Nach EuGH Urteil
Zukunft der Zuckerfabrik ungewiss
Nach dem EuGH Urteil vom Jänner, das die Notfallzulassungen von Neonicotinoiden für rechtswidrig erklärte, könnte die Schließung der Zuckerfabrik in Leopoldsdorf zur Debatte stehen.
LEOPOLDSDORF. Schon im Dezember 2021 berichteten die Bezirksblätter über das Ringen um jeden Hektar Zuckerrübenanbau, um in beiden Fabriken – Tulln und Leopoldsdorf – wirtschaftlich arbeiten zu können. Im August 2020 hatte der Agrana-Vorstand mitgeteilt, dass die Zukunft des Standortes von der Menge der angebauten Fläche abhinge. Die Schließung der Fabrik in Leopoldsdorf steht immer wieder zur Debatte, nicht zuletzt, weil der Rübenrüsselkäfer in vielen Fällen für große Ernteausfälle verantwortlich war. Durch das Verbot der Notzulassung für bestimmte Pestizide, mit denen das Saatgut der Zuckerrübe gebeizt wird, könnte die Menge von 38.000 Hektar, die für den Betrieb beider Fabriken notwendig ist, nicht erreicht werden. Bei einer Pressekonferenz zur Forderung der Absicherung des heimischen Zuckeranbaus erklärte der Leopoldsdorfer Bürgermeister Clemens Nagel, dass es schon von Seiten der Landwirte Überlegungen gebe, von den bestehenden Verträgen zurückzutreten.
„Wenn von den 38.000 Hektar, die es für den Betrieb für beide Fabriken braucht, aufgrund von Rücktritten nur mehr 30.000 Hektar überbleiben sollten und dann auch noch der Rüsselkäfer zuschlägt, ist das Ende der Leopoldsdorfer Fabrik absehbar.“
Abgeordnete für Forschung in der biologischen Schädlingsbekämpfung
Sowohl der EU-SPÖ-Abgeordnete Günther Sidl als auch die SPÖ Nationalratsabgeordnete Katharina Kucharowits wünschen sich eine längerfristige Versorgungssicherheit und das auf Basis von Forschung und Entwicklung im Bereich biologischer Pestizidbekämpfung.
„Wir haben das Problem genau jetzt, weil es verschlafen wurde, Lösungen zu finden. Es muss massiv in die Forschung investiert werden, wir brauchen Forschungsgelder im großen Stil“,
fordert Sidl.
Sorge um Arbeitsplatzverluste
„Die Schließung der Fabrik wäre für die Gemeinde ein extremer Schlag“, meint der designierte SPÖ-Landtagsabgeordnete Rene Zonschits. Nicht nur, dass bei Schließung der Fabrik eine 72 Hektar große Industrieruine bestehen würde, gehe es auch um über 300 Arbeitsplätze und Einnahmen für die Gemeinde. Da brauche es Anstrengungen auf allen politischen Ebenen, um die heimische Landwirtschaft zukunftsfit zu machen. Auch FSG-Betriebsrat der Zuckerfabrik Leopoldsdorf Dietmar Hubek ist besorgt:
„Es geht nicht nur um unsere Eigenversorgung, es geht um Existenzen. Wir haben 150 fixe Mitarbeiter, etwa 80 bis 90 Kampagnenkräfte, dazu kommen Frächter und Fremdfirmen in der Fabrik plus Gastronomie. Das sind alles Menschen, deren Lebensunterhalt bedroht wird.“
Langfristige Lösungen noch offen
Eine gemeinsame EU-Forschungsstrategie zu nachhaltigen Alternativen wäre der Wunsch. Laut Sidl passiert hier viel zu wenig, auch die Bundesregierung sei hier gefordert. Für Bürgermeister Nagel sei eine weitere Notzulassung die einzig mögliche kurzfristige Lösung, um Ernteausfällen entgegenzutreten. Die Bewilligung dieses Antrags wäre nach dem EuGH Urteil allerdings rechtswidrig. Von Seiten der Agrana gab es laut Nagel und Hubek noch keine konkreten Aussagen zum Fortbestand des Standorts Leopoldsdorf. Auf der Homepage der Agrana wurde ein Informationsschreiben veröffentlich, dass der Aufwand, die Rübenkulturen zu schützen, erhöht werde. Es werden von Seiten der Agrana regionale Anbauversammlungen geplant, um über Alternativen zu den Neonicotinoiden zu berichten. Der Kontrahierungsstand liege momentan bei 37.000 Hektar und man sei zuversichtlich, dass der Rübenanbau dennoch erfolgreich werde.
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