die Fahrradstraße, die man beantragt ist laut Straßenverkehrsordnung eine Verordnung. "Das heißt, die Verordnung sagt ganz klar, wie was ausschauen soll", so Shi. Man habe auch über eine "fahrradfreundliche Straße" nachgedacht, diese Definition würde aber zu viel Spielraum lassen.
"Minimale Verbesserungen"
Bezirksvize Robert Wutzl (ÖVP) meldete sich hierzu zu Wort: "Ich darf vielleicht nochmal die Begrifflichkeit der Fahrradstraße erklären. Drei wesentliche Regeln stehen zur Fahrradstraße im Gesetz:
- höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit 30 km/h
- Radfahrende dürfen nebeneinander fahren
- motorisierter Verkehr darf nur zufahren oder queren, aber sonst nicht dort unterwegs sein."
Wutzl führt weiter aus: Radfahren nebeneinander sei als Maßnahme im betreffenden Gesetz mittlerweile überholt, denn seit 1. Oktober dürfe man nach der letzten Gesetzesnovelle bei 30 km/h ohnehin nebeneinander fahren. Außerdem gäbe es schon eine 30er-Zone in dem Gebiet. Und: "Es gibt bereits eine fertige Planung mit allen zuständigen Magistratsabteilungen für eine ,Fahrradfreundliche Straße'. Diese erfüllt alle Kriterien, die davor genannt wurden. Diese Straße wurde auch so geplant, dass es keine attraktive Durchquerung gibt in der Hutweidengasse", so der Bezirksvize Wutzl. "Da hat sich die MA46 auch bemüht, entsprechende Einbahnstürzungen einzubauen - also die Einbahnen in entgegengesetzte Richtungen umleiten zu lassen." Laut Wutzl würde dies wie folgt aussehen:
- Zwischen Flotow- und Budinzkigasse würde die Einbahn stadtauswärts führen
- Zwischen der Görgen- und der Budinzkigasse ginge die Einbahn stadteinwärts
- Ab der Görgengasse wieder stadtauswärts
"Der Fahrzeugverkehr kann kein Durchzugsverkehr mehr sein. Außerdem ist dort Radfahren gegen die Einbahn. Das ist klar, denn logischerweise muss bei Einbahnen dann dies gelten. Es wurde dabei darauf geachtet, dass die derzeitigen Parkplatzmarkierungen so geändert werden, dass die Radfahrer dann immer auf der Seite der Längsparker verkehren", damit wäre die befürchtete Unsicherheit für Radler wohl nicht gegeben sein. Die Mindestbreiten für dieses Konzept wären außerdem vorhanden. Zusätzlich sollen Piktogramme noch mehr Sicherheit bringen. "Eine Qualitätsstudie der Stadt Wien zeigt, dass zwischen Fahrradstraße und fahrradfreundliche Straße nur minimale Unterschiede liegen". Hier gehe es vor allem nur um die Breite der Straße. Untersuchungen der Stadt Wien würden zeigen, dass dieses Gebiet zu den am dichtesten verparkten Gebieten zählt, eine Fahrradstraße würde laut Wutzl "ca. 80 Parkplätze" kosten. Er fordert eine Abänderung des Antrags. Dieses Konzept, die "fahrradfreundliche Straße", solle in den Antrag von SPÖ, Grüne und Neos aufgenommen werden.
Neos will zurück zum Radweg
Es meldete sich Christian Prochazka (Neos) zu Wort: "Es gibt einige Gründe, welche grundsätzlich gegen beide Varianten sprechen. Etwa, dass für die Kosten bei beiden der Bezirk aufkommen muss." Er fordert einen genauen Detailplan für alle Fraktionen für den Radweg Krottenbachstraße - inklusive Auflistung von verloren gehenden Parkplätzen. Es sei außerdem "illusorisch" zu denken, dass Radfahrende auf die Alternativroute ausweichen würden." Vielmehr seien sie nicht auf einem neuen Radweg auf der Krottenbachstraße, sondern auf dem Gehweg dort unterwegs, bevor man einen Umweg in die Hutweidengasse in Kauf nimmt.
Er fordert transparente Planung durch die Stadt, bei der alle Fraktionen sich an einem Tisch setzen und auch aufgezeigt wird, bei welcher Variante genau welche Parkplätze wegfallen würden. "Ich wünsche mir, dass wir alle Fraktionen und auch das Büro von Frau Sima dazu in die Verkehrskommission einladen. Wer auch immer von dort teilnimmt."
Die pinke Klubobfrau Shi ergänzt, dass es bei der "fahrradfreundlichen Straße" nur um mehr oder weniger Richtlinien geht. Dazu hätte es bereits schon Pläne gegeben, welche aber wieder verworfen wurden. "Wir fragen uns halt auch: Seit wann gibt es diese Planung. Wer hat all dies veranlasst? All diese Fragen müssten wir uns nicht stellen, wenn wir alle von Anfang an dabei gewesen wären. Es würde alles besser funktionieren, wenn wir besser eingebunden werden." Sie schließt ab: "Wir sind gegen die Abänderung dieses Antrags."
"Hoher Parkplatzdruck"
Klemens Resch, geschäftsführender Klubobmann der FPÖ, tritt ans Pult: "Dass wir als FPÖ gegen diesen Antrag sind, ist glaub' ich nicht überraschend. Es kann nicht sein, dass man ausgerechnet in diesem Gebiet wieder eine Parkplatzvernichtung anstrebt." Denn in einer kürzlich veröffentlichten Studie der Stadt würden hier 95 Prozent der Parkplätze ausgelastet sein. Er zitiert auch die SPÖ Döbling: "Die SPÖ Döbling hat in der letzten Sitzung eine Garage in dem Gebiet gefordert wegen des hohen Parkplatzdrucks." Es sei "eine Schnapsidee hier wieder knapp hundert Parkplätze zu streichen."
Das ruft den SPÖ-Klubobmann Christian Tschabitscher auf den Plan. Er relativiert die Studie. Sie sei als Nachbearbeitung zur Einführung des Parkpickerls durchgeführt worden: "Parkraumbewirtschaftung wirkt überall – besagt diese Studie. Und ja, hier gibt es noch Nachbesserungsbedarf, wie in vielen anderen Gebieten." Es sei polemisch dies nicht dazu zu sagen. "Würde es nach dem Klubobmann Klemens Resch gehen, wäre Döbling der größte Gratisparkplatz in Wien. Das ist die freiheitliche Politik in Döbling", so Tschabitscher. Er bedankt sich beim Bezirksvorsteher Daniel Resch (ÖVP), damals hinter der Parkraumbewirtschaftung gestanden zu sein. Die Vorsitzende bittet indes die Redenden nicht dauernd auf das Pult zu schlagen, da man sonst einen Gehörsturz bekommen würde. Jemand aus der Menge meldete sich: "Das Mikro ist einfach zu laut eingestellt."
Klemens Resch konterte zur SPÖ-Meldung: "Die SPÖ Döbling will per Antrag eine Garage bauen, die Landes-SPÖ lehnt dies ab, weil man einfach keine neue Garage mehr errichten will. Und jetzt will man im Gegenzug Parkplätze an der Oberfläche streichen?"
Herrscht eine "Spaltung"?
Bezirksvize Thomas Mader (SPÖ) meldete sich mit einer Frage: "Um was geht es eigentlich? Geht es wirklich noch um Radwege oder Parkplätze? Ich denke mir manchmal es geht nurmehr um Polarisierung, Spaltung und Kampagnen. Kampagnen sind in dem Zusammenhang sehr wichtig. In Wahrheit geht es um ein faires und respektvolles - und vor allem - um ein sicheres Miteinander. Und das auch im öffentlichen Raum in Döbling. 64 Prozent dieses Raums wird von Parkstreifen und Straßen benutzt. Es geht um den fairen Raum für den Verkehr in Döbling." Denn Döbling sei Schlusslicht bei der Radinfrastruktur, das beklage man seit 20 Jahren.
"Radfahren gegen die Einbahn können wir in der Hutweidengasse sofort abfeiern. 800 Meter, so viel haben wir in den letzten 50 Jahre nicht zusammengebracht. Aber was kommt dabei raus? Es ist wieder nicht sicher für die Schwächsten. Für die Familien und die Kinder." Es sei ganz wichtig, in diesem Bereich etwas zu machen. Es gehe auch nicht um die Ausspielung von verschiedenen Verkehrsteilnehmern. "Für welche Art der Mobilität steht die ÖVP? Auch der ,Masterplan Gehen' wurde hier von der ÖVP und FPÖ abgelehnt. Ich weiß also nicht mehr, welche Art der Mobilität darf es noch sein, außer der motorisierte Individualverkehr?" Er erklärt es knapp und kurz aus Sicht der SPÖ: "Radfahren gegen die Einbahn: Nein, weil nicht sicher. Fahrradstraße ja, weil sicher." Wobei man überzeugt sei, dass die Krottenbachstraße noch immer die beste Lösung sei.
Wutzl gibt Einblick
Jetzt meldete sich der andere Bezirksvize von der ÖVP, Robert Wutzl, nochmals zu Wort: "Ich dachte, wir haben einen sehr guten Plan, abgestimmt mit den Magistratsabteilungen." Der einzige Unterschied zwischen dem "fahrradfreundlichen Radfahren" und der Fahrradstraße sei nur, dass bei Zweiterem die Fahrbahnbreite - wenn links und rechts geparkt wird - fünf Meter sein müsse. Der Rest sei mehr oder weniger ident.
Nun möchte er einen Einblick in Gespräche hinter der Tür geben, was die Beteiligung von Planungen angeht: "Am 29. Juni 2021 gab es eine Besprechung mit Stadträtin Sima, mit den Vertretern der Magistratsabteilungen und mit dem Kollegen Mader. Dort wurde in Auftrag gegeben, die Hutweidengasse zu planen. Zumindest wir haben gewusst, dass das damals schon Thema war."
"Demokratiepolitisch bedenklich"
Grünen-Chef Peter Kristöfel meldete sich zu Wort: "Demokratiepolitisch ist es bedenklich, wenn es einen mehrheitlichen Beschluss des Bezirksparlaments gibt und ein Organ der Verwaltung, also der Herr Bezirksvorsteher, und die Stadträtin Sima sich etwas anderes ausmachen", so Kristöfel.
Auch er sieht, dass die "hartgesottenen" Fahrradfahrer ohnehin die Krottenbachstraße weiter benutzen würden. Der baulich getrennte Radweg sei - auch um den Fließverkehr zu beschleunigen - wichtig. "Wir sind für einen baulich getrennten Radweg, und wenn es eine Alternative geben sollte, dann nur eine Fahrradstraße, wegen der Sicherheit der Familien. Auch er kritisiert, dass eine "fahrradfreundliche Straße" keine fixe Regelungen beinhalte. Neos-Chefin Shi betritt nach ihm das Rednerpult und wiederholte im Grunde diesen letzten Punkt nochmals.
Ein letztes Mal trat Bezirksvize Mader die Bühne und richtete die Kritik vor allem gegen den Bezirksvorsteher Daniel Resch (ÖVP), was die Transparenz angeht: "Es tauchen erst dann irgendwelche Pläne und Konzepte auf, wenn es zuerst Anträge gibt. Das ist auch nicht fair." Er bestätigt, dass es die Sitzung am 29 Juni 2021 gab: "An dieser Sitzung hatte der Bezirksvorsteher unmissverständlich klar gemacht - und das ist sein gutes Recht - alles daran zu setzen, den baulich getrennten Radweg in der Krottenbachstraße zu verhindern. Erst deswegen hat es den Gedanken gegeben, welche Varianten es noch gebe."
Mader kritisiert laut eigenen Aussagen nicht Radeln gegen die Einbahn per se, aber die Breiten würden in der Hutweidengasse nicht passen. Er habe selbst nachgemessen. Ein letztes Mal meldet sich Wutzl zu Wort: "Was die Breiten angeht, wenn man sich den vorliegenden Plan ansieht, dann merkt man, dass wir hier nirgends unter vier Metern Fahrbahnbreite nach Durchführung liegen würden. Die Pläne liegen auf. Man muss sie nur ansehen. Es liegt alles auf."
Abstimmung setzt Zeichen
Nach der langen Debatte um Fahrbahnbreiten, Sicherheit, Transparenz und Fairness ging es zur Abstimmung. Der Abänderungsantrag - also auch die "fahrradfreundliche Straße" in den Antrag aufzunehmen - wurde gegen die Stimmen der ÖVP abgelehnt.
Jetzt ging es darum, ob das Bezirksparlament eine Fahrradstraße haben möchte. SPÖ, Grüne und Neos stimmten erwartungsgemäß gegen die Stimmen von ÖVP und FPÖ für dieses Vorhaben. Damit ist der Antrag durch, die Bezirksvertretung will mehrheitlich eine Fahrradstraße in der Hutweidengasse. Nun werden die zuständigen Magistratsabteilungen gebeten, diese Variante zu prüfen.
FPÖ wollte alle Pläne verwerfen
Zu Ende der Sitzung brachte auch noch die FPÖ einen Antrag zu der ganzen Thematik ein. "Die zuständigen Dienststellen der Stadt Wien werden ersucht, die Radwegpläne entlang der Krottenbachstraße und in der Hutweidengasse zu verwerfen", heißt es in diesem. Man will aus freiheitlicher Sicht also gänzlich die Radweg-Pläne samt Alternativen vom Tisch haben. Wie zu erwarten war stimmte hier nur die FPÖ selbst mit. Der Antrag wurde daher nicht angenommen.
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