Neue Marktordnung regt die Standler auf

- Karl Kuczera hält seinen Marktstand am Naschmarkt seit 30 Jahren jeden Mittwoch geschlossen. Das soll sich künftig ändern.
- hochgeladen von Mathias Kautzky
Wiens Standler protestieren gegen die neue Marktordnung und schließen sich zu einem Verein zusammen.
Grund der Aufregung ist der Entwurf für die neue Marktordnung, der von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) und dem grünen Marktsprecher Rüdiger Maresch präsentiert worden ist -
So sollen etwa verpflichtende Kernöffnungszeiten, eine neue Vergabe-Regelung samt Befristungen, eine neue Aufteilung zwischen Gastronomie und Lebensmittelhandel und auch höhere Kosten damit auf Wiens Standler zukommen:
Rund zehn Prozent beträgt die Steigerung der monatlichen Quadratmeterkosten etwa für die Gastro-Standler. Neu sind auf Wiens Märkten auch ein Rauchverbot in den Innenräumen der Marktstandeln und das Verbot von Käfigeiern und Tierpelzen
Investitionen sind in Gefahr
Viele Standeln sind sogenannte Superädifikate, also privates Eigentum auf Gemeindegrund. Die Stände sollen in Zukunft nach maximal 15 Jahren an die Stadt abgegeben werden - trotz oft hoher Investitionskosten. Naschmarkt-Delikatessenhändler Christian Pöhl sorgt sich um die Zukunft der Wiener Märkte: "Künftig sollen Verträge maximal auf 15 Jahre befristet werden und die Standeln dann an die Stadt zurückgegeben werden müssen. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Wiener Standler, die viel Geld in ihre Geschäfte investiert haben."
Hintergrund ist, dass die Unternehmer bisher ihre Standeln selber weitergaben - und dafür oft horrende Ablösen gezahlt worden sind. Das soll durch die neue Regelung jetzt verhindert werden.
Die Standler auf Wiens Märkten stört einiges an der neuen Marktordnung:
2. Bezirk: Karmelitermarkt
"Im Leben hätte ich mir kein Marktstandel angeschafft, wenn ich vorher gewusst hätte, dass meine Investitionen einfach weg sein sollen", ärgert sich Brigitte Horngacher, die am Karmelitermarkt ihr Geschäft "Blumen Brigitte" betreibt.
3. Bezirk: Rochusmarkt
"Die geplanten Befristungen unserer Verträge kommen Enteignungen gleich. Keiner wird mehr etwas in sein Standel investieren, wenn er es nach zehn oder 15 Jahren wieder an die Stadt zurückgeben muss", erklärt Marina Poppenberger, die am Rochusmarkt das "Käseland" betreibt.
Jurij Abramov, der am Rochusmarkt eine Vinothek und einen Lebensmittelhandel betreibt, erklärt, dass es "einige schwarze Schafe gibt, die vier oder fünf Stände betreiben und immer wieder einen Stand mit hohem Gewinn verkaufen. Das hat mit Wiener Markt-Tradition nichts mehr zu tun, sondern ist Immobilien-Schacherei. Dagegen sollte die Stadt vorgehen, nicht alle über einen Kamm scheren und diejenigen kollektiv bestrafen, die sich anständig verhalten."
6. Bezirk: Naschmarkt
"Seit 30 Jahren ist mein Geschäft jeden Mittwoch geschlossen. Das will man mir jetzt verbieten", sagt Karl Kuczera, Obst- und Gemüsehändler am Naschmarkt.
"Auch die Weitergabe an die eigenen Kinder wird durch die neue Marktordnung verhindert", erklärt Kuczera. "Ein Kollege ist krank, gottseidank kann seine Frau den Stand übernehmen. Seine Kinder dürften das in Zukunft aber nicht mehr, wenn es nach der neuen Marktordnung geht", ergänzt er.
12. Bezirk: Meidlinger Markt
"Mein Geschäft ist fünf Tage in der Woche offen, aber jeden Montag geschlossen – das ist bei uns am Markt seit Langem so üblich. Das will man uns jetzt aber verbieten", erklärt Anna Putz, die am Meidlinger Markt Fleisch- und Käsespezialitäten verkauft.
Sie merkt an, dass "die Wiener Markttradition ganz besonders von den Marktparteien ohne fixen Stand lebt, etwa auf Bauernmärkten. Diese sollte man fördern, das vermisse ich aber in der neuen Marktordnung."
15. Bezirk: Schwendermarkt
"Wir halten unser Geschäft schon seit Langem jeden Montag geschlossen und stimmen uns dabei mit unseren Nachbarständen ab. Das will man uns jetzt verbieten", erklärt Nina Strasser, die gemeinsam mit ihrem Bruder Benedikt und ihrem Freund Stefan Rom das "Landkind" am Schwendermarkt betreibt.
18. Bezirk: Gersthofer Markt
"Viele Standler werden um ihre Investitionen umfallen, wenn die Geschäfte nach 15 Jahren an die Stadt zurückgegeben werden müssen", erklärt Josef Bauer, der am Gersthofer Markt eine Fleischerei betreibt.
"Jeder, der ein Superädifikat hat, wird nichts mehr in seinen Stand investieren, wenn schon nach 15 Jahren automatisch Schluss ist", sagt Fleischermeister Josef Bauer.
20. Bezirk: Hannovermarkt
"In allen umliegenden Gasthäusern darf geraucht werden, deshalb haben wir einen Wettbewerbsnachteil, wenn ab 1. Oktober in allen Gastronomiebetrieben auf den Wiener Märkten das Rauchverbot gilt", erklärt Sandra Nemec, die am Hannovermarkt das "Markterl" betreibt.
Noch ein Punkt der neuen Marktordnung regt Nemec auf: "Zu Jahresbeginn hat sich die indexierte Miete am Markt schon um fünf Prozent erhöht. Weil die Marktordnung eine weitere Mieterhöhung für alle Gastrobetriebe am Markt um zehn Prozent plant, werde ich die 15 Prozent an die Kunden weitergeben müssen."
Zentrale Standel-Vergabe soll kommen
Künftig sollen die Standeln zentral von der Stadt vergeben werden. "Da wird es erst recht wieder zu Ungerechtigkeiten kommen, sowohl bei der Rückgabe, als auch bei der Neuvergabe", meint Christian Pöhl.
Anfang September endet die Begutachtungsfrist der neuen Marktordnung. Um in den Verhandlungen mit dem Rathaus stärker auftreten zu können, schließen sich Standler aller Wiener Märkte nun zu einem Verein zusammen. Rechtsanwalt Gabriel Lansky soll den Unternehmern dem Vernehmen nach dabei zur Seite stehen. "Auf allen Wiener Märkten gibt es rund 450 Standler, einige sind schon bei unserem Verein dabei. Wer beitreten möchte, kann mir unter markt@poehl.at eine E-Mail schreiben", erklärt Christian Pöhl.


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