Notfall Bezirk Gänserndorf
BEZIRK."Die Notfallversorgung gehört reformiert." Berndt Schreiner, Anästhesist und Intensivmediziner ist ärztlicher Leiter des Notarztstützpunktes Groß-Enzersdorf. Geht es nach ihm, würde sich einiges gravierend ändern. In der Ausbildung, im System, an den Standorten.
Schreiner wünscht sich ein professionelles Ausbildungssystem: "Man kann Freiwillige und Zivildiener nicht allein in der Verantwortung lassen." In Österreich sind für den Rettungssanitäter 100 Stunden Theorie und 160 Stunden Praxisunterricht vorgesehen, für den Notfallsanitäter weitere 480 Stunden Ausbildung. Zusätzliche Ausbildungen sind auf freiwilliger Basis.
In Deutschland wurde das Rettungssystem professionalisiert. "Notfallsanitäter müssen eine dreijährige Berufsausbildung mit staatlicher Prüfung absolvieren und haben mehr Kompetenzen als das österreichische Pendant", erklärt Frank Meurer, deutscher Notfallsanitäter. Erst nach einer 520-Stunden Ausbildung darf der Sanitäter - mit einem höherqualifizierten Kollegen - im Rettungswagen mitfahren. Die Sanitäter werden in Deutschland über die Krankenkasse finanziert.
Freiwillige und Profis
Gerhard Schuster ist als Notfallsanitäter am Hubschrauberstützpunkt in Wien tätig und mit dem Christophorus 9 im Einsatz. Er hat die höchste Ausbildungsstufe, die in Österreich möglich ist, gibt aber zu bedenken: "Den Patienten muss klar sein, dass der normale Rettungswagen nicht mit Notfallsanitätern besetzt ist." In den kleinen Ortsstellen sind das oft Freiwillige, denen es selbst überlassen bleibt, ob und inwieweit sie sich weiterbilden.
Binnen drei Minuten nach dem Alarm in der Notrufzentrale ist der Hubschrauber in der Luft und in durchschnittlich einer Viertelstunde an jedem Einsatzort im Weinviertel. Damit ist die Region gut versorgt, bei den Bodeneinsatztruppen besteht aber Verbesserungspotenzial.
Berndt Schreiner kritisiert die Standorte der Notarztwägen und -fahrzeuge: "Groß-Enzersdorf ist nicht ideal, wir stehen sozusagen mit dem Rücken zur Wand und fahren hauptsächlich Richtung Norden und Osten." Um den Bezirk flächenmäßig optimal zu versorgen, wären Standorte in Leopoldsdorf, Groß-Schweinbarth und Hohenau ideal. "Wir brauchen eine Bedarfsplanung für die Region", fordert Schreiner. Optimierungsbedarf besteht auch bei den Rettungsdienststellen. Viele kleine Ortsstellen, die von Freiwilligen abhängig sind, können keine Rund-um-die-Uhr-Versorgung gewährleisten.
Ohnehin besteht in der medizinischen Versorgung ein Stadt-Land-Gefälle, daher stellt Schreiner klar: "In die Peripherie gehören die besten Leute."
Der Notfallplan - 144
Bei einem Notfall wird die Nummer 144 gewählt, man gelangt zur Leitstelle. Anhand der Beschreibung wird dort entschieden, ob die Rettung, ein Arzt, Notarzt oder der Hubschrauber losgeschickt wird. In der Leitstelle kann am Plan auf einem Blick das freie Rettungsauto, das sich am nächsten zum Einsatzort befindet, geortet werden. Das wird hingeschickt.
Die Entscheidung, welches Spital angefahren wird, hängt ebenfalls von der medizinischen Versorgung ab. Wiener Spitäler müssen auch niederösterreichische Patienten aufnehmen - sofern sie Platz haben. Der Fall jenes Korneuburgers, der kein Bett zur Verfügung bekam und der einen Herztod erlitt, soll nun zu einer Änderung des Ablaufs führen. Für den jungen Mann war kein Bett in der kardiologischen Abteilung im AKH frei, der Notarzt musste St. Pölten anfahren. In Zukunft will man - bevor ein derart langer Anfahrtsweg in Kauf genommen werden muss - rasch abklären, ob in einem anderen nahen Wiener Spital ein Bett frei ist.
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