Pummerin: Wenn „Österreichs Stimme“ ertönt
Dombaumeister Wolfgang Zehetner ist für alle baulichen Fragen im Stephansdom zuständig. Dazu gehört auch die Pummerin, Österreichs größte Glocke und geschichtsträchtiges Symbol.
Sie ist aus Wien ebenso wenig wegzudenken wie das Riesenrad oder das Schloss Schönbrunn: die Pummerin. Als Symbol des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg hat die größte Glocke Österreichs eine bewegte Geschichte hinter sich. 1945 zerstörte ein Brand im Stephansdom die Vorgängerglocke der heutigen Pummerin, die 1711 im Auftrag von Kaiser Joseph I. (1678-1711) aus von der Zweiten Türkenbelagerung (1683) stammenden Kanonen gegossen wurde. Diese, nach ihrem Stifter benannte „Josephinische Glocke“ hing im Südturm. Wegen Bruchgefahr konnte sie im 19. Jahrhundert nicht mehr frei schwingen, sondern musste mit dem Klöppel geschlagen werden.
Aus den Resten der „alten Pummerin“, aber auch von anderen Glocken, die durch das Feuer in die Tiefe gestürzt waren, wurde 1951 in einem oberösterreichischen Betrieb eine neue Glocke gegossen. Diese „neue Pummerin“ wurde im April 1952, begleitet von jubelnden Menschenmassen, auf einem Tieflader nach Wien gebracht und am Stephansplatz von Kardinal Theodor Innitzer geweiht. Bis zur vollständigen Restaurierung des durch den Brand beschädigten Nordturms war die Pummerin in einem provisorischen Glockenstuhl untergebracht. 1957 konnte die mehr als zwanzig Tonnen schwere Glocke im Nordturm aufgehängt werden. Rund zehn Mal im Jahr, an kirchlichen Feiertagen, zum Jahreswechsel und zu besonderen Ereignissen, ertönt die Pummerin, die vielen als „Stimme Österreichs“ gilt, mit ihrem charakteristischen Klang.
Dombaumeister Wolfgang Zehetner ist darauf bestens eingestimmt. „Der Glockenklang ist eine Summe von Frequenzen, wobei einer dominiert. Bei der Pummerin ist es das C“, erklärt der Architekt. Mit Ohrenstöpseln ausgestattet, hat er in einer Silvesternacht deren Läuten auf dem Plateau des Nordturms hautnah erlebt. „Es war eine einzigartige Erfahrung, direkt vor der Pummerin zu stehen. Mein gesamter Brustkorb hat vibriert“, erinnert sich Zehetner, der seit 21 Jahren die Restaurierungsarbeiten am und im Stephansdom leitet. 2011 waren auch Veränderungen an der Pummerin notwendig. Eine technische Untersuchung, die 2007 durchgeführt worden war, hatte gezeigt, dass der Klöppel die Glocke zu stark belastet.
„Die Energie des Anschlages war höher als notwendig. Alles, was über den maximalen Anschlag hinausgeht, stresst das Material und macht mikroskopische Risse in den Guss“, sagt der Dombaumeister. Um die Lebensdauer der Pummerin zu erhöhen, wurde der alte, 886 Kilogramm schwere Schlegel vor drei Jahren durch einen leichteren Klöppel ersetzt, der nur 613 Kilogramm auf die Waage bringt. Zehetner: „Mit dem alten Klöppel hätte man die Pummerin nur noch rund 2.000 Stunden läuten können. Durch den neuen, aus Spezialstahl gefertigten Klöppel hält die Glocke zirka zehn Mal länger aus.“ Neuerungen gibt es laut Zehetner auch bei der Beleuchtung des Stephansdoms. Derzeit werde von der Stadt Wien die Beleuchtungsstärke der Lampen, die den 137 Meter hohen Hauptturm anstrahlen, verbessert. Wer zu Silvester in der Innenstadt feiert, kann den Jahreswechsel samt traditionellem Läuten der Pummerin also vor einer perfekt beleuchteten Kulisse genießen.
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