Sonderschulen sind unerwünscht
„Special Olympics“ würde niemand abschaffen, aber „Special Schools“ werden in Frage gestellt.
(jm). Die EU fordert in einer Richtlinie aus 2008 die Abschaffung von Sonderschulen. Österreich hat aber bisher diese Richtlinie nicht umgesetzt und ist dafür schon gemahnt worden. Behinderte sollen vom allgemeinen Bildungssystem nicht ausgeschlossen werden. Die Bezirksblätter sprachen mit Brigitte Geyer, Direktorin der Allgemeinen Sonderschule am Koliskoplatz, dem Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik Hollabrunn (ZIS).
ASO diskriminierend?
Manche Politiker und selbsternannte „Bildungsexperten“ finden Sonderschulen diskriminierend und fordern, Kinder mit Behinderung in normalen 25er Klassen zu unterrichten. Brigitte Geyer dazu: „Kinder mit Defiziten im sozialen oder emotionalen Bereich brauchen kleine, überschaubare Gruppen. Bei uns sind das 10er-Klassen mit zwei LehrerInnen.
Es wird nach verschiedenen Lehrplänen unterrichtet und jedes Kind bekommt seine eigene Schularbeit.“ Vom Schulgesetz her sind zusätzliche Lehrkräfte für behinderte Schüler in VS- oder NMS-Klassen vorgesehen. Nur die Realität sieht anders aus: „Wenn in einer Klasse vier SchülerInnen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, kann eine zweite Lehrkraft nach Verfügbarkeit der Ressourcen eingesetzt werden. Verpflichtend ist das erst ab fünf IntegrationsschülerInnen“, so Geyer. Wie ein behindertes Kind, um das sich die eine Lehrkraft in einer großen Klasse nicht wirklich kümmern kann, darunter leidet, davon wissen erfahrene PädagogInnen ein Lied zu singen.
Special Schools abschaffen?
„Auf die ‚Special Olympics‘ sind wir zu Recht stolz, niemand würde ihre Abschaffung fordern. Aber ‚Special Schools‘ will man abschaffen.“ Für Geyer völlig unerklärlich, denn „nur die sonderpädagogischen Einrichtungen können auf Kinder mit unterschiedlichen Begabungen oder Defiziten eingehen.“
Eine weitere Diskrepanz ortet Geyer bei der geplanten Einstellung der Sonderschullehrerausbildung: „Während in der Medizin die Ausbildung von Spezialisten forciert wird, geht man in der Pädagogik in die verkehrte Richtung: Ab 2016 soll es keine sonderpädagogische Ausbildung mehr geben.“ Für Österreichs obersten Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger ist das Ende der Sonderschule derzeit unmöglich. Er bekenne sich zur Inklusion, der Integration von behinderten Menschen in die Gesellschaft. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob für jedes behinderte Kind Platz in der Regelschule ist.“
Zur Sache:
• Brigitte Geyer leitet das ZIS (vormals SPZ, Sonderpädagogisches Zentrum) seit 2002, hat die Ausbildung für VS- , HS- und Sonderschullehrerin und bringt 35 Jahre Berufserfahrung in der Sonderpädagogik mit.
• Der Direktorin unterstehen alle Integrationsklassen des gesamten Schulbezirkes Hollabrunn.
• Elf LehrerInnen unterrichten am ZIS 49 SchülerInnen, die in sieben Klassen untergebracht sind.
• Die VS Haugsdorf hat angeschlossene Sonderschulklassen. In Sitzendorf gibt es eine Allgemeine Sonderschule.
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