Odyssee am Christtag
Eine betagte Zistersdorferin wurde zur Kur gebracht und postwendend wieder heimgeschickt - am Christtag.
ZISTERSDORF. Inge Toch und ihre Cousine Anneliese Hinczica sind einfach nur traurig. Die beiden 70-Jährigen haben sich die Weihnachtsfeiertage wahrlich anders vorgestellt. Inge Toch lebt im Seniorenheim in Zistersdorf, nach einer Hüftoperation sitzt sie im Rollstuhl. Im Mistelbacher Spital stellte man einen Rehabilitationsantrag. "Weil die Warteliste in Bad Pirawarth zu lang war, schickten die Ärzte sie nach Baden", erzählt Hiczica, die ihre Cousine acht Jahre lang daheim gepflegt hatte, bevor sie ins Pflegeheim kam.
Am 25. Dezember, am Christtag um 13 Uhr, wurde Inge Toch mit der Zistersdorfer Rettung nach Baden gebracht - begleitet von ihrer Cousine. Dort kam die Hiobsbotschaft: "Die Ärztin erklärte uns, dass die Klinik nicht für behinderte Personen wie Inge eingestellt ist, nur auf Patienten, die sich selbst anziehen und auf die Toilette gehen können", schildert die fassungslose Cousine. Inge Toch wurde abgewiesen. Also wurde die Rettung, die sich gerade am Rückweg befand, retourgeholt. Um 18.30 Uhr waren die beiden Damen wieder zurück im Pflegeheim Zistersdorf.
Anneliese Hinczica ist verärgert: "Warum wurde der Kurantrag nicht genau ausgefüllt? Behandelt man so behinderte Menschen?" Inge Toch wurde mit einer Behinderung geboren und ist Analphabetin. Trotzdem hat sie regelmäßig gearbeitet, ihre Pension selbst einbezahlt und sogar ihre Mutter lange Zeit gepflegt.
Heimdirektor Ludwig Scheng versteht den Unmut der beiden Damen: "Dass man eine hilfsbedürftige Patientin einfach wieder heimschickt - und noch dazu zu Weihnachten - zeugt nicht von Fingerspitzengefühl. Leider geht die Bürokratie oft zu Lasten der Menschlichkeit."
Ulrike Potmesil
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