Täglich neue Herausforderungen
Eine Busfahrt in der Pandemiezeit

Monika Marte und Thomas Nigmann sind Busfahrer mit und aus Leidenschaft. | Foto: Christian Marold
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  • Monika Marte und Thomas Nigmann sind Busfahrer mit und aus Leidenschaft.
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Busfahrer sein in der Pandemiezeit bedeutet Sicherheit und Unsicherheit zugleich

Systemrelevante Berufe sind in der Pandemiezeit mehr denn je gefordert. Diese Berufsgruppen setzen täglich ihre Gesundheit aufs Spiel. Monika und Thomas sind zwei Menschen, die ihren Beruf aus Leidenschaft ausüben, auch wenn dabei eine gewisse Angst mitschwingt.

„Hätten Sie auch um 12:30 Uhr Zeit? Dann habe ich zwei Busfahrer für Sie, die gerade ihre Mittagspause machen.“

Gerhard Pertoll ist der Geschäftsführer des Busunternehmens NIGGBUS in Rankweil. Ich frage ihn, ob das schon OK sei, dass die beiden Kollegen nur wegen mir ihre Mittagspause opfern. Kein Problem, erwidert mir Herr Pertoll und verabschiedet sich am Telefon mit dem Hinweis, dass er sich auf das Interview freue.

Monika Marte und Thomas Nigmann sind Busfahrer mit und aus Leidenschaft. | Foto: Christian Marold
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Drei Tage später stehe ich auf dem großen Parkplatz des Busunternehmens und sehe gleich einen für mich vertrauten Stadtbus von Feldkirch. Zirka 10 Jahre bekommt ein Busunternehmen die Lizenz für solche Projekte wie zum Beispiel den Stadtbus von Feldkirch. NIGGBUS bedient diesen Auftrag nun schon seit Beginn des Stadtbus Feldkirch im Jahre 1993. Das macht den Geschäftsführer stolz, denn die Konkurrenz auch außerhalb Vorarlbergs schlafe nicht. Nach einem kurzen Plausch mit Gerhard Pertoll stehen Punkt 12:30 Uhr auch schon Monika Marte und Thomas Nigmann bei uns. Monika lebt in Klaus und ist seit fünf Jahren beim Unternehmen tätig. Thomas ist dagegen ein junges Küken. Der Bürser erlebt gerade alle fünf Jahreszeiten in einem Bus. Dazu mehr aber später.

Für das Interview setzen wir uns in das Arbeitszimmer der beiden. Einen gelben NIGGBUS. Mit Abstand und FFP2-Maske starten wir ins Gespräch. Ich kläre beide auf, dass es mir wichtig wäre, den Lesern ihre Arbeit gerade jetzt in der Pandemie etwas näher zu bringen. Da beide in einem systemrelevanten Beruf arbeiten und dadurch auch täglich ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, wäre ein solches Interview wichtig. Beide sehen sich zuerst an und dann mich, als hätte ich sie erst jetzt auf diese Gedanken gebracht. Für Monika habe sich nicht allzu viel verändert. Das Miteinander und der Smalltalk mit den Kollegen würde ihr am meisten abgehen. Im Bus selber sei es wesentlich ruhiger geworden. Die Fahrgäste plaudern nicht mehr so gern untereinander. Wahrscheinlich wirke die Maske wie ein Maulkorb. Kollege Thomas kennt diese Situation gar nicht anders, da er erst seit einem Jahr dabei ist. Fahrgäste mit Mund-Nasen-Schutz und die Trennscheibe zu den Fahrgästen. Für Thomas ein Jetzt-Bild. Monika hingegen kennt die Situation von früher. Da hätte man leichter die Rufe der Fahrgäste gehört und verstanden. Auch wenn es nur ein „Danke, habidere!“ war. Mit Trennscheibe und Mundschutz ist das schon wesentlich schwieriger.

Geschäftsführer Gerhard Pertoll, der gespannt das Interview mitverfolgt, wirft noch einen spannenden Aspekt ein: Die meisten Busfahrer befürworten die Trennscheibe zwischen ihnen und den Fahrgästen und könnten sich dies auch nach der Pandemiezeit vorstellen. Schon alleine aufgrund der Sicherheit. So gab es schon öfter Fälle von aggressiven und handgreiflichen Fahrgästen und gerade für die weiblichen Kollegen ist diese Trennscheibe ein großer Sicherheitsfaktor.

Für Monika und Thomas ist unisono klar, dass der größte Verlust das Miteinander unter den Kollegen ist. In den Mittagspausen sucht jeder seine Ecke und ein kommunikatives Sich-gemeinsam-an-einem-Tisch-treffen gibt es jetzt nicht mehr. Spontane Kollegentreffs oder gar Ausflüge sind erst einmal aufgeschoben.

Das Kommunikative fehlt. In allen Bereichen. | Foto: Christian Marold
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Ich stelle mir in diesem Moment einen vollen NIGGBUS mit Busfahrern vor, die einen Firmenausflug nach Italien machen. Derzeit ein unwirkliches Bild.

Thomas und Monika ist es noch wichtig zu erwähnen, dass sie zwar in einem systemrelevanten Beruf arbeiten und gewisse Risiken dabei sind, aber sie auch dankbar sind überhaupt einen geregelten Beruf zu haben, was vielen derzeit nicht vergönnt sei.

Auf die Frage, wie sie mit Fahrgästen umgehen sollen/müssen und dürfen, wenn diese keine FFP2- Maske beim Betreten des Busses tragen, antwortet Monika spontan: „Meist regeln das die Fahrgäste unter sich. Ich greife höflich ein, mach sie aufmerksam auf die fehlende Maske, falls dies nötig sei.“ Aber meist erkennen die Fahrgäste ohne Maske schon an den bösen Blicken der anderen Fahrgäste, dass etwas nicht stimmt. Sture Gäste oder die, die eine Regel ignorieren, gäbe es immer, so Thomas ergänzend.

Ob man denn Fahrgäste rausschmeißen würde, verneinen beide klar. Im Notfall bleibt der Bus solange stehen, bis die Polizei eingetroffen ist.

Ich frage beide noch, wie sich die schneereichen Tage auf ihre Arbeit ausgewirkt habe. Thomas antwortet darauf hin, dass es sein erster Winter war und wer gleich einen so extremen Winter im Straßenverkehr erlebe, den könne nichts mehr so schnell aus der Bahn werfen. Monika fügt noch hinzu, dass ein schneereicher Winter wie heuer schon extrem herausfordernd sei, denn Straßen würden von heute auf morgen um ein Drittel schmaler werden. Da wird plötzlich jede Kurve eng und jeder SUV wirke wie ein zweiter Bus.

Hat ein Busfahrer eine Lieblingsstecke?
Monika schwärmt von der Linie 7 über die Letze in Feldkirch Tisis. Toller kleiner Bus und schöne Strecke. Für Thomas ist es die Abwechslung. Eine Lieblingsstrecke habe er nicht.

Thomas blickt schon etwas nervös auf seine Uhr, denn er muss zum Bus. Die Mittagspause sei vorbei und es wäre nicht gut, wenn der Bus samt Busfahrer zu spät kommen würde.

Auf meinem Weg nach Hause kommen mir noch einige der gelben Busse entgegen. Ich habe schon fast das Gefühl nun selbst ein Teil dieser Busfahrerfamilie zu sein. Aber nur fast, denn mein Winken aus meinem Auto wurde von dem Busfahrer nicht erwidert. Warum auch? Mein Auto ist weder gelb noch steht Stadtbus drauf.
Schade irgendwie.

Wie verhälst du dich Maskenverweigerern gegenüber?

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