Einspruch kam 108 Jahre zu spät
Otto Axenkopf klagt ÖBB wegen Lärmbelästigung und verschwundenem Zufahrtsweg.
RETZ (ae). Otto Axenkopf hat Haus und Grundstück in der Nähe des Retzer Bahnhofes. Und er liegt derzeit mit den ÖBB im Clinch, weil ihn zwei „Aktivitäten“ der Bundesbahnen auf die Palme brachten. Zum einen wurden 2011 die Geleise gegen moderne Hochleistungsschienen getauscht, wodurch der Lärmpegel, wie Otto Axenkopf sagt, beträchtlich gestiegen ist.
„Es ist schon im Haus unzumutbar, weil der Lärm durch die neuen Schienen so zugenommen hat, aber in den Garten brauche ich gar nicht mehr zu gehen. Mein Rasenmäher hat 98 Db, aber wenn ein Zug vorbeifährt, höre ich ihn nicht mehr.“ Weil die Bahn seinen Wunsch nach einem Lärmschutz abgelehnt hat, hat Otto Axenkopf Klage eingereicht. Es gab dazu schon einen ersten Verhandlungstermin beim Landesgericht Korneuburg, ein Ergebnis steht noch aus. Es gab aber noch Grund für eine zweite Klage Axenkopfs gegen die ÖBB. Jahrelang konnte er entlang des Gleises einen Weg benutzen, der zu einem Grundstück in seinem Besitz führt. Dieser Weg wurde von den ÖBB-Mitarbeitern im Zuge einer Böschungsabflachung kurzerhand so weit weggegraben, dass Axenkopf ihn gerade noch zu Fuß begehen kann, an ein Durchfahren mit dem Traktor oder dem Auto ist aber nicht mehr zu denken.
Plan aus der Kaiserzeit
Bei der ersten Tagsatzung vor Gericht zu diesem Punkt gab es einen Knalleffekt: Die Anwälte der ÖBB legten einen Plan aus dem Jahr 1907 vor, auf dem eine zweigleisige Strecke zu sehen ist, die es zwar bis heute nicht gibt, womit aber bewiesen werden soll, dass der abgegrabene Grundstreifen zu der damals geplanten Trasse gehört. Auch darüber hat das Gericht noch nicht entschieden. Axenkopf hat aber inzwischen Erkundigungen eingeholt, und er hat erfahren, dass so ein Plan gilt, solange es ihn gibt und dass man dagegen nur 6 Wochen lang Einspruch erheben kann, dann nicht mehr. Diese Frist hat Axenkopf aus naheliegenden Gründen um rund 107 Jahre versäumt und er ist verunsichert. „Das könnte ja bedeuten, dass irgendwann ein Plan aus dem vorigen Jahrhundert auftaucht, nach dem der Bahnhof um 200 Meter versetzt werden sollte. Wird dann mein Haus abgerissen, weil ich die Einspruchsfrist versäumt habe?“ Es ist interessant, zu welchem Schluss das Gericht in Korneuburg in diesem Verfahren kommen wird. Die Bezirksblätter werden jedenfalls darüber berichten, sobald es etwas Neues gibt.
Zur Sache
Beim Lokalaugenschein der Bezirksblätter fuhr der erste Zug mit höherem Tempo und unter arger Lärmentwicklung vorbei. Die innerhalb der nächsten Stunde folgenden Züge „schlichen“ aber förmlich am Berichterstatter vorbei und machten daher nur wenig Lärm. Ob da wohl eine Warnung vor dem Journalisten die Runde gemacht hat?
HIER geht's zurück zur Jahresrückblicks-Übersichtsseite!
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.