"Ich habe zwei Heimaten!"

Judith Weinmann (Mitte) und Markus Muliar im Gespräch mit bz-Redakteurin Conny Sellner. | Foto: Cornelia Gillmann
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bz: Ob und wie wurden Sie selbst bereits mit Antisemitismus konfrontiert?
Judith Weinmann: Ich bin eine Wiener Jüdin, bin hier geboren und aufgewachsen und hatte lange Zeit keine Probleme mit Antisemitismus, obwohl ich auch öffentlich immer gut sichtbar einen Davidstern trug. Das erste Mal wurde ich 1986 damit konfrontiert, als ich im Prater auf einer Parkbank saß und ein Mann meinte: „Hier setz ich mich nicht hin, hier stinkt's nach Juden!“ Seit damals war ich auf der Hut, denn unter Waldheim wurde Antisemitismus plötzlich wieder in allen Gesellschaftsschichten modern.
Markus Muliar: Antisemitismus ist immer da – unabhängig davon, was gerade in Israel und Palästina passiert - nur jetzt ist es wieder modern, judenfeindlich zu sein. Was in den 80er-Jahren der Gasthaus-Antisemitismus war, ist heutzutage der Facebook-Antisemitismus. Ich finde es erschreckend, welchen Hass soziale Plattformen zustande bringen.

bz: Laut dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, ist dies die schlimmste Zeit für Juden seit der Nazi-Ära. Wie empfinden Sie das?
Judith Weinmann: Ich fühle, dass ich zwei Heimaten habe: Israel und Österreich. Als diese ganzen Anti-Israel-Demonstrationen in den großen Städten Europas stattfanden, war ich gerade in Israel. Und obwohl dort gerade Krieg herrschte und Bomben flogen, dachte ich mir: Gott sei Dank bin ich hier, denn hier bin ich sicher! Ich bin ein von Haus aus angstfreier Mensch, doch ich bin vorsichtig geworden und trage keinen Davidstern mehr. Als Jude hat man das Gefühl, die Welt will uns ausradieren.
Markus Muliar: Der Grund für die aktuelle Situation und das Hauptproblem ist, dass es nach wie vor keine Beschäftigung mit der Geschichte gibt bzw. man nichts aus der Geschichte gelernt hat. Wie Hugo Portisch schon sagte: "Wer die Geschichte nicht kennt, versteht die Gegenwart nicht." In Wahrheit gibt es immer wieder aufflammenden Hass gegen Minderheiten. Es geht um Gruppierungen, die man nicht kennt und zu denen man keinen Zugang hat – das sind die Feindbilder.

bz: Wie empfinden Sie als Jüdin in Österreich die Haltung der Medien und Politik hinsichtlich Anfeindungen gegen Juden?
Judith Weinmann: Das ist ein schwieriges Thema, denn die einzige Gegenstimme zu den Anti-Israel-Demos in Wien kam seitens einer Partei, die wir nicht gutheißen können. Auch die mediale Berichterstattung ist erschreckend einseitig und stellt Israel fast ausnahmslos als Aggressor dar. Somit fühle ich mich von der Politik und den Medien absolut im Stich gelassen. In dieser Angst hier lebe ich und frage mich: „Seht ihr nicht, was hier passiert, und warum tut ihr nichts dagegen?“

bz: Hr. Muliar, Ihr Großvater ist selbst in einem jüdischen Haushalt aufgewachsen. Wie ist er mit dem Thema umgegangen?
Markus Muliar: Das ist etwas schwierig in der Familiengeschichte. Mein Großvater konnte diesbezüglich bis zu seinem Ableben keine klaren Verhältnisse schaffen. Großteils aus einer historisch nachvollziehbaren Grundangst heraus. Definitiv ist es so, dass sein Erziehungsberechtigter Jude war und seine Mutter zum jüdischen Glauben konvertiert ist, um ihn heiraten zu können. Mein Großvater sah sein Verhältnis zum Judentum ambivalent und hat dieses bis zum Ende seines Lebens oft hinterfragt, was ich gut finde.

bz: Fr. Weinmann, worin liegt der Beweggrund für die Organisation der österreichischen Kulturtage in Tel Aviv?
Judith Weinmann: Mein Herzenswunsch ist es, vertriebenen Juden, die in Wien aufgewachsen sind, Erinnerungen an ihre Heimat vor der Vertreibung nach Israel zu schenken. Menschen, die in Wien gelebt haben, wissen noch alles von ihrer Heimat – das Heimweh wird größer, je älter man wird, egal was einem dort passiert ist. Mit alten Wienerliedern und Texten aus ihrer Kindheit soll ein Stück altes Wien nach Israel gebracht werden.

bz: Wie könnte man Ihrer Meinung dem Antisemitismus entgegenwirken und das Verständnis für das Judentum fördern?
Markus Muliar: Was momentan etwas heilend ist, ist die Möglichkeit für die Enkelgeneration, das Ganze aufzuarbeiten. Man muss die Vergangenheit verstehen und geschichtliches Wissen haben – das sehe ich vor allem auch als Aufgabe für öffentlich rechtliche Sender. Zusätzlich muss man Begegnungen schaffen und Brücken bauen, wie am Beispiel der österreichischen Kulturtage in Tel Aviv. Das ist eine Art der Kommunikation und Auseinandersetzung, die Verständnis schafft.
Judith Weinmann: Aufklärung ist das Um und Auf! Bereits in der Volksschule muss diesbezüglich etwas passieren. Ich wäre auch selbst gerne bereit, in Schulen zu gehen und dort vom Judentum zu erzählen. Nur durch Aufklärung kann man allen Sorten von Angst und Hass entgegenwirken.

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