Angeklagter ist auch Opfer
Hollabrunn: Überraschende Wende im Gerichtssaal
Wegen Internetbetrugs musste sich ein 23-Jähriger am Bezirksgericht Hollabrunn verantworten. Durch das Nachfragen vom Richter rückte er dann mit der Wahrheit heraus - er selbst wird erpresst und braucht Geld.
HOLLABRUNN. Bereits viermal stand der junge Mann bereits wegen Fälschung vor Gericht und kassierte dafür drei Vorstrafen. Erneut wurde er wegen Internetbetrugs angezeigt. Er bot auf einem Verkaufsportal ein Handy an, der Käufer überwies 250 Euro und bekam aber nicht das erworbene Handy sondern ein altes Diskettenlaufwerk. Der Angeklagte tischte Richter Erhard Neubauer einige Lügengeschichten auf und sah sich nicht schuldig. "Bei mir brauchen Sie nicht so einen Schwachsinn verzapfen. Raus mit der Sprache, ein Geständnis ist ein Milderungsgrund", hackte der Richter immer wieder nach.
Geldnot trieb Angeklagten in Betrug
Dann sprudelte es doch aus dem Angeklagten heraus: "Ich brauchte dringend Geld." Doch wofür verriet er vorerst nicht. Der Richter fragte erneut nach den monatlichen Kosten und konnte sich nicht erklären, dass ein Arbeitnehmer mit rund 2.000 Euro Gehalt Geldnöte habe.
Schließlich bewahrheitete sich die Vermutung von Neubauer, dass etwas verheimlicht wird. "Ich werde aufgrund meiner Sexualität erpresst. Seit 2019 rennt das schon, dass ich regelmäßig auf ein Bitcoin-Konto einzahlen muss", gab der Angeklagte unter Tränen zu. Sofort bot Neubauer seine Hilfe an und rief noch aus dem Gerichtssaal die Polizei an und kündigte den Besuch des Erpressungsopfers mit seiner Bewährungshelferin an: "Wir holen Sie da raus. Gehen Sie zur Polizei und melden Sie das."
Haft vorerst abgewehrt
Aufgrund der Ehrlichkeit sah der Richter von einer Haftstrafe ab und verhängte eine Geldstrafe über 3.300 Euro, die er in Raten abzahlen wird und gab zu bedenken: "Alle Geldstrafen bleiben bedingt, aber trotzdem schwebt das Damokles-Schwert über Ihnen und 14 Monate drohen beim nächsten Vergehen."
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