"Überleg einfach, wie es dir ginge"
Seit zehn Monaten gibt Renate Biedermann gemeinsam mit anderen freiwilligen Helfern Asylwerbern in der Volksschule Glanegg Deutschunterricht.
PRÄGRAD (fri). "Begonnen hat alles mit einem Fahrrad", erinnert sich Renate Biedermann zehn Monate zurück. "Damals habe ich einen Aufruf gelesen, in dem Fahrräder für die Asylwerber, die in Haidach untergebracht sind, gesucht wurden. Mein Mann und ich haben ein Rad gespendet." Das war der sozial engagierten Frau aber nicht genug. Sie wollte mehr tun, ihren Beitrag leisten, und so kam sie zum Deutschunterricht.
Lernmaterial erstellt
„Der Anfang war sehr schwer. Es gab keine Hilfsmaterialien und kaum Unterstützung von außen. Aber ich wollte und konnte trotzdem nicht mehr aufgeben. So habe ich begonnen, selbst geeignete Unterrichtsmaterialien zu sammeln und entsprechende Arbeitsblätter für den Deutschkurs zu erstellen", schildert Biedermann. Mit diesen Materialien kann sie nun einen gut strukturierten Unterricht gestalten.
Ernst muss dabei sein
Waren es anfangs nur wenige Flüchtlinge, die zum Unterricht kamen, so sind es heute über zehn Asylwerber, die jeden Donnerstag zwei bis drei Stunden die Schulbank drücken. "Die Burschen sind zwischen 25 und 35 Jahre alt, kommen aus verschiedenen Kriegsländern und sind teilweise schwer traumatisiert. Ebenso unterschiedlich ist auch ihr Bildungsstatus. Man muss also eine Basis schaffen, auf der man miteinander arbeiten kann."
Empathie und Hausverstand
Für Biedermann, die selbst keine pädagogische Ausbildung hat, trat gerade dieses Element im Laufe der Zeit immer mehr in den Hintergrund. "Mit Hausverstand und Empathie ist man gut beraten. Wenn Menschen unreflektiert Aussagen tätigen, frage ich immer: Wie würde es dir in dieser Situation gehen? Meist ist nachdenkliches Schweigen die Antwort." Ihr selbst würde unendlich viel Dankbarkeit erwidert werden und noch nie hätte es unangenehme Situationen gegeben.
"Dankbar für das Leben
"Bestimmt", so meint die sozial engagierte Helferin, "schwingt in meinem Handeln auch Dankbarkeit und Freude darüber mit, dass ich einer Generation angehöre, die bislang noch keinen Krieg erleben musste und in einem sicheren Land leben darf. Zudem habe ich mit Skepsis und Besorgnis die Unfähigkeit und das Unvermögen Europas in der Asylpolitik mitverfolgt. Die Überforderung der Entscheidungs- und Verantwortungsträger in Bezug auf die nicht enden wollenden Flüchtlingsströme ließen mich erkennen, dass spontane Privatinitiative und ehrenamtliches Engagement notwendig waren und immer noch sind. Deutschunterricht ist für mich eine sinnstiftende, erfüllende und freudvolle Tätigkeit. Ich erfahre unglaublich viel Dankbarkeit und Wertschätzung vonseiten der Asylwerber – und das auf Deutsch. Das ist Motivation weiterzumachen."
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