Freiwilligen-Engagement
Erinnerungen am jüdischen Friedhof Hohenau pflegen
HOHENAU. Die Idee entstand am Wirtshausttisch. Das Gespräch kam auf den jüdischen Friedhof, einer der vielen in Niederösterreich, die in Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) sind, deren Pflege aber zu einem gewissen Teil der Standortgemeinde obliegt. Was diese auch tut. "Wir mähen die Freifläche neben den Grabsteine zweimal im Jahr, aber für aufwändige Pflege fehlen uns die Ressourcen", teilt Bürgermeister Wolfgang Gaida mit.
Zwischen den Gräbern und Grabsteinen wuchsen im Laufe der Jahrzehnte Bäume, Büsche und Unkraut. "Da muss etwas geschehen, hieß es am Wirtshausstammtisch." Also taten Reinhard Brandstetter und Alfred Dlalaba etwas. Sie vereinbarten miteinander einen Termin für einen "Forstarbeitstag" am Friedhof und machten diesen publik. "Wir haben einfach Bekannte angeredet und unsere Idee auf Facebook gepostet", sagt Brandstetter.
Schließlich fragen sich 20 tatkräftige Freiwillige am Friedhof, "darunter auch einige junge Leute, die richtig anpacken konnten", freut sich Brandstetter. Große Bäume und Sträucher, die zwischen und auf den Gräbern gewachsen waren, wurden entfernt, Unkraut wurde gejätet.
Seit dem ersten Arbeitseinsatz im Herbst 2019 trifft sich eine kleine Gruppe an Freiwilligen in regelmäßigen Abständen zur Pflege des Geländes.
Sicherheit
Für die Pflege des verbleibenden alten Baumbestands ist die Israelitische Kultusgemeinde Wien zuständig. "Ein Sachverständiger begutachtet regelmäßig die Bäume auf allen unseren Friedhöfen und gibt bei regionalen Betrieben, sofern aus Sicherheitsgründen notwendig, den Baumschnitt in Auftrag", erklärt Klaus Hoffmann, Generalsekretär der IKG Wien.
Der Hohenauer Friedhof ist stillgelegt, es gibt im Ort heute keine Nachkommen der jüdischen Familien - einer ehemals großen jüdische Gemeinde - mehr. Er bleibt aber trotzdem bestehen, denn nach jüdischem Glauben darf ein Friedhof nie aufgelassen werden. 110 Gräber befinden sich am Areal, das frei zugänglich ist. Viele Grabsteine stehen in Schieflage oder sind bereits umgefallen. Die Haftung liegt bei der IKG. "Wir bitten Besucher, sich im Areal vorsichtig zu bewegen und die Grabsteine nicht zu berühren", sagt Hoffmann.
Zur Sache
2010 verpflichtete sich Österreich zur Instandhaltung der 60 jüdischen Friedhöfe auf dem Bundesgebiet. Sieben davon befinden sich im Bezirk Gänserndorf. Insgesamt 20 Millionen Euro fließen in einem Zeitraum von 20 Jahren in einen Fonds, die Hälfte davon ist schon angekommen und investiert worden. Für die Zuerkennung der Förderungen ist das Bundesdenkmalamt zuständig. Um die Erhaltung kümmern sich zumeist Private.
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